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Made in Bremen Firma OAS verkauft und plant Produktionsanlagen

Das Bremer Unternehmen OAS verkauft Anlagen und Software für industrielle Prozesse - und ist einer der weltweit führenden Anbieter betrugssicherer Wägetechnik.
27.11.2016, 00:00 Uhr
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Von Tobias Meyer

Das Bremer Unternehmen OAS verkauft Anlagen und Software für industrielle Prozesse - und ist einer der weltweit führenden Anbieter betrugssicherer Wägetechnik.

Otto A. Schwimmbeck sieht ein bisschen aus wie ein Staatsmann. Wie er da sitzt, auf dem Stuhl, den Ellenbogen auf der Armlehne abgestützt, mit der linken Hand auf Augenhöhe gestikulierend – das hat was von Helmut Schmidt, nur ohne die Zigarette. Schwimmbeck kommt aus Augsburg, auch das unterscheidet ihn, hörbar. Das ganze Auftreten jedoch, das ist zweifelsohne hanseatisch: zurückhaltend, überlegt, selbstbewusst. Ein Kaufmann, ein Visionär, wie er im Buche steht.

Nur verständlich, dass seine Firma auch seine Initialen trägt: OAS. Unter diesem Namen machte sich der gelernte Industriekaufmann 1982 nach einigen Jahren im Außendienst mit einem kleinen Ingenieurbüro für Mess- und Wägetechnik in Achim selbstständig; 1989 zog er mit der Firma in den Technologiepark Bremen, vier Jahre später hat er 80 Mitarbeiter.

Viel mehr erzählt Schwimmbeck nicht aus dieser Gründungszeit, das hat der 71-Jährige schon zu oft getan. Wenn man wie er jeden Tag damit beschäftigt ist, der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein, hält man sich nicht lange mit der Vergangenheit auf.

Weltweit führend in Wägetechnik

Aber ein entscheidendes Detail fällt genau in diese Zeit – und bildet die Grundlage für den Erfolg des Unternehmens, das nach eigenen Angaben 40 Millionen Euro Umsatz im Jahr macht und derzeit 210 Mitarbeiter an fünf Standorten zählt, 175 davon in Bremen. Eine Erfindung, die man heute wohl eher aus dem Silicon Valley als aus einem kleinen Ort in Niedersachsen erwarten würde: Im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelte Schwimmbeck 1985 den ersten eichfähigen Computer der Welt. Wofür man diesen gebrauchen kann? Zum Beispiel, um manipulationssichere elektronische Waagen herzustellen und so Betrug und Diebstahl vorzubeugen. Und damit zu einem der weltweit führenden Anbieter industrieller Wägetechnik zu werden.

Längst steht OAS aber für mehr als Wiegen, Messen und Dosieren– der Bereich macht nur noch einen Bruchteil des Gesamtumsatzes aus, sagt Schwimmbeck. Statt mit der Wägetechnik lediglich einen Bereich der Produktion mitzugestalten, setzte sich OAS schnell ein neues Ziel: die Automation kompletter Prozesse. Dazu gehört neben der Planung und Realisierung der Anlagen auch die Steuerung über eine eigene Software. „Pronto“ heißt das Programm, mit dem Unternehmen alle Daten aus den Produktionsprozessen verwalten können. „Wir haben Big Data schon gedacht, als es den Begriff Industrie 4.0 noch nicht einmal gab“, sagt Schwimmbeck. Die zunehmende Digitalisierung spielt OAS nun in die Hände.

Die verbauten Anlagen lassen sich vom Bremer Standort aus steuern. „Das ist ein enormer Vertrauensvorschuss seitens unserer Kunden“, sagt der 71-Jährige. Vertrauen, das in mehr als 400 Geheimhaltungsabkommen zusätzlich abgesichert ist. Denn: Natürlich muss OAS bereits in der Planung der Anlagen alle Vorgänge in den Fertigungsprozessen bis ins Detail kennen, um Optimierungspotenziale zu entdecken. Die ganzen Daten dazu liegen auf Servern in dem Firmengebäude. Rezepte, Mischungsverhältnisse, Produktdetails, alles.

