Ziemlich überschaubar ist die Zahl der Bremer Apotheken, in denen man sich gegen Corona impfen lassen kann. In der gesamten Stadt bieten laut "Apo Guide"-App gerade einmal drei Apotheken eine Covid-19-Impfung an: eine in Horn-Lehe, eine in Borgfeld und eine in Vegesack. Bei mehr als 130 Apotheken im Land Bremen eine bemerkenswert niedrige Zahl. Das passt zur geringen Nachfrage nach Corona-Impfungen trotz wieder steigender Infektionszahlen. Wie berichtet, nehmen bislang nur wenige über 60-Jährige die empfohlene Auffrischung in Anspruch. Doch das ist nicht der einzige Grund für die Zurückhaltung der meisten Apotheken. "Für solche Extraschleifen haben wir keine zeitlichen und personellen Ressourcen", sagt Christiane Lutter, Vorsitzende des Bremer Apothekerverbands.
Lutter ist Inhaberin der Albrecht Dürer-Apotheke in Habenhausen. Für sie kommt ein Impfangebot gegen das Coronavirus auch deshalb nicht infrage, weil nur sie als zugelassene Apothekerin impfen dürfe, aber keine ihrer Beschäftigten. "Bei Ärzten ist das anders. Die haben ein Delegationsrecht, auch eine Sprechstundenhilfe könnte die Impfung vornehmen." Hinzu komme der organisatorische Aufwand. Denn der Impfstoff werde immer nur in Sechserpackungen ausgeliefert, die an einem Tag verbraucht werden müssten. "Das heißt, wir müssen so lange abwarten, bis wir sechs Impfwillige zusammen haben." Auch Klaus Scholz, Präsident der Apothekerkammer, sieht darin ein "technisches, aber nicht unwesentliches Problem". Die Folge: zeitraubende Terminvereinbarungen.
Traditionell sind Ärzte für Schutzimpfungen zuständig. Erst seit 2022 ist es auch Apotheken gesetzlich erlaubt, gegen das Corona- und Grippevirus zu impfen. Dafür müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Erforderlich sind laut Apothekerkammer ärztliche Schulungen und geeignete Räumlichkeiten. Was bei einer Corona-Impfung noch alles zu tun ist, hat Norbert Wehrmann akribisch aufgelistet. Der Inhaber der Apotheke bei Dodenhof in Posthausen führt insgesamt 16 Einzelschritte an – vom Einpflegen der Versicherungsdaten über die Beratung bis zum Schreddern sämtlicher gedruckter Formulare. Für ihn ist klar: Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ertrag. "Die Entlohnung für die gesamte Leistung inklusive einem Euro für das Bereithalten des Impfstoffes beträgt 15 Euro."
Nur allzu bekannt sind solche Klagen der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KV). "Willkommen im Club", sagt deren Sprecher Christoph Fox. Impfungen seien nicht wirklich auskömmlich. "Mit Geldverdienen hat das gar nichts zu tun." Ins gleiche Horn stößt auch Holger Schelp, Vorsitzender des Bremer Hausärzteverbands. "Alle sind unglücklich darüber, dass es nicht so viel Geld fürs Impfen gibt wie früher. Wir machen das, weil es inhaltlich sinnvoll ist."
Genau daran knüpft Landapotheker Wehrmann einen weiteren Kritikpunkt. Er bezweifelt die Impfbereitschaft zahlreicher niedergelassener Ärzte zumindest in seinem Einzugsgebiet rund um Ottersberg im nördlichen Landkreis Verden. "Als impfende Apotheke stehen wir auf weiter Flur fast alleine da, die Bevölkerung zu impfen". Arzttermine seien nur noch schwer zu bekommen. "Es heißt dann, wir impfen gar nicht mehr oder es gibt einen Impftermin an einem Sonnabend kurz vor Weihnachten."
Diesen Vorwurf will Fox für Bremen allerdings nicht gelten lassen. "Das Gegenteil ist der Fall", sagt er mit Hinweis auf die Terminservicestelle der KV Bremen. "Wenn der Hausarzt nicht impft, kann man sich an die Servicestelle wenden und so einen Impftermin bekommen." Die Nachfrage halte sich aber in Grenzen, pro Woche gingen nicht mehr als 20 bis 40 Anrufe ein. Auch der Huchtinger Hausarzt Schelp widerspricht. "Die überwiegende Zahl der Hausärzte impft", sagt er. Wobei man sich aber zumeist auf Patienten aus dem Stadtteil, vielleicht noch aus dem benachbarten Stadtteil beschränke.
Von Anfang an haben offenbar nur wenige Apotheken Schutzimpfungen gegen das Coronavirus in ihr Repertoire aufgenommen. Nach einer Übersicht der Apothekerkammer boten vor einem Jahr in der Stadt Bremen vier Apotheken ihre Dienste an, nur eine mehr als heute. Kaum anders verhält es sich bei den Grippeimpfungen. Nach Angabe von "Apo Guide" impfen in Bremen derzeit fünf Apotheken gegen Grippe, vor einem Jahr waren es sechs. Anders als den Corona-Impfstoff gibt es den Impfstoff gegen Grippe auch in Einzeldosen. Doch dieser Vorteil hebt allem Anschein nach den Aufwand nicht auf, der für Apotheken mit Impfungen verbunden ist. "Das Zulassungsrecht ist kompliziert", sagt Kammerpräsident Scholz. Der Personalmangel tue ein Übriges.
Gleichwohl will seine Kollegin Lutter das Impfen in Apotheken nicht grundsätzlich infrage stellen. "Das Impfen in Apotheken ist eine sinnvolle Ergänzung für die Durchimpfung der Bevölkerung", sagt sie. "Es scheitert aber an den Aufgaben, die wir sonst noch haben."