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Vertrauliches Gutachten Altersversorgung für Bremer Abgeordnete soll reformiert werden

Die Bremische Bürgerschaft ist im Begriff, die Altersbezüge der Abgeordneten neu zu regeln. Das aktuelle kapitalgedeckte System gilt als gescheitert. Ein Gutachter macht neue Vorschläge für die heikle Materie.
15.02.2024, 15:41 Uhr
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Altersversorgung für Bremer Abgeordnete soll reformiert werden
Von Jürgen Theiner

Die Altersversorgung für ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete soll auf ein neues Fundament gestellt werden. Diese Empfehlung ist in einem Gutachten enthalten, das die Bürgerschaftskanzlei bei dem Staatsrechtler Philipp Austermann von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Auftrag gegeben hat. Die Expertise wurde vor wenigen Wochen fertiggestellt und bisher unter Verschluss gehalten. Aus gutem Grund: Das Themenfeld Diäten und Politikerrenten gilt als hochsensibel – man will öffentlichen Debatten über die Angemessenheit dieser Zahlungen keinen Vorschub leisten.

Dem WESER-KURIER liegt das Papier vor. Das Gutachten greift zunächst die Veränderungen auf, die im Jahr 2011 bei der Vergütung der Abgeordnetentätigkeit eintraten. Um für mehr Transparenz zu sorgen, wurden damals die Grunddiäten und verschiedene steuerfreie Pauschalen zu einer einheitlichen monatlichen Gesamtentschädigung zusammengefasst, die auch zu versteuern ist.

Der Systemwechsel hatte noch ein weiteres Element, und hier liegt auch der Knackpunkt. Bis 2011 beruhten die Zahlungen auf einem Pensionssystem. Das Geld kam also direkt aus dem Landeshaushalt. Stattdessen erhalten die Abgeordneten seither monatliche zweckgebundene Beträge, die in eine kapitalgedeckte Altersversicherung einzuzahlen sind. Neben ihrer Grundentschädigung von aktuell 5698,45 Euro erhalten die Parlamentarier hierfür 932,54 Euro. Das klingt recht üppig, wenn man den Betrag daran bemisst, was durchschnittliche Arbeitnehmer und ihr Arbeitgeber monatlich gemeinsam in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Allerdings begann die Neuregelung zu greifen, als sich der Kapitalmarkt mehr und mehr in eine Niedrigzinsphase hineinbewegte. Deshalb warfen die Finanzprodukte, die den Abgeordneten zur Verfügung standen, seither kaum etwas ab. Für vier Jahre Mitgliedschaft im Parlament entstehen derzeit Rentenanwartschaften von etwa 120 bis 130 Euro. Nur wenige langjährige Abgeordnete profitieren noch von einer Übergangsregelung, die eine bessere Versorgung garantiert.

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Gutachter Austermann hält die gegenwärtigen Erträge aus dem kapitalgedeckten System – auch im Vergleich mit anderen Landesparlamenten – als Alterssicherung für nicht angemessen, ja sogar für „verfassungswidrig“. Seine Empfehlung lautet: raus aus der kapitalgedeckten Altersversorgung und zurück zu einem beamtenrechtsähnlichen Pensionssystem, wie es in ähnlicher Weise vor 2011 bestand. Die Höhe der Altersversorgung sollte sich aus Sicht des Experten nach einem jährlichen Steigerungssatz pro Jahr der Mitgliedschaft im Parlament staffeln. Sinnvoll seien jeweils zwei Prozent bis zum vollendeten zwölften Mandatsjahr. Danach soll der Steigerungssatz geringer ausfallen, auch um keinen Anreiz für noch längeren Verbleib im Parlament zu schaffen. Nach zwölf Mandatsjahren – also drei Wahlperioden – wäre ein Anspruch von 24 Prozent der monatlichen Grundentschädigung erreicht. Legt man deren aktuelle Höhe von 5698,45 Euro zugrunde, betrüge der Versorgungsanspruch im Alter 1367,62 Euro.

Ob es zu der Neuregelung kommt, ist offen. Das Gutachten kommt voraussichtlich im März bei der nächsten regulären Sitzung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses der Bürgerschaft auf den Tisch. Das Thema gilt als delikat, weil die Umsetzung der Gutachterempfehlungen auf eine Besserstellung der Abgeordneten gegenüber der jetzt geltenden Rechtslage hinausläuft. Weder Regierungslager noch Opposition werden da gern die Initiative ergreifen. Wer es zuerst tut, so die Befürchtung, steht in der Öffentlichkeit als Raffzahn da. Wahrscheinlich wird es deshalb in den kommenden Wochen einen Versuch geben, die Neuregelung der Altersversorgung als politisches Alle-Mann-Manöver auf den Weg zu bringen.

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