Als Mikroplastik werden Plastikteile bezeichnet, die kleiner sind als fünf Millimeter. Häufig stammen sie von Gegenständen wie Plastiktüten oder -flaschen, die zerkleinert worden sind, etwa unter dem Einfluss der Sonnenstrahlung. Wenn Mikroplastik immer weiter zersetzt wird, entsteht Nanoplastik. An diese Teilchen, die kleiner sind als ein Mikrometer (tausendstel Millimeter), können sich aufgrund ihrer Oberflächenstruktur Schadstoffe binden; diese können dann mit ihnen in den Körper von Menschen und Tieren geraten. Dass Plastik selbst in entlegene Gebiete wie die Arktis und in die Tiefsee gelangt, ist bereits seit Längerem bekannt. Eine Übersichtsstudie einer internationalen Forschergruppe, zu der neben anderen auch Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven gehört, macht nun deutlich, dass kleine Plastikteilchen mit dem Wind sehr viel schneller als mit Wassermassen in weit entfernte Gebiete befördert werden können.
Melanie Bergmann befasst sich seit Jahren mit dem atmosphärischen Transport von Plastikteilchen. So zählt sie zum Beispiel auch zu den Autoren einer bereits vor einiger Zeit im Fachjournal "Science Advances" vorgestellten Arbeit, die sich mit der Analyse von Schneeproben aus Deutschland, den Schweizer Alpen und dem Nordpolargebiet befasst. Dabei hatten die Wissenschaftler festgestellt, dass in ihnen große Mengen an winzigen Plastikteilchen enthalten waren. Bei an einer bayerischen Landstraße gesammeltem Schnee waren es etwa 154.000 Teilchen pro Liter – so viele wie nirgendwo sonst –, bei Schnee aus der Arktis immerhin 14.400 Teilchen pro Liter. 80 Prozent der im Rahmen der Studie erfassten Teilchen waren nicht größer als 25 Mikrometer (tausendstel Millimeter). Für die Forscher stand außer Frage, dass ein Großteil des Mikroplastiks über die Atmosphäre in den Schnee gelangt war. Frühere Untersuchungen hatten unter anderem gezeigt, dass winzige Pollenkörner mit der Luft aus mittleren Breiten in die Arktis befördert werden.
Teilchen aus unterschiedlichen Quellen
In der neuen, im Fachjournal "Nature Reviews Earth & Environment" veröffentlichten Studie kommt die internationale Autorengruppe zu dem Schluss, dass pro Jahr derzeit zwischen 0,013 und 25 Millionen Tonnen Mikro- und Nanoplastik mit der Luft, Schnee, Meeresgischt oder Nebel über Länder, Kontinente und Ozeane hinweg transportiert werden – und das zum Teil über Tausende Kilometer. Viele der Teilchen gingen auf den Straßenverkehr zurück, das heißt zum Beispiel auf den Reifen- und Bremsabrieb, andere wiederum auf industrielle Vorgänge. Wie das Alfred-Wegener-Institut erklärt, legen erste Untersuchungen zudem nahe, dass Mikroplastik aus Küstengebieten mit abgetragenem Strandsand ins Meer gelangt. Gischt, Wind und Wellen führten dazu, dass sich Luftblasen im Wasser bildeten, in denen Plastikteilchen enthalten seien. Wenn die Blasen platzten, könnten diese in die Atmosphäre gelangen. Anzunehmen sei deshalb, dass sowohl das Meerwasser als auch die Luft am Transport der Teilchen über weite Strecken beteiligt seien.
Eine vor Kurzem veröffentlichte britische Studie hat Belege für Plastikteilchen in den Lungen lebender Menschen geliefert. Melanie Bergmann zieht daraus diesen Schluss: "Wir müssen Mikro- und Nanoplastik in unsere Messungen zur Luftverschmutzung integrieren, und das am besten gleich international als Teil globaler Netzwerke."