Vor dem offiziellen Auftritt organisiert sich Robert Habeck kurz entschlossen einfach noch einen weiteren Auftritt selbst. Eigentlich soll der Bundesvorsitzende der Grünen in wenigen Minuten auf dem Marktplatz auf der Bühne stehen und den Bremer Bundestagskandidaten seiner Partei, Kirsten Kappert-Gonther und Michael Labetzke, zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl Rückenwind geben.
Aber gerade hat Habeck von einem Reporter erfahren, dass nebenan am Rathaus seit 138 Tagen Klimaaktivisten ein Camp aufgeschlagen haben. „Da will ich hin“, sagt Habeck zu seinem Wahlkampfteam, das ihn begleitet, „zu den jungen Leuten.“ Also macht sich Habeck auf den Weg, seine Mitstreiter im Schlepptau. Er hockt sich zu den Aktivisten, stellt zwei, drei Fragen, hört interessiert zu. Zum Abschied wünscht er ihnen „viel Glück“. Gleich muss er auf die Bühne.
Die Grünen schicken in diesen Wochen bereits zum zweiten Mal ein prominentes Gesicht nach Bremen. Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock war erst Mitte August zu Gast. Jetzt also Habeck, am Abend muss er auch noch nach Hannover, am nächsten Tag dann nach Fulda und Frankfurt. 35 Minuten lang wird er sprechen, frei, ohne Manuskript. Er hat die Rede so oder so ähnlich in den vergangenen Wochen vermutlich häufiger gehalten, die Bremer hören sie zum ersten Mal.
Robert Habeck rechnet in Bremen mit der CDU ab
Habeck rechnet ab mit 16 Jahren CDU-Regierung unter Angela Merkel, spricht von einer „Kultur der Bequemlichkeit“, von fehlenden Antworten und Verantwortungslosigkeit. „Eine Regierung, in der es niemand gewesen sein will, braucht kein Mensch“, ruft Habeck ins Mikrofon. Als Gegenentwurf dazu baut der 52-Jährige in der „Schicksalsfrage der Menschheit“, gemeint ist natürlich die Klimakrise, seine Partei, die Grünen, auf. Ein zentraler Satz in seinen Ausführungen lautet: „Wir stehen für eine Politik, die sich traut, dieser Gesellschaft unangenehme Debatten zuzumuten.“
Vier, fünf Mal spendet das Publikum, mehrere Hundert Zuhörer sind gekommen, tosenden Applaus und jubelt. Eineinhalb Stunden dauert die Veranstaltung, auf der auch Kappert-Gonther, Labetzke und Umweltsenatorin Maike Schaefer engagierte Worte finden. Der Eindruck ist, dass die Grünen an diesem Tag auf dem Marktplatz ein Heimspiel haben. Außer vielleicht bei den Klimacamp-Aktivisten. Die lassen sich lange Zeit nämlich nicht hinüber locken zur Bühne. Erst spät schaut einer von ihnen kurz vorbei, Habeck gucken, aber da ist die Veranstaltung schon fast zu Ende.