Die Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr sollen zum Jahreswechsel nicht erhöht werden. Wie im vergangenen Jahr haben die Gremien im Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) und im Zweckverband Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (ZVBN) beschlossen, dass die Kosten für Bus- und Bahntickets konstant bleiben – trotz gestiegener Kosten für Strom, Diesel und Löhne. Das bestätigten das Verkehrsressort und der VBN dem WESER-KURIER. „Ich bin mir sicher, dass die Ticketpreise stabil bleiben“, sagt Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne). Die Entscheidung des ZVBN habe Bremen mitgetragen. Sie müsse sie noch vom Senat bestätigt werden.
Bis 2020 sind die Tarife für Busse und Bahnen im VBN seit 2001 jedes Jahr gestiegen. Die Erhöhungen lagen zwischen 1,9 Prozent (2004) bis 5,3 Prozent (2007). Geringer fielen die Preissteigerungen von 2019 an mit 0,7 und 2020 mit 1,6 Prozent aus. In Preisvergleichen des ADAC und eines Verbraucherportals zu den ÖPNV-Angeboten von deutschen Großstädten landet Bremen meist im Mittelfeld. Tageskarten sind im Vergleich teurer, Monatstickets günstiger.
Der Kostenanstieg bleibt aus, obwohl die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) wegen der Pandemie einen starken Rückgang der Fahrgäste zu verkraften hat. Dadurch sanken die Einnahmen des kommunalen Verkehrsunternehmens, für 2020 ist ein Verlust von 25,4 Millionen Euro zu bilanzieren. Mittlerweile steigen die Fahrgastzahlen wieder. „Im September und Oktober hatten wir circa 75 Prozent der Fahrgäste im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit im Jahr 2019“, sagt Andreas Holling, BSAG-Sprecher. Ziel sei es, die Vorjahreszahlen von 70 Millionen Fahrgästen zu übertreffen.
Ebenfalls in die Höhe gehen die Preise für Roh- und Betriebsstoffe bei der BSAG. Insgesamt 19,4 Millionen Euro sind dafür im vergangenen Jahr laut Geschäftsbericht ausgegeben worden. Etwa neun Millionen Euro wurden für die Antriebsstoffe benötigt, also Strom und Diesel. Diese Ausgaben werden durch die explodierenden Energiepreise steigen. „Wir schätzen, dass wir in diesem Jahr 1,0 bis 1,2 Millionen Euro mehr für Strom und Diesel ausgeben müssen“, sagt Holling.
6,8 Millionen Liter Diesel verbrauchen die etwa 230 Busse der BSAG. Der Anstieg des Dieselpreises trifft das Unternehmen daher besonders. Bundesweit kostet ein Liter Diesel derzeit im Schnitt 1,56 Euro, vor einem Jahr lag der Preis laut Statistik bei 1,12 Euro. Die BSAG habe den Dieselverbrauch in den vergangenen zehn Jahren trotz gleichmäßig gefahrener Kilometerleistung der Busse um mehr als 1,5 Millionen Liter gesenkt. Unter anderem sei dies darauf zurückzuführen, dass die BSAG neuere, emissionsarme Fahrzeuge angeschafft habe, die mit einem unterstützenden Hybrid-Antrieb ausgestattet sind, so Holling. Bis 2026 sollen alle Fahrzeuge ein solches System haben, Elektrobusse kommen hinzu.
„Obwohl die Entwicklung von Löhnen und insbesondere der Kraftstoffpreise zu Kostensteigerungen bei den Unternehmen führen, haben sich alle Beteiligten vor dem Hintergrund des pandemiebedingten Fahrgastrückgangs darauf verständigt, auf eine Preiserhöhung zu verzichten“, teilt VBN-Sprecher Eckhard Spliethoff mit. „Das ist wichtig, um den öffentlichen Nahverkehr nach der Corona-Krise weiter zu stärken, obendrein ist es unerlässlich für die Verkehrswende und damit den Klimaschutz“, sagte Verkehrssenatorin Maike Schaefer.
Um die Verluste der Verkehrsunternehmen auszugleichen, haben Bund und Länder einen Rettungsschirm gebildet. Die Pandemie-Monate haben bundesweit ein Loch von sieben Milliarden Euro in den Kassen hinterlassen – 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2020, rund 3,6 Milliarden Euro werden für 2021 prognostiziert. Bundesrat und Bundestag haben diese finanzielle Absicherung im Sommer verlängert. Jeweils zur Hälfte übernehmen Bund und Länder die Kosten. Die Verkehrsministerkonferenz mit der derzeitigen Vorsitzenden Maike Schaefer fordert zudem, dass die sogenannten Regionalisierungsmittel bis 2030 erhöht werden.
Die politische Debatte in Bremen dreht sich nicht mehr um die Ticketpreise. Der Nahverkehr soll kostenlos werden. SPD, Grüne und Linke haben unterschiedliche Vorstellungen, wie das finanziert werden soll. Die SPD hatte im März das „Bremen-Ticket“ vorgestellt, das durch einen Mobilitätszuschlag finanziert werden soll, der über die Grundsteuer eingezogen wird. Die Grünen schlagen zur Deckung der Kosten eine Mischung aus Steuererhöhungen und neuen Abgaben vor, die auch von Berufspendlern zu entrichten wären.