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Einrichtung für Sehbehinderte ehrt blinden Bremer Autor / Enkelin des Namensgebers nimmt an Festakt teil Förderzentrum wird Georg-Droste-Schule

Das Förderzentrum für Blinde und Sehbehinderte An der Gete ändert seinen Namen in Georg-Droste-Schule. Damit ehrt die Einrichtung einen Bremer Autor, der trotz des Verlustes seiner Sehkraft eigenständig gelebt und viel erreicht hat.VON ANDREAS BECKER
12.07.2012, 05:00 Uhr
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Förderzentrum wird Georg-Droste-Schule
Von Andreas D. Becker

Das Förderzentrum für Blinde und Sehbehinderte An der Gete ändert seinen Namen in Georg-Droste-Schule. Damit ehrt die Einrichtung einen Bremer Autor, der trotz des Verlustes seiner Sehkraft eigenständig gelebt und viel erreicht hat.VON ANDREAS BECKER

Schwachhausen. Ein neues Schild an der Tür gibt es noch nicht, aber die Namensänderung ist bereits entschieden: Aus dem Förderzentrum für Blinde und Sehbehinderte, An der Gete 103, wird die Georg-Droste-Schule. Damit ehrt die Einrichtung einen Bremer Autor, der trotz seiner Erblindung vieles erreicht hat, wie Schulleiterin Birgit Wiechmann-Doil die Wahl des Namenspatrons begründet. Der offizielle Festakt ist für kommenden Donnerstag, 19. Juli, geplant.

Ausschlaggebend sei die Idee der Bildungsbehörde gewesen, Schulen nach bekannten Bremer Persönlichkeiten zu benennen. "Wir haben dann einen Schülerwettbewerb gestartet", sagt die Schulleiterin. Die Ergebnisse wie "Blickpunkt" oder "Augenblick" seien jedoch zu sehr auf das Thema Sehen ausgerichtet gewesen. Bei weiteren Recherchen sei man dann auf Georg Droste gestoßen. Eine Enkelin des Autors lebt noch in der Hansestadt. "Wir haben sie kontaktiert, und sie war von der Idee sehr angetan, dass ihrem Großvater auf diese Art ein Denkmal gesetzt wird", erklärt Birgit Wiechmann-Doil.

Georg Droste wurde 1866 als Sohn eines Schneidermeisters in Bremen geboren. Der begabte Junge las gerne und viel. Der niederdeutsche Dichter Fritz Reuter wurde sein großes Vorbild. Doch dann traf ihn ein schwerer Schicksalsschlag. Im 20. Lebensjahr erblindete Droste innerhalb von 14 Tagen völlig. All seine Zukunftspläne waren gescheitert, er stand vor einem beruflichen Nichts. Zunächst versuchte er es mit einem Bauchladen und verkaufte als Hausierer Seife und Zigarren. Später besuchte Droste eine Blindenschule in Hannover und erlernte das Korbflechten und Musizieren.

Geschichten aus der Kindheit

Während er Körbe flocht, erzählte Droste seinen Kindern immer wieder Geschichten aus seiner eigenen Kindheit und von seinem Kinderparadies hinter dem Bremer Weserdeich. Seine 15-jährige Tochter schlug ihm später vor, ihr seine Geschichten zu diktieren, sie drucken zu lassen, um damit etwas Geld für die Familie zu verdienen. 1908 erschien auf eigene Kosten sein erstes Bändchen "Achtern Diek". Der spontane Erfolg ermutigte Georg Droste, sein Korbgeschäft aufzugeben und sich fortan als Schriftsteller zu betätigen. Bis zu seinem Tod 1935 erschienen weitere 15 Bücher. Seine Hauptfigur "Ottjen Alldag" in drei Romanen, der Jan vom Moor und die Geschichten und Döntjes aus dem Bremen des 19. Jahrhunderts machten ihn bald zu einer unverwechselbaren Figur im Bremer Kulturleben.

"Droste passt zu unserer Schule, weil wir wollen, dass unsere Schüler so eigenständig wie möglich leben", sagt Birgit Wiechmann-Doil. Das Förderzentrum besteht seit 1973, es wurde 2006 wegen einer PCB-Schadstoffbelastung saniert. Im Schnitt besuchen 50 bis 70 Schüler in den Klassen 1 bis 10 die Georg-Droste-Schule. Dazu kommen zurzeit 79 Inklusionsschüler. Das Einzugsgebiet der Einrichtung umfasst nicht nur Bremen und Bremerhaven, auch aus Niedersachsen kommen etliche Kinder und Jugendliche zum Unterricht. "Der weiteste Schüler kam von der niederländischen Grenze", berichtet die Leiterin.

Der Unterricht entspricht soweit wie möglich dem Regelstandard. Sehbehinderte und hochgradig sehbehinderte Kinder werden durch Bildschirmlesegeräte unterstützt. Blinde Kinder nutzen Brailleschrift. Zusätzlich zu den gewohnten Fächern werden die Kinder in "Lebenspraktischen Fähigkeiten" sowie "Orientierung und Mobilität" unterrichtet. Einen großen Anteil hat der Sport. Mittlerweile hat sich eine Blindenfußball-AG gegründet, mit der die Schulleitung noch viel vor hat. "Es wäre schön, wenn wir es in die Bundesliga schaffen würden", sagt Birgit Wiechmann-Doil.

Der Festakt anlässlich der Namensänderung beginnt am Donnerstag, 19. Juli, um 9.30 Uhr. An der Zeremonie wird auch die Enkelin Drostes teilnehmen. Sie liest Texte des Autors vor. Außerdem führen die Schüler ein Theaterstück auf und präsentieren die Ergebnisse einer Projektwoche zum Thema Georg Droste.

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