Wenn man sich nach dem Einkauf plötzlich auf der Showbühne befindet, kann das ganz schön aufregend sein. Genau diesen Moment erlebte Peter Kraft aus Osterholz-Tenever, der mit seiner Ehefrau Liza am Wochenende durch das Einkaufszentrum Berliner Freiheit spazierte. Zwei Tage lang bot sich den Besuchern dort beim achten Festival „Vahrieté“ ein buntes Showspektakel mit Straßenkünstlern, Jongleuren, Akrobaten, Musik und Zauberei.
Dicht gedrängt verfolgten die kleinen und großen Zuschauer das muntere Treiben der Akteure auf den zwei Bühnen. Mit schwungvollen Bewegungen ließ Fabian Flender seine Jonglierkeulen durch die Luft wirbeln, um sie gekonnt wieder einzufangen. Wenig später kramte er aus seinem braunen Lederkoffer mehrere Bälle hervor, die er zwischen seinen Händen kunstvoll hin- und her bewegte. Ein beeindruckendes Schauspiel, das man nicht alle Tage in der Berliner Freiheit sieht. Aber auch für den Jongleur aus Freiburg ist dies eine komplett neue Erfahrung. „Es ist schon ein Unterschied, ob das Publikum zu dir in die Show kommt oder wie hier zufällig beim Einkaufen stehen bleibt. Trotzdem ist es schön und macht großen Spaß“, sagte Flender. Stets dabei hat er einen Stuhl, Tisch, Kleiderständer und Koffer, um seine Kunststücke vorzuführen.
Zauberlehrling mit 71 Jahren
Für magische Momente sorgte die Hamburgerin Alana Möhlmann mit ihrer Zaubershow. In ständiger Interaktion mit den Zuschauern vollführte sie ihre Tricks. Unter anderem sollten die Besucher ein Gesicht auf ein Tuch malen, das sich in ihren Händen scheinbar in Luft auflöste. Zur Verwunderung der Schaulustigen, tauchte genau dieses Stoffteil wieder in einem Apfel auf, den sie ganz behutsam mit einem Messer schälte. Ebenso war die Fantasie der Erwachsenen und Kinder gefragt, die aus nächster Nähe ihren Kartentrick beobachteten.
Wenig später war für Peter Kraft der große Moment gekommen, indem er vom Zuschauerraum auf die Bühne gebeten wurde. An der Seite von Möhlmann versuchte der 71-Jährige sich als Zauberlehrling und erhielt dafür kräftigen Applaus. „Das war meine Premiere auf der Bühne“, sagte er. Offensichtlich hatte er ebenso wenig wie seine Frau Liza daran geglaubt, dass er sich das traut. „Ich war erstaunt, dass er das mitmacht. Und bin sehr stolz auf ihn“, sagte sie. „Die Professionalität der Darbietungen ist schon etwas ganz Besonderes. Das sind richtig gute Shows.“
Was man mit einem Reifen so alles anstellen kann, zeigte Niklas Bothe. Mit seiner Hula-Hoop-Nummer präsentierte der 22-Jährige eine temporeiche Inszenierung. Mit vollem Körpereinsatz sprang der Artist durch Reifen, balancierte diese mit Händen und Füßen. Neben Hand- und Kopfstand bewies der Künstler aus Berlin, dass man auch in außergewöhnlichen Positionen die Zeitung lesen kann. Ebenso schwungvoll turnte er am Vertikalseil und vollführte dort seine Kunststücke. Vier Auftritte hatte er für diesen Tag geplant. Die Zuschauer zeigten sich von der artistischen Leistung beeindruckt. Wie Bothe berichtete, habe er im Alter von zehn Jahren mit dem Tanzen begonnen und später in Berlin die Artistenschule besucht. Oft habe er Auftritte auf Straßen und in Parks, im Sommer sei er viel mit der Gruppe „Artistokraten“ unterwegs. Beim Gauklerfestival in Koblenz habe er den zweiten Platz belegt. Das Festival „Vahrieté“ sei für ihn eine ganz neue Erfahrung. „Die Leute hier wissen teilweise gar nicht, wie sie reagieren sollen. Wenn die Kinder ganz gebannt zuschauen, ist das schon toll.“
Eine Show mit fantasievollen Aspekten präsentierte das Bremer Trio Mio. Die Mischung aus Akrobatik und Jonglage fand beim Publikum großen Anklang. Ausgestattet mit einer Holzkiste und einem riesigen roten Ballon, luden sie die Zuschauer zu einer gedanklichen Reise in luftiger Höhe ein. „Es ist ein träumerischer Wohlfühlgedanke, den wir vermitteln wollen“, sagte Martin Bogus. Das Trio Mio hat sich vor zweieinhalb Jahren gegründet und ist mit seiner Show oft unterwegs. „Die Interaktion zwischen uns ist spannend und entwickelt sich immer weiter“, sagte Paul Wallner.
Neben Artistik und Zauberkunst bot die Veranstaltung „Vahrieté“ noch weitere Programmpunkte: So fertigte Jafar Hosseini aus Findorff an seinem Stand Henna-Tattoos an. Interessierte konnte sich dabei ihre Hände mit hübschen Mustern verzieren lassen. Für die jüngsten Besucher gab es außerdem eine Kinderschminkstation und eine Bastelecke.
Zudem erstellte Ballon-Modellierer Tom Bola auf Wunsch lustige Figuren. Großer Andrang herrschte auch vor dem kleinen Zelt der Kartenlegerin Kirsten Lutterbeck. Wie Lutterbeck betonte, sei sie bereits zum fünften Mal dabei. „Alle die Lust haben, können sich von mir kostenlos die Karten legen lassen", erklärte sie. Der Andrang sei sehr groß, allerdings könne sie keine ausführliche Beratung anbieten. Oft gehe es bei den Fragen um Gesundheit oder auch die Liebe.
Laut „Vahrieté“-Mitorganisator „Herr Kurt“, der seinen realen Namen nicht verraten wollte, soll die Veranstaltung für Abwechslung im Stadtteil sorgen. „Wie der Name schon sagt, achten wir auf eine bunte Mischung und sind offen für alles. Es ist ein Geschenk an die Vahraonen, die das Center mit Leben erfüllen.“ Hierfür werden immer neue Künstler gesucht. Die Auswahl der Nummern richte sich nach dem Können der Künstler. Wichtig sei, dass alle ihren Spaß hätten.