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Kontroverse um Kontrollen Schwarzarbeit wird in Bremen zu wenig überprüft

Der Zoll Bremen überprüft zu wenig Betriebe auf Schwarzarbeit - sagt die IG Bau. Im ersten Halbjahr sei die Prüfzahl um 30 Prozent gesunken, während sie in anderen Regionen gestiegen sei.
05.11.2017, 21:32 Uhr
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Von Elke Hoesmann

Der Zoll in Bremen tut zu wenig gegen Schwarzarbeit. Diese Auffassung vertritt die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau). Sie kritisiert, dass die Zahl der Betriebsprüfungen auf dem Gebiet des Hauptzollamts Bremen zurückgegangen ist. So seien im ersten Halbjahr 2017 mit 260 Betrieben 30 Prozent weniger kontrolliert worden als im Vorjahreszeitraum. In vielen anderen Regionen dagegen seien die Zahlen gestiegen, so die IG Bau. Die Gewerkschaft vermutet, dass Personal fehlt.

Für derartige Prüfungen zuständig ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamts Bremen. Die Zöllner der FKS kommen unangemeldet in die Betriebe, auf den Bau, ins Lokal. Sie lassen sich Papiere zeigen, stellen Fragen: Wird unter Mindestlohn gezahlt? Gibt es illegal Beschäftigte? Sind Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten worden? Nach Ansicht der IG Bau könnten sie aber noch mehr tun: „Fast alle Hauptzollämter haben in den ersten sechs Monaten mehr kontrolliert – anders als Bremen“, sagt Wolfgang Jägers, bei der IG Bau zuständig für die Region Weser-Ems. Er verweist auf Angaben des Bundesfinanzministeriums. Danach legten die Hauptzollämter in Osnabrück und Oldenburg im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 27 Prozent zu (1138 Kontrollen).

Qualitative Kontrollen wichtig

Jetzt müsse auch die FKS Bremen nachziehen, fordert Jägers. Gingen die Kontrollen so deutlich zurück, hätten Wirtschaftskriminelle ein zu leichtes Spiel. Eine schlüssige Erklärung für das Minus im Bremer Bezirk kann er nicht liefern. Vielleicht sei es ein temporäres oder doch ein strukturelles Problem, sagt Jägers. Für den Gewerkschafter und ehemaligen SPD-Bürgerschaftsabgeordneten steht fest, dass die Zahlen steigen müssen. „Da müssen mehr Leute ran.“ Schwarzarbeit lasse sich nur durch mehr staatliche Kontrolle wirksam bekämpfen.

Das bezweifelt Harald Hobbie, Leiter der FKS beim Hauptzollamt Bremen und stellvertretender Behördenleiter. Mehr Kontrollen führten nicht zwingend dazu, dass mehr Verstöße aufgedeckt würden, sagt er. Hohe Prüfzahlen seien kein Erfolg an sich, wichtiger seien die Ergebnisse danach. „Erst wenn die Kontrollen zu Ermittlungsverfahren führen, wird es interessant. Und da stehen wir in Bremen gut da.“ Qualität gehe vor Quantität. So prüfe die FKS seit einigen Jahren vorrangig dort, wo es erfahrungsgemäß zu Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung komme. „Damit sind wir insgesamt effektiver geworden.“ Kontrollen seien lediglich ein Aspekt in einem Gesamtpaket.

Gewerkschafter Jägers will gar nicht in Abrede stellen, dass qualitative Kontrollen wichtig seien. Aber wer auf Qualität setze, müsse auch häufig kontrollieren. Denn nur mit ausreichender Quantität lasse sich die Qualität steigern, sagt er. Die IG Bau fordert seit Jahren mehr Personal zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung. Mit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns Anfang 2015 wurden die Kontrollaufgaben des Zolls erweitert, dafür sind bundesweit zusätzliche Stellen vorgesehen, die aber noch längst nicht alle besetzt sind. Das müsse schneller gehen, verlangt die IG Bau.

Zahlen nur Momentaufnahme

„Neue Mitarbeiter wachsen ja nicht auf Bäumen, die müssen erst zwei bis drei Jahre ausgebildet werden“, kontert Hobbie. Bei der personellen Ausstattung werde bundesweit nach denselben Kriterien vorgegangen. Für das Hauptzollamt Bremen sei Personal „im erforderlichen Umfang“ vorhanden. Natürlich wäre es schön, mehr Mitarbeiter zu haben, räumt er ein. „Aber die Ressourcen sind endlich, wie überall.“ Dass sich die Zahl der Arbeitgeber-Kontrollen im Zollbezirk Bremen innerhalb weniger Jahre fast halbiert hat – von 1243 (2013) auf 685 (2016) –, liegt laut Hobbie auch an den vielen präventiven Kontrollen in früheren Jahren. „Damals wollten wir uns überall sehen lassen und deutlich machen, dass Schwarzarbeit keine Bagatelle ist.“ Um 2014 habe man bundesweit umgesteuert und den Schwerpunkt auf Qualität gelegt.

Für den FKS-Leiter sind die vorgelegten Zahlen nur Momentaufnahmen. Werde beispielsweise in Oldenburg eine große Baustelle kontrolliert, schnellten die Zahlen in dem Bezirk für eine gewisse Zeit in die Höhe, aber sie gingen irgendwann auch wieder herunter. „Ja, wir haben früher mehr geprüft“, sagt er. „Aber wir haben heute mehr Erfolg.“ 2358 Strafverfahren seien 2016 im Bereich der FKS Bremen eingeleitet worden, dabei habe sich die Zahl der ausgesprochenen Freiheits- und Geldstrafen im Vergleich zu 2015 deutlich erhöht. Bis Ende dieses Jahres werde es voraussichtlich etwa 2700 eingeleitete Strafverfahren geben, also fast 400 mehr.

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