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Bremens öffentliche Gesellschaften Gespräche über einen einheitlichen Betriebsrat

Bremen. "Das Thema ist hochaktuell", betont Wolfgang Jägers, Gewerkschafter und SPD-Abgeordneter, wenn er nach der Gründung eines Konzernbetriebsrats für die bremischen Gesellschaften gefragt wird. Doch die Initiative stößt längst nicht überall auf Begeisterung.
17.08.2010, 05:30 Uhr
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Gespräche über einen einheitlichen Betriebsrat
Von Wigbert Gerling

Bremen. 'Das Thema ist hochaktuell', betont Wolfgang Jägers, Regionalleiter der Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt und SPD-Abgeordneter, wenn er nach den Plänen zur Gründung eines Konzernbetriebsrats für die bremischen Gesellschaften gefragt wird. Und er untermauert dies mit einem Terminhinweis: Am Freitag sei ein Gespräch auf Staatsratsebene mit dem Finanzressort verabredet. Mit Rückenwind aus dem Bundesvorstand der Gewerkschaft sollten die Chancen für einen Tarifvertrag ausgelotet werden, der Grundlage für einen Konzernbetriebsrat Bremen sein könne.

'Konzern Bremen' - diesen Begriff führten bremische Politiker immer wieder im Munde, wenn sie staatliche Aufgaben, die zuvor in den Behörden bewältigt wurden, in eigenständige Betriebe auslagerten - oft in GmbHs. Die Palette reicht von der Parkplatzbewirtschaftung über das Veranstaltungsgeschäft bis zur Wirtschaftsförderung. Die Bilanz heute: Land und Stadt Bremen haben rund 45.000 Beschäftigte, davon sind etwa 28.000 unverändert im angestammten öffentlichen Dienst. Die anderen 17.000 arbeiten in Dutzenden von Unternehmen, die auf eine privatrechtliche Grundlage gestellt wurden.

Die Arbeitnehmervertretungen der Behörden haben mit dem Gesamtpersonalrat eine Dachorganisation. Sie verhandelt mit dem Senat auf Augenhöhe, wenn es beispielsweise gilt, generelle Richtlinien zu vereinbaren - ob es um Vorgaben für den Einsatz von Computern geht, um Fragen der Arbeitszeitkontrolle oder um Frauenförderung. Einen entsprechenden Zusammenschluss der Betriebsräte in den bremischen Unternehmen hingegen gibt es nicht.

Genau hier wollen Mitarbeitervertreter ansetzen, wenn sie am Freitag mit Senatsvertretern konferieren. Silvia Weinert, Mitglied im Betriebsrat der Wirtschaftsförderung Bremen, die als GmbH im Auftrag der Freien Hansestadt Bremen arbeitet, erklärte gestern, die Gründungsinitiative komme am nächsten Montag zusammen. Dann werde unter anderem beleuchtet, wie das Gespräch drei Tage zuvor mit Finanzstaatsrat Henning Lühr verlaufen ist. Zum Kreis der Aktivisten auf der Seite der Belegschaftsvertretungen gehörten gut zehn Betriebsräte - die Bremer Bäder GmbH sei dabei, aber beispielsweise auch die Glocke und der Ratskeller. Unterstützung komme zudem aus der Gewoba.

Auch reservierte Reaktionen

Allerdings: Die Initiative stößt nicht nur auf Unterstützung. In großen öffentlichen Sektoren - unter anderem in den Kliniken mit vielen Mitarbeitern und entsprechend großen Belegschaftsvertretungen - gibt es reservierte Reaktionen. Eine aufgestülpte Dachorganisation sei nicht notwendig und auch nicht praktikabel, so wird argumentiert, weil die Aufgabenfelder in den Unternehmen des 'Konzerns Bremen' so unterschiedlich seien, dass allenfalls ganz selten ein Schulterschluss bei der Vertretung von Interessen denkbar wäre. Und wo es thematisch kaum einen gemeinsamen Nenner gebe, müsse nicht krampfhaft eine übergeordnete Struktur installiert werden.

Das sehen die Vertreter der Gründungsinitiative anders. Und sie verweisen bereits auf ein Thema, das derzeit mehr und mehr für Gesprächsstoff sorge und ein gemeinschaftliches Vorgehen sinnvoll machen könnte. Dabei gehe es um das Begehren des öffentlichen Arbeitgebers, 'konzernweit' die Personaldaten der Beschäftigten abzufragen und zusammenzustellen. Schulabschluss, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Beschäftigungsverhältnis, Arbeitszeit - dies und noch manches mehr solle von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der bremischen Gesellschaften übermittelt werden - und zwar derart detailliert, so die Kritiker, dass die Mitbestimmung und womöglich auch Fragen des Datenschutzes berührt seien. Hier tue sich beispielsweise ein Betätigungsfeld für einen Konzernbetriebsrat auf.

'Wir fordern den Senat zur Aufnahme von Tarifverhandlungen auf', betonte gestern IG-BAU-Gewerkschafter Wolfgang Jägers, der sich dabei ausdrücklich auf ein entsprechendes Mandat seines Bundesvorstands beruft. Am Ende solle mit dem Senat ein Abkommen zur Gründung eines Konzernbetriebsrats unter Dach und Fach gebracht werden. Das Vorgehen sei 'mit ver.di abgestimmt'. Nun müsse sich zeigen, wie am Freitag das Gespräch im Finanzressort verlaufe.

Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her, dass die Überlegungen zur Gründung eines Konzernbetriebsrats für die bremischen Unternehmen erstmals öffentlich diskutiert wurden. Anlass war ein Gutachten des Arbeitsrechtlers Jürgen Maly, der im Auftrag von Betriebsräten - darunter die Belegschaftsvertretungen der Gewoba und der damaligen Hanseatischen Veranstaltungs-GmbH - die Möglichkeiten zur Gründung einer solchen Dachorganisation juristisch unter die Lupe nehmen und bewerten sollte.

'Es macht Sinn, dass eine solche direkte Gesprächsebene eröffnet wird,' lautete die Bilanz von Jürgen Maly damals. Eine übergreifende Interessenvertretung sei rechtlich möglich, so seine Analyse, wenn 'abhängige Unternehmen' von der Leitung eines 'herrschenden Unternehmens' eindeutig bestimmt würden. Maly: 'Bremen stellt gegenüber einer Vielzahl von Gesellschaften, die als privatrechtliche Unternehmen geführt werden, ein solches herrschendes Unternehmen dar'.

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