Bremen·Hamburg. Diese Personalie ist nicht nur aufgrund der Bedeutung des Unternehmens wichtig: Erstmals in der Geschichte der HHLA steht künftig eine Frau an der Spitze der Hamburger Hafen und Logistik AG.
Managerin Angela Titzrath (49) wird vom 1. Januar 2017 an neue Vorstandschefin des Terminal-Betreibers. Sie ist damit Nachfolgerin des zum Jahresende ausscheidenden Klaus-Dieter Peters. Der Aufsichtsrat berief Titzrath, die schon für Daimler und die Deutsche Post im Topmanagement gearbeitet hat, damit auf einen der hochrangigsten Posten in der Hamburger Wirtschaft.
Noch eine weniger – von dieser Resignation war dagegen zu lesen, als Titzrath 2014 aus dem Vorstand der Post ausschied, wo sie für das Personal zuständig war. Will meinen: Noch eine Frau weniger im überschaubaren Kreis derer, die es bis in diese Hierarchieebenen geschafft haben. Bis heute haben Unternehmen Schwierigkeiten damit, Frauen in Führungspositionen zu besetzen – auch in Bremen.

Angela Titzrath
Ob Ursula Carl, die Chefin des Atlantic Grand Hotels, Tanja Woltmann-Knigge, Geschäftsführerin des Autohauses Woltmann, oder Angelika Saacke-Lumper vom Technologieunternehmen Saacke – erfolgreiche Unternehmerinnen kennt Dagmar Thalau, selbst Agenturchefin und Vorsitzende des Landesverbands Deutscher Unternehmerinnen (VDU), einige. Doch es sind am Ende nicht genug, kritisiert sie: „Wir sind weit von der Chancengleichheit entfernt. Wir teilen uns in fast allen Lebenslagen die Aufgaben, jedoch nicht im Berufsleben.“
Die Struktur des Standorts sei vielleicht ein Grund, warum Bremen nur wenige Frauen in Führungspositionen vorweisen kann, sagt Thalau. „Unsere Wahrnehmung ist es, dass die Wirtschaft und Industrie vor allem durch traditionell männlich verankerte Berufe geprägt ist, sei es maritime Wirtschaft, Automobil oder Luft- und Raumfahrt.“ Ihr Verband fordert deshalb, dass sich die hier ansässigen Unternehmen mehr öffnen – gerade bei Spitzenpositionen für Frauen.
Auch Martin Günthner, Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, sagt, dass es in den von Männern dominierten Branchen für Frauen bis heute schwierig sei. „Hier sind Frauen an der Spitze immer noch die Ausnahme.“ Der Aufstieg in der Hierarchie sei leichter, wenn der Anteil von Frauen in der Branche insgesamt höher sei. „In jenen Bereichen der Wirtschaft haben Frauen höhere Chancen, eine Führungsaufgabe zu übernehmen.“
Eine Studie im Auftrag des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit bestätigt die von Thalau festgestellte Ungleichheit. Demnach waren im Jahr 2014 die obersten Führungspositionen von zwei Drittel der Bremer Betreibe ausschließlich mit Männern besetzt. Nur in 29 Prozent der Betriebe gab es dort mindestens eine Frau.
Unter oberster Führungsebene versteht die Studie, für die knapp 900 Firmen befragt wurden, Geschäftsführung, Filial- oder Betriebsleitung, Inhaberschaft oder Mitgliedschaft im Vorstand. Die Branchen klafften dabei auseinander: Während im Bereich öffentliche Verwaltung, Dienstleistung sowie im Gesundheits- und Sozialwesen je fast die Hälfte aller Betriebe Frauen in Führungsebenen hatte, waren es im Baugewerbe oder der Logistik etwa nur um die zehn Prozent.
Bert Cecchia, Referent der Handelskammer Bremen und zuständig für den Bereich Unternehmerinnen und Frauen in Führungspositionen, kann aus der aktuellsten Studie zum Thema jedoch auch etwas Positives herauslesen. „Bremen hat im Vergleich zur vorherigen Beobachtung zum Bundestrend aufgeholt.“ 2008 und 2012 lag das Bundesland noch deutlich hinter dem Durchschnitt. Außerdem stehe Bremen im Vergleich zu anderen westdeutschen Großstädten etwas besser da. Doch auch Cecchia sieht noch Handlungsbedarf: „Eine weitere Entwicklung ist hier dringend nötig.“ Eine gemeinsame Initiative der Handelskammer, unter anderem mit dem VDU, setze genau an diesem Punkt an.
Der Initiative gehört auch das Bremer Netzwerk Business and Professional Women (BPW) an. Deren Vorsitzende Dagmar Geffken spricht weiterhin von einem Problem mangelnder Gleichberechtigung. „Es gibt genügend qualifizierte Frauen, aber sie werden nicht berücksichtigt.“ Das sei allerdings nicht bremenspezifisch. Als Konzern in teilweise öffentlicher Hand falle es der HHLA leichter, eine Frau zur Chefin zu machen. „Die Politik kann da besser steuern.“ Mehrheitseigner des Hafenkonzerns ist die Stadt Hamburg.
Etwas habe sich aber zumindest bei Familienunternehmen verändert: dass Väter ihren Töchtern heute hochrangige Stellen anbieten. „Das gab es früher auch nicht. Die Posten wurden lieber an den Schwiegersohn oder an Fremde vergeben.“ Politikerin Lencke Steiner (FDP) gehört etwa zur Geschäftsführung des Familienunternehmens W-Pack-Kunststoffe, ebenso wie Julia Dettmer in der Leitung der Reederei Dettmer ihres Vaters sitzt.
Vor einigen Jahren hat die neue HHLA-Chefin anderen Frauen, die in Führungspositionen gelangen wollen, in einem Interview Hoffnung gemacht: „Letztendlich setzt sich Leistung durch.“ Der Satz könnte auch als Forderung verstanden werden.