Die neue Fahrradtrasse zwischen Tiefer und Doventor ist Errungenschaft und Herausforderung zugleich. Was gerade überwiegt, hängt davon ab, wie weit die Baustellen-Etappen fertiggestellt oder wie gründlich sie nachgebessert sind. Dass der Radverkehr schneller durch die Stadt fließen soll, ist Programm am Wall. Wie gut es läuft auf begradigten und geschützten Spuren mit eigenen Ampeln und Abbiegespuren, wird maßgeblich vom Verhalten der Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer bestimmt: Eine durchgestylte Pedalistenpiste und ein Querfeldeinstil harmonieren nicht miteinander. Anlass zur Kritik an der Premiumroute gibt es aber in allen beteiligten Gruppen von Verkehrsteilnehmern.
Wer am Wall flaniert, muss entlang der Wallanlage streckenweise über den unbefestigten Matschpfad stapfen und gegenüber der Zentralbibliothek mächtig aufpassen, dass er auf der Fußgängerfurt nicht von abkürzenden Radlern angefahren wird. Wer mit dem Auto unterwegs ist, hat nicht nur mit den abschnittsweisen Sperrungen der Straße Am Wall zu tun, sondern auch mit eindeutigen (Einbahnstraße) und offenbar schwer verständlichen Regelungen zu kämpfen wie dem Auffahrverbot auf die Fahrradspuren.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) fordert die Umsetzung eines "Baustellenleitfadens für die Führung von Rad- und Fußverkehr". Zwischen der Bischofsnadel und der Herdentorkreuzung, wo es zunächst so aussah, als sei alles fertig, sei "ein längeres Teilstück der Route" samt dem kompletten Straßenbelag entfernt worden, staunte etwa Leser Detlef Bilke, als er kürzlich aus dem Urlaub kam. Andere beklagen, dass die filigranen Fahrbahnmarkierungen mit Ein-Personen-Abbiegespuren für Radler unübersichtlich seien oder dass Fahrradfahrer ihr eigenes Rotlicht missachteten. Leserin Ute Seekamp hatte schon im April kritisiert, dass der Geh- und Radweg am Doventor-Ende der Premiumroute für eine gemeinsame Nutzung entschieden zu schmal sei.
Mara Hartwig, Referatsleiterin für den Neubau kommunaler Infrastruktur beim Amt für Straßenbau und Verkehr (ASV), liefert Leserinnen und Lesern des WESER-KURIER Antworten auf Wall-Fragen und erläutert den Stand der Dinge.

Wen meint die Ampel? Der Radverkehr an der Tiefer ist mit einigen Schikanen versehen, seit die Auffahrt zum Altenwall ausgebaut ist.
Tiefer/Altenwall
Blick von der Tiefer auf den Altenwall: "Die Problematik der falsch einbiegenden Fahrzeuge auf die Fahrradspur soll durch eine flächige Rotmarkierung entschärft werden", dadurch werde die Radroute für den Autofahrer deutlicher erkennbar, heißt es beim ASV. "Das Teilstück wird noch im Rahmen der Gesamtmaßnahmen angepasst." Dazu gehöre es auch, die tiefen Riefen im Asphalt zu beseitigen. Auf der Deichseite werde der Knotenpunkt im Zuge des Projekts Wesersprünge, der geplanten Fußgänger- und Fahrradbrücken über die Weser, umgestaltet. Vorerst bleibt es also eng dort, an der Ampel. Die Umgestaltung der Radroute am Osterdeich soll 2024 beginnen.

Nach dem Wall, zwischen Bischofsnadel und dem Herdentor, wird ab dem 7. August auch der Kreuzungspunkt Herdentor komplett neu gestaltet. Dafür sind zehn Tage veranschlagt.
Herdentor/Bischofsnadel
Die wieder zurückgebaute "Pop-up-Bikelane" zwischen Bischofsnadel und Herdentor-Kreuzung sei lediglich eine Übergangslösung gewesen, teilt das ASV mit. Die jetzt laufenden Arbeiten steuern auf die Schlussvariante zu: Künftig führe der Radverkehr in beiden Richtungen "auf einem großzügigen Radweg in den Nebenanlagen". Daher sei ein gründlicher Eingriff in die Fahrbahn notwendig. Deren Belag werde komplett abgetragen, um Riefen wie am Altenwall zu verhindern, die bei der Entfernung alter Markierungen unvermeidlich seien. Durch die Umgestaltung habe sich die Fahrbahnhöhe verändert, was einen Neuaufbau erforderlich mache. In Höhe des Wallkontors entstehe ein barrierefreier Fußgängerüberweg. 60 Meter vor der Herdentorkreuzung werde der Radweg wieder auf die Straße geführt. Auch am Knotenpunkt Herdentorkreuzung werde die Fahrbahnoberfläche erneuert.

Obligatorischer Stopp für Radfahrerinnen und Radfahrer. In Höhe der Wallmühle muss der Wall überquert werden. Um auf die richtige Fahrspur zu gelangen, muss eine Druckampel betätigt werden.
Höhe Wallmühle
In Höhe der Wallmühle müssen Radfahrer, die von der Auffahrt aus Richtung der AOK-Kreuzung kommen, stoppen und die Druckampel betätigen, um auf die Richtung Herdentor führende Fahrspur zu kommen. In Richtung Doventor haben Radler die Wahl, über eine eigene Spur auf der Hochstraße zu fahren oder – rechts ab – durchs Grüne auf die Bürgermeister-Smidt-Straße zu gelangen.

Der Parkstreifen an der Wall-Auffahrt von der AOK-Kreuzung soll beibehalten werden. Das erfordert die nochmalige Umgestaltung dieses Bereichs.
AOK-Kreuzung/Auffahrt
Noch häufiger als an der Auffahrt von der Tiefer auf den Altenwall passiert es an der AOK-Kreuzung: Autofahrer erwischen die Radspur. Und zwar vor allem diejenigen, die von der Bürgermeister-Smidt-Straße nach links abbiegen, um auf den Wall zu gelangen. Das Piktogramm wirkt offenbar ebenso wenig wie Schilder mit Fahrtrichtungspfeilen und die Baken, die sicherheitshalber das Ensemble verstärken. "Die Problematik ist bekannt", teilt das ASV mit. Der Abschnitt werde überarbeitet, um klare Verhältnisse zu schaffen und Gefahren zu vermeiden. Der neben dem Gehweg gelegene Parkstreifen, der gegenwärtig eigentlich nicht ohne Regelverstoß zu erreichen ist, solle erhalten bleiben. Autos müssen die Radspur auch dann kreuzen, um auf die Parkplätze zu gelangen. Um von dem Parkstreifen zurück auf die Autofahrbahn Richtung Wall zu gelangen, müssen Autofahrer derzeit Sperrflächen oder durchgezogene Linien überfahren. "Es ist vorgesehen, die Radroute in diesem Bereich in einem Teilabschnitt rot zu markieren."

Am Doventor ist Schluss mit dem Schnellstraßengefühl: Hier müssen sich Fußgänger und Radfahrer auf einem schmalen Gehweg arrangieren.
Doventor
Wer die gut 1,9 Kilometer lange Wall-Strecke zwischen Tiefer und Doventor als Teil der künftigen Fahrradpremiumroute abfährt, wird nur noch durch die aktuelle Baustelle zwischen Bischofsnadel und Herdentor gebremst. Vom 7. bis 17. August wird dann die Herdentorkreuzung umgebaut. Am Doventor jedenfalls ist Schluss mit dem Schnellstraßengefühl: Hier teilen sich Fußgänger und Radfahrer wieder ihren Weg.