Am Hauptbahnhof floriert der Drogenhandel. Passanten, Mitarbeiter und Betreiber der ansässigen Geschäfte haben Angst. Sie fühlen sich allein gelassen und hilflos gegen die jungen Drogenhändler.
An der Kreuzung zum Breitenweg in der Bahnhofstraße findet ein florierender Drogenhandel statt. Sehr zum Leidwesen der Geschäftsleute, denen die Dealer die Kunden vergraulen und die Mitarbeiter verängstigen. Aber damit noch nicht genug. „Die nutzen unsere Toiletten als Drogenbunker“, sagt Liane Müller, Inhaberin der Bäckerei Schäfer‘s. Ähnliches weiß der Chef von McDonald‘s gleich nebenan zu berichten und auch Blumenhändler Martin Timm hat die Zustände schon mehrfach angeprangert. Doch geändert hat sich kaum etwas, obwohl die Polizei hier zuletzt verstärkt Präsenz zeigte.
Druck könnte jetzt aber auch von ganz anderer Stelle auf Bremen zukommen. Der Vermieter der betroffenen Geschäfte will die Stadt stärker in die Pflicht nehmen, notfalls auf juristischem Weg. „Wir prüfen über unsere Anwälte, welche rechtlichen Mittel es gibt, die Stadt aufzufordern, hier etwas zu tun“, sagt Martin Koswald, Geschäftsführer der „VK Immobilien- und Verwaltungsgesellschaft“, die Eigentümer des Gebäudeblocks ist. „Uns ist wichtig, dass in und um die Immobilie herum alles so abläuft, dass unsere Mieter sowie deren Kunden oder Besucher nicht gefährdet werden“, betont Koswald. „Und da haben wir derzeit so unsere Bedenken.“

Auch verstärkte Kontrollen gehören zum Ansatz im Kampf gegen die Drogenhändler an der Bahnhofstraße.
Die VK prüfe aber auch andere Schritte, erklärt der Geschäftsführer. „Was dürfen wir selbst tun? Welche Rechte haben wir?“ Klingt nach einem privaten Sicherheitsdienst, von dem im Gespräch mit den Geschäftsleuten häufig die Rede ist. Koswald will sich hierzu jedoch nicht äußern. „Kein Kommentar!“ Die betroffenen Ladenbesitzer würden „nichts mehr begrüßen, als dass endlich etwas geschieht und sich die Situation ändert“, sagt Bernd Oude Hengel, Franchisenehmer von 22 McDonald‘s-Filialen in Bremen, darunter auch die an der Ecke Bahnhofstraße/Breitenweg. Oude Hengel hat die Filialen erst zum 1. September übernommen, was die afrikanischen Drogendealer betrifft, ist er aber längst im Bilde. War es quasi schon seit der ersten Besichtigung der Toilettenräume. Dabei waren ihm die Zentimeter dicken Silikonfüllungen zwischen Spülkästen und Wand aufgefallen, erzählt er. „Damit da keine Drogen hinter versteckt werden können“, lautete die Erklärung.
Beschwerden der Kunden
Dasselbe hat Liane Müller erlebt. „Bei uns waren die Drogen hinter den Deckenplatten der Toilette versteckt“, erzählt die Inhaberin der Bäckerei Schäfer‘s. Und hinter der Heizung hätten gebrauchte Spritzen gelegen. Einmal habe ein junger Mann sogar eine ihrer Mitarbeiterinnen nach einem Löffel für seinen Drogenkonsum gefragt. Das Ende vom Lied: „Meine Mitarbeiterinnen geben den Toilettenschlüssel nur noch raus, wenn sie ganz sicher sind, dass es ein Kunde ist.“ Wenn sich denn die Kunden überhaupt noch auf die Toilette trauen würden. Denn die bekämen dies alles natürlich mit. „Das ist ein großes Thema bei unseren Kunden“, sagt Müller. Mit Folgen: „Natürlich geht uns dadurch Umsatz flöten. Das schreckt doch ab, vor allem nachmittags, in der Kaffee- und Kuchenzeit.“
Wie sollte es auch anders sein, fragt die Geschäftsfrau. Wo doch der Drogenhandel so völlig offen vonstattenginge. „Die haben keinerlei Skrupel, kann man alles ganz genau beobachten.“ So wüsste sie zum Beispiel auch, wo das Rauschgift inzwischen gebunkert würde, nachdem ihre Toilette nicht mehr zur Verfügung steht. „Direkt vor unserem Laden stehen Fahrräder, da deponieren die einen die Drogen unter dem Sattel und die anderen holen sie dort ab.“
Erste Beschwerden von Kunden hat auch Bernd Oude Hengel schon entgegennehmen müssen. Nicht immer sei es dabei um Drogen gegangen. „Die 14-jährige Tochter eines Kunden musste sich beim Betreten des Geschäftes anzügliche Bemerkungen gefallen lassen.“ Auch Blumenhändler Martin Timm klagt über die sexuelle Belästigung seiner Kundinnen und Mitarbeiterinnen.
Hinzu kommt, da sind sich die drei Geschäftsleute einig, die Angst der Mitarbeiterinnen. „Wir fangen morgens um 4.30 Uhr an, da trauen sich die Frauen kaum ins Geschäft“, sagt Liane Müller. Timm lässt seine Verkäuferinnen das Geschäft abends nur noch durch den Hinterausgang verlassen und auch McDonald‘s-Franchiser Oude Hengel ist in dieser Hinsicht mit seinem Latein am Ende. „Selbst meine Schichtführer haben Angst. Und meine weiblichen Servicekräfte trauen sich schon gar nicht, etwas zu sagen, wenn hier wieder welche im Laden rumlungern.“ Viel helfen würde dies aber wohl ohnehin nicht. „Mein Geschäftsleiter schmeißt die zwar raus, wenn er da ist. Aber eine halbe Stunde später stehen die rotzfrech wieder auf der Matte“, beschreibt der Geschäftsmann das allgemeine Gefühl der Machtlosigkeit. Und vor dem Geschäft endet seine Zuständigkeit ja ohnehin. Was den dealenden Afrikanern durchaus bewusst sei. Den Versuch, ihn auch vor der Filiale zu verscheuchen, habe einer der jungen Dealer unlängst mit dem Spruch gekontert: „Was willst du? Das hier ist der Bürgersteig.“