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Ambulante Pflege Forschungsprojekt für mehr Patientensicherheit

Bei der Patientensicherheit in der ambulanten Pflege gibt es große Defizite, sagt der Bremer Pflegeforscher Stefan Görres. Er leitet ein bundesweites Projekt, das Lösungen erarbeiten soll.
06.05.2018, 19:28 Uhr
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Forschungsprojekt für mehr Patientensicherheit
Von Sabine Doll

Rund 25.000 Menschen in Bremen sind pflegebedürftig. Der Großteil von ihnen wird zu Hause betreut, oft mit Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes. „Mit der Zunahme älterer Menschen in den kommenden Jahren wird die ambulante Pflege eine noch größere Bedeutung bekommen – und vor allem auch das Thema Patientensicherheit in diesem Bereich“, sagt Stefan Görres, Professor am Institut für Public Health und Pflegeforschung an der Universität Bremen. „Während die Patientensicherheit und speziell das Erkennen sowie Vermeiden von Fehlerquellen in der stationären Pflege längst Thema ist, ist der ambulante Bereich immer noch ein großer weißer Fleck. Und zwar bundesweit.“

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Potenzielle Fehlerquellen seien etwa die Medikamententherapie, die Wundversorgung oder die Kommunikation zwischen den Beteiligten. Aus Sicht des Bremer Pflegeforschers dürfte die Fehleranfälligkeit im ambulanten Bereich vor allem deshalb hoch sein, weil die Patienten häufig mehrfach erkrankt und gleich mehrere Akteure an der Versorgung beteiligt seien: Pflegekräfte, Ärzte und Angehörige. Görres: „Menschliches Handeln kann nie fehlerfrei sein. Deshalb müssen sich die Bemühungen darauf richten, Risiken frühzeitig zu erkennen, die Ursache von Fehlern zu finden und systematisch aus Fehlern zu lernen – um eine Gesundheitsgefährdung zu vermeiden.“

Wie dies gelingen kann, untersucht der Bremer Uni-Professor mit seinem Team in einem bundesweiten Projekt. Auftraggeber ist das Berliner Zentrum für Qualität in der Pflege, das vom Verband der Privaten Krankenversicherung gegründet wurde. Wie hoch das Fehlerpotenzial in der ambulanten Pflege ist, an welchen Stellen es besonders zu sogenannten unerwünschten Ereignissen etwa durch Fehler bei der Medikamentenabgabe oder beim Bedienen medizintechnischer Geräte kommt, welche Folgen sie für die Patienten haben und wie mit diesen Fehlern umgegangen wird – darüber gebe es in Deutschland bislang keine Erkenntnisse und keine Zahlen.

„Je mehr Akteure beteiligt sind, desto größer ist das Gefährdungspotenzial"

Wohl aber im Ausland, wie der Bremer Pflegeforscher betont. „Eine kanadische Studie zeigt zum Beispiel, dass mehr als die Hälfte, genau 56 Prozent, unerwünschter Ereignisse vermeidbar gewesen wären. Eine weitere Studie aus der Schweiz hat ergeben: In 40 Prozent der registrierten Ereignisse waren Pflegedienst-Mitarbeiter Auslöser, in 45 Prozent Angehörige oder die Patienten selbst.“ Beispiele für die unerwünschten Ereignisse seien etwa: Neben- und Wechselwirkungen durch Medikamente, die nicht zusammen genommen werden dürfen, Stürze oder mangelnde Kommunikation zwischen Ärzten, Apothekern, Pflegekräften und Angehörigen, fehlendes Wissen und Kompetenzmängel. Görres: „Je mehr Akteure beteiligt sind, desto größer ist das Gefährdungspotenzial."

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Der Bremer Pflegeforscher fordert für den ambulanten Bereich den Aufbau einer Fehlerkultur. "Das hätte längst passieren müssen", kritisiert Görres. Vorbild könnte unter anderem ein anonymes Fehlermeldesystem sein, kurz: CIRS, das es für Krankenhäuser bereits gibt: Laut einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses sind alle Kliniken seit 2014 verpflichtet, ein solches Meldesystem als Bestandteil des Risiko- und Qualitätsmanagements einzurichten. Ärzte, Pfleger oder Sanitäter füllen anonymisiert ein Online-Formular über einen Vorfall aus und können bereits Lösungsvorschläge hinzufügen, um ein erneutes Auftreten dieses Ereignisses zu verhindern. Experten bewerten den Vorfall, geben ebenfalls Lösungsvorschläge ab, und der Vorfall wird in dem CIRS-Portal veröffentlicht – um anderen die Möglichkeit zu geben, aus den Fehlern zu lernen.

Erste Ergebnisse im September

Im September sollen laut Görres in Berlin erste Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme und konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Patientensicherheit im ambulanten Bereich vorgestellt werden. Später sollen sie in einer Broschüre zusammengefasst werden.

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