In der Nacht von dem 9. auf den 10. November 1938 wurden in Deutschland 91 Juden ermordet und etwa 30.000 verhaftet. Zum Gedenken der Opfer der Reichspogromnacht finden auch in diesem Jahr im Land Bremen einige Veranstaltungen statt. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel gab es in Deutschland vermehrt antisemitische Ausschreitungen. Die Polizei Bremen werde die Gedenkveranstaltungen daher angemessen schützen und begleiten. Die Sicherheitslage werde laufend überprüft und die Maßnahmen würden dementsprechend angepasst werden, teilte die Polizei auf Anfrage des WESER-KURIER mit. Die Bremische Bürgerschaft, der Magistrat Bremerhaven und die Senatskanzlei setzen auf diese erhöhten Sicherheitsmaßnahmen der Polizei und hatten keine Bedenken, ihre Veranstaltungen abzuhalten: "Es wäre das falsche Signal, so etwas jetzt abzusagen", teilte die Bürgerschaft mit. "Wir hatten schon etwas Herzklabaster, aber die Polizei hat für uns ein Sicherheitskonzept erstellt, und wir haben eine sehr verständnisvolle Nachbarschaft", erklärt Stefan Weitendorf von der Evangelischen Gemeinde Gröpelingen.
Bremische Bürgerschaft: Gedenkstunde am Mahnmal vor dem Landherrnamt
Am 9. November erinnern die Mitglieder der Bremer Bürgerschaft am Mahnmal vor dem Landherrnamt in der Dechanatstraße an die Bremer Opfer der Novemberpogrome von 1938. Fünf Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens wurden in der Nacht auf den 10. November ermordet.
In diesem Jahr wurde die Veranstaltung der Bürgerschaft mit einer Partnerschule geplant. Schüler und Schülerinnen der Oberschule Kurt-Schumacher-Alllee haben sich bei gemeinsamen Projekten mit dem Thema "Widerstand" befasst und sich mit Widerstandskämpferinnen und -kämpfern beschäftigt, deren Namen auch zum Teil in Straßennamen in der Vahr wiederzufinden sind. Die Ergebnisse der Projekte werden am 9. November um 8.45 Uhr mit der Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer präsentiert.
Zu der Gedenkfeier um 11 Uhr am Mahnmal hat die Bürgerschaft in diesem Jahr die Zeitzeugin Tova Pagi aus Israel zu Gast. Die 90-jährige Auschwitz-Überlebende ist bis heute in der Erinnerungs- und Bildungsarbeit aktiv. Trotz des Angriffs auf Israel wolle sie es sich nicht nehmen lassen, in Bremen zu sprechen, so die Bürgerschaft.
Bremer Senatskanzlei: Die Nacht der Jugend im Rathaus
Am 8. November öffnet das Bremer Rathaus seine Tore für Jugendliche. In diesem Jahr steht die Veranstaltung unter dem Motto "Wieder sprechen" und lädt dazu ein, sich mit der Erinnerung an die Reichspogromnacht auseinanderzusetzen. An dem Abend sollen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Menschenwürde und Menschenrechten auseinandersetzen. Unter dem Leitgedanken "Unsere Zukunft hat Geschichte" ermöglicht die Nacht der Jugend den jungen Menschen, sich mit musikalischen, künstlerischen, sportlichen und kulturellen Beiträgen neu mit der Geschichte auseinanderzusetzen und sich gemeinsam und öffentlich für Solidarität, Respekt und Zivilcourage zu engagieren. Auf der Veranstaltung werden sich die Zeitzeugen Iva Buterfas-Frankenthal und Tova Pagi den Fragen der Jugendlichen stellen.
Kulturkirche St. Stephani Bremen: Rundgang zu den Stolpersteinen
Am 9. November um 15 Uhr findet ein kostenfreier Rundgang zu den Stolpersteinen im Stephani-Quartier statt. Sie erinnern an die Mordopfer der NS-Zeit. Der Rundgang startet am Nordeingang der Kulturkirche St. Stephani. Er dauert etwa 90 Minuten und wird vom pensionierten Pastor Friedrich Scherrer geleitet.
Evangelische Gemeinde Gröpelingen: Erinnerung an die Reichspogromnacht
Am 9. November um 16 Uhr werden im Breitenbachhof beim Stolperstein Blumen niedergelegt. Anschließend wird eine Mahnwache an der Gedenkstelle vor dem ehemaligen jüdischen Altersheim in der Gröpelinger Heerstraße abgehalten. Die Gedenkveranstaltung endet im Torhaus Nord in der Liegnitzstraße, wo im Gespräch zwischen Mircea Ionescu, Vorsitzende der jüdischen Menorah Gemeinde Bremen/Bremerhaven, und Pastorin Nina Kleinsorge der Frage nachgegangen wird, wie ein angemessenes Gedenken an die Shoah aus jüdischer Sicht gelingen kann.
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Aumund: Gedenken an den 9. November
Jüdische Bürger erwarben 1834 ein Grundstück an der heutigen Ecke Neue Straße/An der Aumunder Kirche und errichteten dort eine Synagoge. Am Morgen des 10. November 1938 wurde der Aumunder Bürgermeister dazu aufgefordert, die Synagoge abzubrennen. Um dieses Verbrechens zu gedenken, wird im Gemeindehaus Alt-Aumund um 17 Uhr eine szenische Lesung stattfinden und um 18.30 Uhr auf dem Jacob-Wolff-Platz ein Gedenken mit Redebeiträgen der Internationalen Friedensschule Bremen-Nord stattfinden.
Magistrat Bremerhaven: Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung
Am 9. November findet um 17 Uhr die öffentliche Gedenkveranstaltung am Synagogengedenkstein in der Ludwigstraße statt. Hierbei wird Dr. Hermann Kuhn, Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Bremen, eine Rede vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse halten. Anschließend wird das traditionelle Totengebet, das Kaddisch, gehalten werden.