Wegen einer Protestaktion von Klimaaktivisten ist die Autobahn 27 am Mittwoch zwischenzeitlich in beide Fahrtrichtungen gesperrt worden. Die Demonstranten hatten angekündigt, sich in der Zeit von 12 bis 13 Uhr von der Brücke südlich des Bremer Kreuzes abseilen und ein Banner aufhängen zu wollen, um "für eine Verkehrswende, gegen Autos und Autobahnen" zu demonstrieren. "Zur Gewährleistung einer sicheren Versammlung", teilte eine Sprecherin über den Kurznachrichtendienst X mit, wurde die Autobahn von 11.30 Uhr bis kurz vor 13 Uhr voll gesperrt.
Sechs Personen seien an der Aktion beteiligt gewesen, hieß es weiter. Während der Versammlung staute sich der Verkehr in beide Richtungen. Laut Polizei kam es am Stauende zwischen Langwedel und Achim-Ost in Fahrtrichtung Bremen zu einem Unfall mit drei Fahrzeugen, die wiederum eine Sperrung der Fahrbahn notwendig machte.
Laut einer Mitteilung der Polizei sah eine 70-jährige Renault-Fahrerin das Stauende zu spät und fuhr auf eine vor ihr befindliche 41-jährigen BMW-Fahrerin auf. Die Renault-Fahrerin überschlug sich mit ihrem Pkw und prallte noch gegen einen Skoda, in dem ein 37-jähriger Mann am Steuer saß. Demnach wurden die Renault-Fahrerin, die BMW-Fahrerin und deren Beifahrerin sowie eine Beifahrerin im Skoda leicht verletzt. Der Sachschaden an den drei Fahrzeugen, die allesamt nicht mehr fahrbereit waren, beziffert die Autobahnpolizei auf rund 50.000 Euro. Gegen 16 Uhr gab die Autobahnmeisterei die Strecke wieder frei, teilte ein Sprecher der Autobahn GmbH mit.
Nach Angaben der Stadt Achim haben die Aktivisten ihre Aktion als Versammlung mit rund 100 Teilnehmern angemeldet. Die Stadt habe sie unter Auflagen genehmigt, sagte ein Sprecher dem WESER-KURIER. Die Antragssteller sollten sich weder Abseilen noch ein Banner auf der Brücke aufhängen dürfen. Gegen diese Entscheidung legten die Aktivisten Beschwerde beim Verwaltungsgericht Stade ein – und bekamen offenbar recht. Die Aktivisten durften sich von der Brücke abseilen und auch ihr Protestplakat am Geländer aufhängen. Allerdings müsse dazu die Autobahn während der Demonstration gesperrt werden, entschied das Verwaltungsgericht.
Oberverwaltungsgericht schränkt Versammlung zeitlich ein
Gegen diesen Beschluss wiederum legte die Stadt Achim Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Um die Einschränkungen für Verkehrsteilnehmer möglichst gering zu halten, forderte die Stadtverwaltung, die Versammlung zeitlich auf eine halbe Stunde zu begrenzen. Dieser Argumentation folgte das Oberverwaltungsgericht. Die Entscheidung allerdings kam denkbar knapp. Erst rund 15 Minuten vor dem geplanten Start der Aktion kam die entsprechende Nachricht.
Die Aktivisten selbst konnten mit dieser Einschränkung nach eigenen Angaben gut leben. "Für uns reicht eine halbe Stunde zum Klettern aus", sagte einer ihrer Vertreter. "Allerdings hätten wir uns gewünscht, die Aktion bei fließendem Verkehr durchführen zu können, damit möglichst viele die Plakate auch sehen." Das war allerdings verboten worden. Und so seilten sich um kurz nach 12 Uhr zwei Aktivisten samt ihrer Banner von der Brücke ab und blieben dort rund 30 Minuten hängen. Danach wurden die Schilder wieder aufgerollt und die Versammlung um 12.40 Uhr offiziell beendet. "Ich denke, es war eine erfolgreiche Aktion und wir haben mir wenigen Leuten ein wichtiges Zeichen gesetzt", sagte einer der Aktivisten.
Einige Autofahrer sahen das bestimmt anders. Da die Autobahn bereits um 11.30 Uhr von der Polizei in beiden Richtungen gesperrt worden war, gab es nämlich schon zum offiziellen Beginn der Aktion nach Angaben von Polizeisprecher Helge Cassens in beiden Richtungen einen Rückstau von jeweils rund fünf Kilometern.

Für die Dauer der Protestaktion wurde die A27 am Bremer Kreuz in beide Fahrtrichtungen voll gesperrt.
Mit ihrer Aktion auf der Autobahnbrücke wollten die Demonstranten nach eigenen Angaben auch ihre Solidarität mit 28-jährigen Mann und einer 25-jährigen Frau aus Gießen ausdrücken, die sich derzeit vor dem Achimer Amtsgericht verantworten müssen. Ihnen wird vorgeworfen, am 15. April 2021 gemeinsam mit anderen Klimaaktivisten auf eine Schilderbrücke an der A27 zwischen Achim-Nord und dem Bremer Kreuz geklettert zu sein. Dort hätten sie anlässlich der damals in Bremen stattfindenden Verkehrsministerkonferenz ein Transparent gegen die – ihrer Meinung nach – verfehlte deutsche Klimapolitik festgeklebt und sich von der Schilderbrücke abgeseilt.
Ähnliche Aktionen fanden damals zur selben Zeit auch auf der A1 bei Oyten und auf Bremer Stadtgebiet statt. Die nicht angemeldete Protestaktion hatte einen Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr nach sich gezogen, die A27 musste für mehrere Stunden gesperrt werden.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten Nötigung in besonders schwerem Fall vor. Ein Urteil in der Sache könnte am Donnerstag, 29. August, gesprochen werden.
"Wir wollen mit unserer Solidaritätsaktion zeigen, dass ein derartiger Protest keine schwere Nötigung ist, sondern dass man ihn mit dem Segen der Gerichte durchführen kann", sagte einer der Aktivisten. "Diese Art des Protestes ist vielleicht nicht gewöhnlich, aber sie ist auch nicht strafbar." Daher habe man für den Protest ganz bewusst auch eine Autobahnbrücke ausgesucht, von der aus man einen direkten Blick auf die Schilderbrücke hat, an der sich Aktivisten im Frühjahr 2021 abgeseilt hatten.