Im Fachbereich für Unterhaltsvorschüsse des Bremer Amtes für soziale Dienste sind rund 450 Unterlagen im Datenmüll-Container gelandet, statt sachgerecht bearbeitet zu werden. Diese Zahl nannte am Mittwoch Behördensprecher Bernd Schneider auf Anfrage des WESER-KURIER. Die Unterlagen seien inzwischen gesichtet und kategorisiert worden, allerdings noch nicht abschließend bewertet und vollständig abgearbeitet.
Wie berichtet, war Anfang August im Amt für soziale Dienste ein umfangreicher Betrug aufgeflogen. Zwei Behördenmitarbeiter hatten Akten für rund 30 fiktive Unterhaltsfälle angelegt und darauf zweieinhalb Jahre lang regelmäßig Unterhaltsvorschüsse überwiesen. Das Geld floss auf Konten der beiden Mitarbeiter, die auf diese Weise 418.000 Euro erbeutet haben sollen.
Sozusagen als Beifang der Ermittlungen wegen dieses Betruges wurden in einem Datenmüllcontainer Unterlagen aus den Fallbeständen zweier anderer Mitarbeiter entdeckt, die mit den Betrugsvorwürfen aber nichts zu tun haben. Die Behörde selbst und nicht etwa die Staatsanwaltschaft habe die Mülltonne durchsucht, erklärt Bernd Schneider. "Wir wollten sicherstellen, dass Unterlagen, die im Zusammenhang mit den Betrugsvorwürfen von Bedeutung sein könnten, nicht im Datenmüll entsorgt wurden."
Laut Schneider ergab die Sichtung der gefundenen Dokumente bislang folgende Ergebnisse: Bei 180 Unterlagen ging es um Änderungsmittelungen an Leistungsempfänger, die bei einer Anpassung der Leistungshöhe automatisch erzeugt werden. Weitere 39 Unterlagen waren Nachweise, dass eine Zahlung an den Leistungsempfänger angewiesen worden war. "Die hätten in der Akte abgelegt werden müssen und nicht entsorgt werden dürfen", sagt Schneider. Gefunden aber noch nicht ausgewertet wurden auch weit über 100 Briefe, die nicht zugestellt werden konnten und deshalb von der Post zurückgeschickt wurden.
14 Anträge im Müllcontainer
Auch 14 Anträge wurden in dem Müllcontainer gefunden. Zwölf davon betrafen das Bürgergeld für Bedarfsgemeinschaften, das auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird. Letztlich gehe es dabei um den Kostenausgleich zwischen Amt für soziale Dienste und Jobcenter, erläutert der Behördensprecher. "Die Finanzierung des Lebensunterhalts war in diesen Fällen durchgängig gesichert." Die beiden anderen Anträge vom April und Juni dieses Jahres betrafen Leistungsberechtigte, die kein Bürgergeld beziehen. Sie werden aktuell bearbeitet.
Insgesamt geht die Sozialbehörde bislang davon aus, dass die unsachgemäße Entsorgung ohne Folgen für Leistungsberechtigte blieb, sondern es sich "nur" um Verstöße gegen die Dokumentationspflicht handelt.
Nachdem in einem Datenmüllcontainer Unterlagen dieser Art gefunden wurden, wurden Anfang August in allen sechs Sozialzentren und den beiden zentralen Fachdiensten sämtliche 95 Datenmülltonnen unangekündigt kontrolliert, berichtet Bernd Schneider. Dabei seien keine Unterlagen gefunden worden, deren Entsorgung zu verzögerten oder ausgebliebenen Zahlungen an Leistungsempfängern hätten führen können.