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Bremer Innenstadt Der Senat hat sich beim City-Plan verhoben

Zuerst scheitert das Zech-Projekt für die Bremer Innenstadt, und jetzt droht Gleiches beim wichtigen ehemaligen Sparkassengelände am Brill. Was macht der Senat falsch? Vieles, meint Jürgen Hinrichs.
04.07.2022, 17:53 Uhr
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Der Senat hat sich beim City-Plan verhoben
Von Jürgen Hinrichs

Fünf Jahre zurück: Auf dem Schreibtisch von Erika Becker liegen Pläne, sie sind fertig und müssen nur noch beschlossen werden. Die Chefin der städtischen Parkhausgesellschaft Brepark will die Läden in der Bremer Lloyd-Passage umbauen lassen. Sie sollen einen neuen Zuschnitt bekommen, attraktiver werden, um hochwertige Mieter zu finden. Die Arbeiten sind mit rund fünf Millionen Euro veranschlagt, das Geld dafür ist da. Doch dann kommt alles anders.

Kurt Zech hebt die Hand. Nicht kleckern in der Bremer Innenstadt, sondern klotzen, sagt der Unternehmer. Er bietet an, die Flächen rund um das Parkhaus Mitte zu entwickeln. Eine neue Verlockung, nachdem zwei Jahre zuvor das Großprojekt eines City-Centers am Ansgarikirchhof gescheitert war. Der Senat kann nicht widerstehen, er wischt die Pläne der Brepark vom Tisch und setzt mit Zech alles auf eine Karte. Dumm nur, dass diese Karte nicht sticht, wie sich jetzt herausgestellt hat. Alles vorbei, alles vergebens. Fünf verlorene Jahre. Ein Riesenproblem für die Innenstadt, nicht das einzige.

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Fast zeitgleich zeichnet sich ab, dass auch die Träume für das 11.000 Quadratmeter große ehemalige Sparkassengelände am Brill platzen werden. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte vor einem Jahr mit großer Euphorie angekündigt, dort bis zu 8000 Studierende der Universität einziehen zu lassen. Junge Leute in der City, quirliges Leben, Gründergeist, Kaufkraft – eine schöne Vorstellung. Andere im Senat waren schon damals skeptisch, ob der Weg zu diesem Ziel richtig gewählt ist. Sie wollten vorsichtiger sein als der Bürgermeister und fanden es unklug, sich für die Universität in der Innenstadt auf einen Standort zu versteifen. Wie es aussieht, waren diese Bedenken berechtigt.

Der Senat und die Eigentümer des Areals liegen bei ihren Preisvorstellungen meilenweit auseinander. Eine Einigung scheint unmöglich. Mit schwerwiegenden Folgen, denn wenn die Uni nicht kommt, wer ist es dann, der diese wichtige Fläche zwischen City und Stephaniviertel in Beschlag nimmt? Die Gefahr ist groß, dass eine Brache entsteht – jahrelanger Stillstand mit Mietern, die für ein paar Euro pro Quadratmeter eine Art Zwischennutzung betreiben. Den Eigentümern reicht das, um die Banken zu bedienen. Sie können getrost abwarten, bis die Stadt so weich gekocht ist, dass sie auf bald jede Forderung der Investoren eingeht.

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Vor allem die Grünen haben früh darauf aufmerksam gemacht, wie sehr die Stadt sich ausliefert, wenn sie beim Umzugsplan für die Universität nicht in verschiedenen Varianten denkt und sie auch konkret vorbereitet. Nun könnte es zwar auf diese Standortalternativen in der Innenstadt hinauslaufen, das ehemalige Landesbank-Gebäude am Domshof wäre so eine. Aber wieder ist wie schon beim Zech-Projekt einige Zeit ins Land gegangen und einiges Geld für die Planung geflossen, um am Ende mit leeren Händen dazustehen.

Der Kardinalfehler beim Sparkassengelände war, dass Bremen es nicht selbst gekauft hat, um über die Entwicklung zu bestimmen. Diesen Fehler zu korrigieren, misslang bislang in den Gesprächen. Der Eigentümer weiß genau, welch ein Pfund er in der Hand hat und ruft für den Verkauf der Fläche und Immobilien dem Vernehmen nach Mondpreise auf.

Dem Senat geht bei der Innenstadtentwicklung die Gabe ab, einerseits vorausschauend zu handeln und andererseits im konkreten Fall die richtige Taktik anzuwenden. Beim Parkhaus Mitte ist seit ewigen Zeiten klar, was einen Abriss erschwert oder gar unmöglich macht. Zech traute man es trotzdem zu. Warum? Nur weil er selbst glaubte, den Knoten lösen zu können?

Beim früheren Sparkassengelände wiederum wurden zunächst Chancen verpasst, als die Fläche noch zu haben war, um danach mit den neuen Eigentümern dermaßen ungeschickt zu verhandeln, dass es nicht mehr lange dauern dürfte, bis das Ende der Sackgasse erreicht ist. Cleverness oder Gerissenheit? Fehlanzeige. Der Senat wirkt eher tapsig, was befürchten lässt, dass der Innenstadt trotz einiger kleinerer Projekte, die gelingen könnten, weiterhin schwere Zeiten bevorstehen.

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