Abends besitzt der Schnoor einen ganz eigenen Charme: verträumt, heimelig, historisch – kurz: schön! Dieses Wohlgefühl hob das „Schröter’s“ auf die nächste Ebene. Die Mischung aus Bistro und edlem Restaurant, aus groben Korbmöbeln und modernen Ledersesseln, aus mediterranem Terrakottaanstrich und schwarzen Noten strahlten einen herrlichen, unaufdringlichen Schick aus. Kerzen, Blumen und ein wohliges Beleuchtungskonzept perfektionierten das Ambiente. Was für den Gast aber noch viel wichtiger ist: Hier gab es nicht nur eine schöne Kulisse, sondern es stimmten die Details.
Zu keiner Zeit fühlte man sich allein gelassen oder musste mühsam auf sich aufmerksam machen. Immer weilte ein Kellner in der Nähe. Meine Begleitung und ich fühlten uns von Beginn an gut aufgehoben. Das ist wichtig. Zwei bis drei Stunden können sonst zäh werden. Im „Schröter’s“ griff alles ineinander. Das Servicepersonal betrieb Konversation – nicht zu viel, nicht zu wenig. Auf dem Tisch lief es wie ein Räderwerk, der Gast musste, nein, sollte nicht mit anpacken. Frei nach dem Motto: Setz′ Dich hin, wir kümmern uns um alles, du sollst nur genießen. Ach, ist das schön!
Kaum saßen wir an einem der hinteren, geräumigen Tische im Sommer-Winter-Garten, standen auch schon eine angenehm abgeschmeckte Käsecreme, grüne und schwarze Oliven, Fleur du Sel und ein kräftiges Öl da. Dazu reichte die Küche als wohltuende Alternative zum üblichen Baguette ein dunkles Körnerbrot mit einer grandiosen Kruste. Als zweiten Gruß aus der Küche ließ der Koch eine Interpretation von Vitello Tonnato mit einer köstlichen Kaperncreme auftragen. Daneben lag ein ganz, ganz kurz gebratener Thunfischwürfel von allerbester Qualität. Was für ein Start!
Dazu passte der Kaiken Terrour Series Corte Malbec aus Argentinien, der eine Schau abzog. Bereits als ihn der Kellner servierte, verströmte er sein Bouquet. Die doch üppigen 8,60 Euro für das 0,2-Liter-Glas waren gut investiert. Zumal er als kräftiger Roter trotzdem stets dem Essen den Vortritt ließ. Allein das zeigte, wie der Koch auf den Punkt arbeitete und würzte, und das über alle Gänge hinweg, was besonders ins Gewicht fiel, da ich mich für das Drei-Gänge-Menü (39,90 Euro) entschied.
Das Zweierlei vom Schottischen Wildlachs (15,90 Euro) meiner Begleitung stellte sich einerseits als gefüllte Lachscrêpes mit einer feinen pikanten Guacamole und andererseits als Lachsmousse mit einer unglaublichen Dillfrische heraus. Mein Pulpo-Brotsalat mit Fenchel, Chorizo, Rucola und schwarzer Aioli kam angenehm lauwarm daher und war pfiffig mit einer Vinaigrette, die fast schon einem Kräuterbalsam glich, abgeschmeckt. Einzig und allein die Croûtons sogen sich beim Anrösten etwas zu viel mit Fett voll.
Übrigens: Erwähnte ich schon, dass dieses Haus auf Details achtet? Den tiefen Teller mit Wellenrand dekorierte der Koch natürlich nicht mit der in vielen Häusern arg strapazierten Balsamico-Creme, sondern er setzte an zwei Ecken jeweils vier kleine Kleckse Tinte, was thematisch den Pulpo auffing. Ja, im „Schröter’s“ kommt nichts unüberlegt auf den Teller. So glich das Suprême vom Kikok-Hähnchen mit Avocado, roh marinierter Mango, Gewürzspirelli und Erbsenpüree mit seinen kräftigen Farben einem Gemälde. Ähnlich wie der Verlauf der Farben flossen auch die Geschmacksrichtungen des weichen Fleischs, der Mango und des Erbsenpürees ineinander und ergaben zusammen eine neue Note. Die gleiche Freude verspürte meine Begleitung mit dem Klassiker auf der Karte: gebratene Blutwurst (13,90 Euro). Das mag erst einmal ziemlich kernig, grob, derb klingen. Doch der Koch machte daraus ein Edelgericht, indem er die Blutwurst auf Kartoffelmousseline und Apfelkompott bettete und frisch gehobeltem Meerrettich darüber streute. Die Würze der Wurst besaß für sich schon einen vollen Charakter, aber mit den Komponenten reifte sie zu etwas Angenehmem.
Wer im eigenen Haus eine Patisserie integriert, spielt gerne mit Schokolade. Das spiegelte sich bei den Nachtischen wider. Die Schokoladen-Crème-Brulée (9,90 Euro) war nicht nur aufgrund des Schokogehalts eine Wucht, sondern knackte beim Anstechen, so wie sie sein muss. Der hausgemachte Schokoladenpudding von schwarzer Schokolade mit Zweierlei von der Pflaume (Kompott und Sorbet) rundete mein Menü ab.
Fazit: Bevor der Gast hier das Besteck in die Hand nimmt, sollte er die Meisterwerke auf dem Teller betrachten. Nach dem Augenschmaus folgt der lukullische Genuss.
Schröter‘s Leib und Seele, Schnoor 12-14, 28195 Bremen, Telefon: 0421 32 66 77, Montag bis Donnerstag von 12 bis 15 und 18 bis 1 Uhr, Freitag bis Sonntag von 12 bis 1 Uhr, barrierefrei, Internet: www.schroeters-schnoor.de