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Was mal war in Lesum: Geschichtswerkstatt des Heimatvereins sammelt Informationen über Gebäude und markante Punkte im Ortsteil Internet-Karte hält Erinnerung fest

Lesum. Stimmengewirr füllt die gute Stube im Heimathaus Lesum. Zwölf Frauen und Männer scharen sich in kleinen Gruppen um vier Notebooks.
26.11.2015, 00:00 Uhr
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Von Gabriela Keller

Stimmengewirr füllt die gute Stube im Heimathaus Lesum. Zwölf Frauen und Männer scharen sich in kleinen Gruppen um vier Notebooks. Auf jedem Bildschirm ist das gleiche Bild zu sehen: eine durchnummerierte Liste mit Namen von Örtlichkeiten in Burglesum. Wird eine Nummer angeklickt, erscheint ein Textfeld. Hier und dort stehen schon Informationen, andere sind noch leer.

Die Frauen und Männer, die sich an diesem Vormittag im Heimathaus versammelt habe, wollen die weißen Felder füllen. Sie arbeiten mit an einem Internet-Projekt der Foto- und Geschichtswerkstatt des Heimatvereins. In einer digitalen Karte werden prägende Gebäude, Betriebe und Straßen im Stadtteil mit ihren Standorten und kurzen Informationen dargestellt. „Was-mal-war-Karte“ hat die Gruppe ihr Projekt benannt, mit dem die Foto- und Geschichtswerkstatt ihren Beitrag zum 60-jährigen Bestehen des Heimatvereins leistet.

Anders als es der Titel suggeriert, geht es nicht nur um historisch bedeutsame Objekte, die aus dem Lesumer Ortsbild verschwunden sind. „Wir nehmen alles auf. Zum Beispiel auch Wohnhäuser, die für den Bau des Lesumer Schnellweges abgerissen wurden. Auch Informationen über vorhandene Bauten wollen wir sichern“, erklärt Klaus-Martin Hesse. Selbst ein Trampelpfad, so der Leiter der Foto- und Geschichtswerkstatt, könnte in der Karte erfasst werden. „Vielleicht ist der ja mal für jemanden von Interesse. Wenn derjenige dann dazu Informationen in unserer digitalen Karte findet und wir ihn damit glücklich machen, wäre das doch toll.“

Das Besondere: Jeder kann bei der Erstellung der Karte mitmachen, die seit einem Jahr in Arbeit ist, neue Objekte vorschlagen oder Informationen zu schon vorhandenen Objekten beisteuern. Über die Internetseite des Heimatvereins (www.heimatverein-lesum.de) führt der Weg zum Kartenprojekt. Wer die Karte anklickt, findet dort schon jetzt unzählige blaue Punkte. Hinter jedem verbirgt sich ein Objekt.

Dort erhält der Nutzer eine Kurzbeschreibung des jeweiligen Gebäudes. Wer wissen will, wo sich einst die Fayencemanufaktur Vielstich befand oder woher die Zehntscheune ihren Namen hat, erfährt es mit einem Klick auf die Karte. „Wir haben bislang 358 Objekte erfasst“, erzählt Hesse. Die Projektgruppe hofft, dass durch die Beteiligung von Bürgern viele weitere Objekte und Informationen dazukommen. „Das ist ein Dauerprojekt, das nie fertig wird“, meint Hesse.

Die meisten blauen Punkte auf der Internet-Karte ballen sich zurzeit noch im Lesumer Ortskern entlang der Hindenburgstraße. „Wir haben aber den ganzen Stadtteil im Blick.“ Wer etwa wissen will, wo in den 1920er-Jahren in Marßel Stiele gefertigt oder wo in Burg ab 1872 Wolle gewaschen wurde, kann in der Karte schon jetzt fündig werden. Hinter einigen blauen Punkten fehlen noch Informationen. „Bei 172 Objekten gibt es noch Lücken.“

Eine solche Lücke versuchen an diesem Vormittag im Heimathaus Robert Bauer, Hans-Werner Ilse und Gerhard Grote zu füllen. Das Objekt Nummer 69, das ehemaligen Pastorenhaus an der Hindenburgstraße, haben sie auf dem Schirm. „Wir versuchen herauszufinden, wann es abgerissen wurde“, erzählt Bauer. Ein Vergleich von Luftbildern, so hofft die Gruppe, könnte dabei helfen. Bauer arbeitet seit einem Jahr beim Karten-Projekt mit. Den 43-jährigen EDV-Administrator reizt die Vermittlung von Geschichte durch das Medium Internet. Geworben hat ihn sein Nachbar Gerhard Grote. Der 75-jährige gebürtige Lesumer hat in vielen Luftbildern ab den 1970er-Jahren Entwicklungen und Veränderungen im Stadtteil dokumentiert. Ein Schatz, auf den die Projektgruppe für ihre digitale Karte zurückgreifen kann.

Hans-Werner Ilse ist neu in der Gruppe. Er wolle sich ein Bild von dem Projekt machen, erzählt der 80-Jährige. „Als gebürtiger Lesumer kann ich sicher auch zu einigen Objekten Informationen beisteuern.“ Die Gelegenheit bietet sich prompt bei einem Foto aus dem Jahre 1959. Es zeigt einen Mähdrescher auf einem Feld und einen Wegweiser nach Friedehorst. Wo ist das Foto entstanden? Hans-Werner Ilse weiß die Antwort: „Das war Kählers Weg. Die Kählers hatten an der Ecke Bördestraße/Halmstraße einen Kolonialwarenladen.“

Die Idee für die Internet-Karte des Heimatvereins hatte Norbert Kück. Der Rentner widmet sich seit Längerem der Recherche für die Internet-Wissensplattform „Wikipedia“. Von der Dynamik, die das Kartenprojekt entwickelt hat, ist der 65-Jährige überrascht. „Ich dachte damals an ein paar Objekte. Dass es solche Wellen schlägt, damit habe ich nicht gerechnet.“ Kück denkt schon weiter. Die Informationen aus der digitalen Karte sollen einfließen in eine Datenbank für das Archiv, beide sollen miteinander verknüpft werden. Die Projektgruppe hat noch einen Plan: „Wenn die Internet-Karte weit genug entwickelt ist, wollen wir sie auch drucken“, kündigt Klaus-Martin Hesse an. Auch Bürger ohne Internet-Zugang sollen so erfahren, was mal war in Lesum.

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