Warum werden eigentlich keine berühmten vorletzten Worte überliefert? Gewiss hatte uns der ansonsten zur Geschwätzigkeit neigende Dichtertitan Goethe mehr zu sagen als ein lapidares „Mehr Licht“ (oder „Mehr nicht“, wie Thomas Bernhard in der Erzählung „Goethe schtirbt“ kolportiert). Auch finalen Bekundungen weiterer teurer Toter stünde mehr Ausführlichkeit gut an. Sattsam bekannte Bonmots wie „Auch du, Brutus?“ (Caesar), „Ich habe meine Sache hier getan“ (Albert Einstein) und „Störe meine Kreise nicht!“ (Archimedes) mögen pointiert sein, wirken aber fast zu passgenau, um wahr sein zu können. Das gilt für viele famose Verblichene von A wie Adenauer („Do jitt et nix to kriesche“; „Kein Grund zum Weinen“) bis Z wie Emiliano Zapata („Besser im Kampf zu sterben als ein Leben als Sklave“).
Besser gefallen dem demnächst auf andere Weise abgängigen Müßiggänger, der just Hans Halters Anthologie "Ich habe meine Sache hier getan“ (2007) liest, überraschende Bekundungen auf dem Sterbebett. So soll der Philosoph Johann Gottlieb Fichte noch kurz vor dem Exitus seine Ärzte belehrt haben: "Ich brauche keine Medizin mehr, ich fühle, dass ich geheilt bin." Beschwingt wiederum wirkt der Satz, der von dem sterbenden Physiker Werner Heisenberg bezeugt ist: "Das ist leicht, das habe ich vorher nicht gewusst." Unerreicht ist das rhetorische Legat des an Tuberkulose erkrankten Dichters Christian Morgenstern. Ihm schwante gegen Ende eines langen Leidensweges: "Der Husten ist vierdimensional."
„Sehen wir uns nicht mehr in dieser Welt, dann sehen wir uns in Bielefeld“, sagt meine Oma. Welch' heitere Hommage an das Leben!
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