Datensicherheit als Herausforderung

Uwe Heidbreder, als Vorstand zuständig für Vertrieb und Marketing, führt aus dem Büro im Obergeschoss hinunter in den Serverraum. Heidbreder ist seit 1993 im Unternehmen, Schwimmbeck kannte ihn bereits, als er noch im Sandkasten spielte. Er schließt die Tür zum Serverraum auf: Hinter dickem Glas steht Technik bis unter die Decke, in abgeschlossenen Glasschränken.

Dahinter verlaufen Kabel kreuz und quer, es blinkt und surrt. „Zwei unterschiedliche Arten von Klimaanlagen sorgen rund um die Uhr dafür, dass es hier nicht zu heiß wird“, sagt Heidbreder. Ein herausforderndes Thema sei aber die Datensicherheit geworden. Mit der Softwarefirma Kaspersky, der Universität in Cambridge und weiteren Akteuren ist OAS deshalb Industriepartner der EU bei einem Projekt zu Hochsicherheitsnetzen.

Vernetzung ist auch das Thema beim sogenannten Yard-Management. Dabei werden mit speziell entwickelter Software Betriebsabläufe auf einer Fläche koordiniert. Hat die OAS AG früher lediglich Fahrzeugwaagen geliefert, stellt sie nun die komplette technische Infrastruktur zur Verfügung, mit der beispielsweise Ein- und Ausfahrten sowie Ent- und Beladevorgänge gesteuert werden. Im Untergeschoss des OAS-Gebäudes werden dafür Logistik-Terminals zusammengebaut und programmiert, an denen sich die Lkw-Fahrer eigenständig anmelden müssen.

2000 dieser Anlagen kommen deutschlandweit zum Einsatz, zum Beispiel in Güterverteilzentren großer Discounter. „Wie an einem Fahrkartenautomaten erhalten die Fahrer ein Ticket und gegebenenfalls auch einen Pager, mit dem sie dann über das Werksgelände geführt werden“, so Heidbreder. „Dadurch werden Durchlaufzeiten reduziert und der Aufwand bei der Abwicklung minimiert.“ Außerdem würden so weniger Fehler entstehen.

OAS bietet verknüpftes Know-how

Auch übernimmt OAS Planung und Umsetzung großer Produktionsanlagen. Heidbreder berichtet von einem gerade fertiggestellten Projekt. „Da haben wir vom 3D-Modell über die Montage bis zur After-Sales-Betreuung alles übernommen.“ Gebäude samt Technik mussten inmitten eines Kalksteinbruchs errichtet werden. Vier Jahre hat die Planungszeit in Anspruch genommen, die Umsetzung fünf Millionen Euro gekostet.

„Der Kunde hatte wenig Perspektive: Der alleinige Abtrag des Kalksteins, der anschließend als Straßenbelag genutzt wird, wäre wohl nur noch etwa 15 Jahre so möglich gewesen“, sagt Heidbreder. „Jetzt wird der gewonnene Kalk veredelt und für die Futtermittelindustrie genutzt.“

Diese Verknüpfung von Know-how aus verschiedenen Branchen sei eine der Stärken von OAS. „Wir haben früh versucht, die Erkenntnisse aus der einen Branche in die andere zu tragen – das ist unser Wettbewerbsvorteil“, sagt Heidbreder. Neu denken, Innovationen schaffen, passgenau entwickeln. „Wir sind sozusagen die Maßschneider unserer Kunden.“

Dies schützte OAS auch vor den Auswirkungen der Finanzkrise. „Durch diese breite Aufstellung und Flexibilität sind wir relativ krisensicher“, so Heidbreder. Gleichzeitig sei es so auch schwer, künftige Entwicklungen abzusehen, wirft Schwimmbeck ein. „Im Moment ist das Yard-Management ein Riesen-Hammer für uns. Aber wer weiß, welche Branchen uns dann demnächst am meisten beschäftigen.“ OAS sei vor allem kundengetrieben. „Was für uns zählt, ist der Erfolg – und nur der Erfolg“, sagt Schwimmbeck. So ist er eben: Ein Kaufmann, wie er im Buche steht.

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