Die Schaffermahlzeit am Freitag ist das eine. Sie ist der Höhepunkt. Doch auch in den Tagen davor, in der ganzen Woche, gibt es für Haus Seefahrt kein Innehalten, vor allem für die amtierenden Schaffer nicht, sie sind in Dauerbetrieb.
Zwei wichtige Termine gleich zu Beginn.
Am Montag die sogenannte Schmeckemahlzeit im Schütting, wenn das erste Mal der Frack angezogen wird. Schon hier ist die Tafel reich und festlich gedeckt. Veranstalter ist die Handelskammer, doch wer nun denkt, dass sie mit ihren Mitteln aast, das Geld der Mitglieder für Protz und Prunk ausgibt, ist schief gewickelt. Die Kammer ist zwar Gastgeber, bezahlen müssen aber die drei Schaffer. Sie lassen den Gästen die von ihnen ausgewählten Weine, den Stockfisch, das Seefahrtbier und alles andere kredenzen. Zur Probe: Schmeckemahlzeit!
Am Dienstag dann das Hochamt von Haus Seefahrt: die Generalversammlung. Ein Akt von Bedeutung, denn dabei entscheidet sich, wer die Nächsten sind. Wer es im Leben geschafft hat und nun schaffen darf. Drei, die zur Wahl stehen, als Schaffer in zwei Jahren. Dieses Mal ist die Spannung größer denn je. Werden sie es tun? Werden die Vorsteher der Stiftung tatsächlich ein Trio präsentieren, zu dem eine Frau gehört, die erste nach fast 500 Jahren?
Sie tun es, und mit Erfolg. Die Kandidaten kommen durch, nicht knapp, sondern sehr klar. Zu den Ausrichtern der Schaffermahlzeit von 2022 gehört damit neben Jens Lütjen und Christoph Klosterkemper auch Janina Marahrens-Hashagen. Die Präses der Handelskammer hat schon dieses Amt für ihr Geschlecht erobert, nur Männer vorher, die der Kammer vorsaßen. Jetzt schreibt sie das zweite Mal Geschichte.
Die Schaffermahlzeit nimmt Gestalt an
Weiter geht es und weiter. Am Mittwoch Pressekonferenz. Einziges Thema ist die Wahl der Schafferin. Ein „Dammbruch“ bei den kaufmännischen Mitgliedern von Haus Seefahrt, kommentiert die Stiftung. Er ist gewollt und gewünscht. Während mit den Journalisten über diese Zäsur gesprochen wird, nimmt in der Oberen Rathaushalle die Schaffermahlzeit Gestalt an. In nur wenigen Stunden sind die Tische gestellt und gedeckt. Profis am Werk, geführt vom Zeremonienmeister. Frank Struckmann-Bohlen trägt diesen Titel seit sechs Jahren. Er gibt die Anweisungen bei den Vorbereitungen und befehligt, wenn es am Freitag um Schlag 14.25 Uhr mit der Schaffermahlzeit losgeht, auch die Kellnerinnen und Kellner, es sind 48.
Am Donnerstag kommen die drei Schaffer zur Sprechprobe zusammen. Das erste Mal, dass sie in so einem Rahmen Reden halten. Mal eben so und nebenbei? Bestimmt nicht. Also grooven sie sich ein, nehmen das Mikrofon, testen Passagen aus dem Manuskript. Eine Generalprobe, die vor dem großen Auftritt ein wenig mehr Sicherheit gibt.
Am gleichen Tag, ungefähr zwei Stunden später, ertönt laute Musik aus dem Festsaal neben der Oberen Rathaushalle. Es wird getanzt. Erst Wiener Walzer, dann Polonaise. 30 Paare, adrett gekleidete Frauen und Männer zwischen 17 und 24, die sich unter Anleitung eines Lehrers im Takt wiegen und danach zur Polonaise mit Gemessenheit und Würde durch den Saal schreiten. Auch dies ist eine Generalprobe.
Der Tanz wird am Freitag nach dem Aufheben der Tafel um kurz vor halb acht und einer Diskussionsrunde mit dem Ehrengast der Schlusspunkt sein. Um 21.55 Uhr endet die Veranstaltung – mit einem letzten Akt: dem Durchsieben und Leeren des Salzfasses. Es steht am Abgang zur Treppe, die zum Ausgang führt und nimmt Trinkgeld auf. Alle, die an diesem Tag zum Gelingen beigetragen haben, bekommen später einen Umschlag. Etwas obendrauf, zum Lohn hinzu, ausgezahlt vom Zeremonienmeister.