Wenn die Kinder nicht zur Kunst kommen können, kommt die Kunst eben zu den Kindern. Darin liegt der Kerngedanke der Kunstprojekttage, initiiert von Silke Rosenthal und Eva Vonrüti-Moeller. Die Gründerinnen des Kek-Kindermuseums Bremen nutzen die Corona-Krise kreativ, um ihr bisheriges Angebot in veränderter Form aufrechthalten zu können: Sie kommen mit der Kunst zum Mitmachen in die Kindergärten und Schulen. Dabei steht nie ein Kunstwerk an sich im Mittelpunkt, sondern der Prozess der Kreation.
Das Ziel sei es, mit den Kindern „in den Prozess des künstlerischen Schaffens einzutauchen“, so Rosenthal. Seit 2004 bietet die Kunstpädagogin gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Vonrüti-Moeller Mitmach-Ausstellungen für Kinder an. Seit 2008 werden diese in der Weserburg präsentiert und für die Dauer der Ausstellung von den Besuchern weiter mitgestaltet. Jede Ausstellung wird also von Anfang an von und mit Kindern begleitet. „Sie sollen nicht nur hinterher Spuren hinterlassen“, erklärt Rosenthal das Konzept, „sondern schon währenddessen“.
Für die Ausstellung „Kapier Papier“ etwa erlernten Schüler des Gymnasiums Horn die Kunst des Papierfaltens und steuerte die Ergebnisse für eine Ausstellung bei. Partizipation fange schon bei der Konzeption einer Ausstellung an. Das Zwei-Frau-Unternehmen bindet bei der Planung außerdem Künstler ein. Darunter Stefani Wildung aus Hannover, die schon viele Ausstellungsobjekte angefertigt habe, darunter eine lebensgroße Strickliesel für das Projekt Skulptour. Derzeit entwerfe die Designerin einen Wunderkasten für die anstehenden Kunstprojekttage. „Das ist ein Riesending“, schwärmt Rosenthal, „und neu in diesem Jahr“. Inspiriert vom Kinderbuchautor Rafik Shami, baue Wildung einen 1,20 x 1,20 Meter-großen Kasten, um damit nach syrischer Tradition Bildergeschichten zu erzählen. „Innen läuft eine Bildrolle, die dann von den Kindern selbst erstellt wird“, erklärt Rosenthal das Prinzip. So entstehe „handgemachtes Kinderkino“.
Der Wunderkasten ist eines von insgesamt fünf Angeboten mit denen das Kek in diesem Jahr in die Kindergärten und Schulen geht. Die vier anderen Angebote entstammen den bisherigen Ausstellungen: Kapier Papier, Farbenrausch, Gestatten, ich bin dein Schatten und Skulptour. Wobei das Kek-Duo das Skulptour-Projekt umgestalten musste, da die Ausstellungsobjekte, darunter besagte Strickliesel, „vorläufig feststecke“. Ein Museum aus Nordrhein-Westfalen habe die Objekte ausgeliehen und konnte sie coronabedingt bislang noch gar nicht ausstellen.
Rosenthal und Vonrüti-Moeller haben auch diese Not kreativ zu nutzen gewusst und kurzerhand zum Projekt Land-Art weiter entwickelt. „Land-Art ist skulpturales Handeln in und mit der Natur“ erklärt Rosenthal die Prämissen dieser Kunstströmung. Oder kurz gesagt: „Das macht jedes Kind jeden Tag auf dem Schulhof.“ Ein bekannter Vertreter der Natur-Kunst, Andy Goldsworthy, diene hier als Vorbild. Von den Werken des englischen Künstler lernen die Kinder zudem, dass die Kunstwerke vergänglich sind. Vor dem Verfall bewahren sie nur Fotografien.
Für die beiden weiteren Angebote der Kunstprojekttage schöpfen die Initiatorinnen aus dem Fundus von Kek, der momentan im Güterbahnhof eingelagert ist. In der riesigen Lagerhalle stapeln sich meterhoch Utensilien und Requisiten diverser Vereine und Bühnen, wie die Schaulust oder La Strada. „So sieht das Kek-Museum zur Zeit aus“, sagt Rostenthal. „Es ist ein Lager, aber das kann alles zu den Kindern kommen.“
Der Silhouetten-Stuhl etwa, um Schattenbilder zu erstellen, oder die Kisten mit der Papierschöpfwerkstatt, der Farbschleuder oder der Druckwerkstatt. Als Kunstpakete inklusive Anleitung können sie in diesem Schuljahr für 65 Euro pro Tag und Gruppe ausgeliehen werden. Für dreißig Euro mehr kommt das Kek-Team auch gerne selbst in die Kindergärten und Schulen und führt die Kunstprojekte durch. Nach einem Hygienekonzept werden die Gruppen dann eingeteilt und von zwei bis drei Teammitgliedern betreut.
„Es kann ja nicht nur digitale Angebote geben“, sinniert Rosenthal über die Erfordernisse dieser Zeit, „die Kinder sollen auch in Zeiten von Corona mitmachen und etwas zum anfassen haben können. Das Kindermuseum ist analog und das soll auch so bleiben“. Und bis die nächste geplante Ausstellung zum Thema „Duft – olfaktorische Kunst“ in der Weserburg besucht werden kann, kommt die Kunst eben da hin, wo die Kinder sind.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zum Kek-Kindermuseum, den Kunstpakten und -projekten gibt es online: www. kek-kindermuseum.de.