Wenn Sie heute auf das Datum blicken, das als Leserservice oben rechts oder links auf nahezu jeder Zeitungsseite vermerkt ist, dann wird Ihnen sofort auffallen: Dieser 11. November ist der 315. Tag des gregorianischen Kalenders. Somit verbleiben 50 Tage bis Jahresende. Während dieser Umstand uns Bremer Menschen höchstens in Erinnerung ruft, sich jetzt aber echt mal darum zu kümmern, wie, wo und mit wem sich Silvester feiern ließe, drehen sie zugleich im deutschen Westen und Süden schon mal frei. Aber sollen sie um 11.11 Uhr beim Start in die Karnevalssession doch närrisch treiben, was sie wollen. Im 0421-Land ticken die Uhren bekanntlich in vielen Belangen anders und streben daher auch heute ganz humorlos einfach nur 11.12 Uhr entgegen.
Hier wären wir damit um eine Minute näher am 12. November, und der ist mal der wahre humoristische Feiertag des Wochenendes: Loriots 100. Geburtstag. Was nicht nur deshalb unbedingt und gebührend zu würdigen ist, weil Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow für seine unerreichte Komik statt einer Narrenkappe immer nur das wahre Leben brauchte. Vor allem aber ist er ja einer von uns, zumindest so eine Art gefühlter Bremer. In etwa also das Gegenteil von Angelique Kerber, die zwar tatsächlich in Bremen geboren ist, was auch in unserer geschätzten Qualitätszeitung bei Nennung ihres Namens lange Zeit in reflexartigem Stolz gerne hervorgehoben wurde. Schließlich ist die Stadt ansonsten ja auch recht arm an Tennisspielerinnen, die es bis auf Platz eins der Weltrangliste gebracht haben. Dass die Eltern schon bald nach der Geburt von Baby Angelique die Stadt verließen, wäre in diesem Zusammenhang daher eine mehr als kleinliche Anmerkung.
Loriot ist auf ewig ein wunderbares Stück Bremen
Ganz anders bei Loriot. Der ist, Geburtsort Brandenburg an der Havel hin oder her, auf ewig ein wunderbares Stück Bremen, den Fernsehproduktionen von Radio Bremen sei Dank. Eine Stadt, in der die Uhren sowieso anders ticken, als Spielwiese und Kulisse für Loriots feine Beobachtungsgabe, Formulierungskunst und das unerreichte Gespür für Situationskomik – das konservierte die ganze Spießigkeit der bundesdeutschen 1970er-Jahre so nachhaltig, dass auch noch wir Spießer-Nachkommen darüber lachen können. Und sogar unsere Folgegenerationen.
Die Beweisführung treten meine Kinder alle Jahre wieder an, wenn bei uns als Einstimmung auf den Heiligabend „Weihnachten bei Hoppenstedts” läuft. Begünstigt wird deren Heiterkeit auf hohem Niveau vermutlich auch dadurch, dass meine Kinderbilder eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Dickie Hoppenstedt aufweisen. Herrje, damals trugen wir die Haare halt so.
So, und jetzt übe ich für mein Jodeldiplom, damit ich als teilzeitender Vater was Eigenes habe, wenn die albernen Kinder mal aus dem Haus sind. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich zweites Futur bei Sonnenaufgang ist, schließe ich aus gegebenem Anlass mit: Holleri du dödl di, diri diri dudl dö!
- Tagebucheintrag: Im Internet finden sich zahlreiche Rezepte für den Kosakenzipfel, sogar in einer veganen Variante. Da weiß ich doch, was am Sonntag zu tun ist.