Geht es um Kirchenasyl, scheint Bremen sich im gesamten Bundesgebiet großer Beliebtheit zu erfreuen. Zumindest weisen darauf aktuelle Zahlen hin, die die Innenbehörde auf Berichtsbitte der CDU vorgelegt hat. Demnach wurden im Zeitraum zwischen März und Dezember 2024 insgesamt 68 Personen aus anderen Bundesländern in Bremer Kirchengemeinden untergebracht. Der Löwenanteil davon stammte mit 37 aus Nordrhein-Westfalen. Aus Niedersachsen waren es 16, aus weiteren sieben andere Bundesländern kamen eine bis vier Personen ins Kirchenasyl nach Bremen, eine sogar aus Bayern.
Zu den Beweggründen der Personen, die deswegen nach Bremen kämen, und zur Frage, warum es im Bundesvergleich überproportional hohe Zahl an Fällen von Kirchenasyl in Bremen gibt, gebe es keine Informationen. Belege für eine gezielte Vermittlung nach Bremen lägen nicht vor. Da aber teilweise etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Kirchenasylfälle in Bremen Personen betreffen, die vorher im Zuständigkeitsbereich anderer Ausländerbehörden ihr Asylverfahren durchlaufen hätten, "liegt die Vermutung nahe, dass die Aufnahmebereitschaft bremischer Kirchengemeinden jedenfalls bundesweit bekannt ist".
Keine exakten Zahlen
Bei der Frage, wie hoch die exakte Zahl der Personen war, die im vergangenen Jahr im Land Bremen Kirchenasyl gefunden haben, muss das Innenressort nach eigenen Angaben passen. Ebenso wenig könne die Frage beantwortet werden, wie viele davon ihr Asylverfahren in Bremen durchlaufen hätten. Für die sogenannte Dossierverfahren, zu dessen Zweck ein Kirchenasyl begründet werden darf, sei allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zuständig.
Nach einer Aufstellung des Bamf lagen die Zahlen des Kirchenasyls in Bremen in den Jahren 2021, 2022, und 2023 bei 16, 30 beziehungsweise 90 Fällen. Bis einschließlich Oktober 2024 zählte die Bundesbehörde 202 Kirchenasylfälle für die Freie Hansestadt Bremen.
Eine weitergehende Aufschlüsselung, etwa nach Kirchengemeinden, könne das Bamf nicht liefern. Sie sei nur in den Fällen möglich, für die die Zuständigkeit einer Ausländerbehörde des Landes Bremen bestehe. Diese Zahlen würden allerdings erst seit 2023 systematisch erfasst. Im vergangenen Jahr fielen demnach in die Zuständigkeit des Migrationsamtes 76 Kirchenasylfälle. Mehr als die Hälfte davon fanden Zuflucht an verschiedenen Standorten der Vereinigten Evangelischen Gemeinde Bremen-Neustadt (32) und in der Ev. St. Remberti-Gemeinde (10). Die verbleibenden 34 Fälle teilen sich auf 13 weitere evangelische Gemeinden auf.
Zum Ende des vergangenen Jahres gab es noch 15 laufende Kirchenasylfälle in fünf Kirchengemeinden, die in der Zuständigkeit des Migrationsamtes fielen. Auch daran hatte die Vereinigte Evangelische Gemeinde Bremen-Neustadt mit sieben Fällen wieder den Löwenanteil. "Zu den Gründen, warum einzelne Gemeinden mehr Personen aufnehmen als andere, könnte nur gemutmaßt werden", so die Innenbehörde. Auch hiernach hatte die CDU gefragt.
Kritik von der CDU
Diskutiert wird dieses Thema am Donnerstag, 16. Januar, in der Sitzung der Innendeputation. Deren Vorsitzende, Wiebke Winter (CDU), kommentiert den Bericht der Innenbehörde auf Anfrage des WESER-KURIER mit deutlicher Kritik. "Innensenator Mäurer weiß nicht einmal, wie viele Menschen in Bremen sich derzeit im Kirchenasyl befinden – das ist inakzeptabel und führt in der Bevölkerung zu Misstrauen gegenüber staatlichen Hoheitsaufgaben."
Das Kirchenasyl ist und bleibe eine Ausnahme sowie ein humanitärer Akt, der geltendes EU-Asylrecht nicht außer Kraft setzen dürfe, betont Winter. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Kirchenasyl genutzt wird, um staatliche Entscheidungen dauerhaft zu umgehen.“