Haushalts- und Finanzpolitik gehört nicht zu den Politikfeldern, mit denen man Wähler ohne Weiteres für sich begeistern kann. Die Zusammenhänge sind kompliziert, die Entwicklungen langwierig, äußere Einflüsse wie die Zinsentwicklung und die Konjunktur spielen eine erhebliche Rolle. In Bremen dürfte allgemein zweierlei klar sein: Das Land sitzt auf einem enormen Schuldenberg, und es hat seine Ausgaben in den vergangenen Jahren deutlich drosseln müssen. Kritiker sprechen von „Kaputtsparen“.
Die Haushalts- und Finanzpolitik des rot-grünen Senats wird aktuell von knapp zwei Drittel der Befragten kritisch beurteilt: Sie sortierten sich als eher nicht zufrieden ein, 31 Prozent der Umfrageteilnehmer äußerten sich zufrieden. Der Wert hat sich, eingedenk der üblichen Schwankungsbreite von Umfragen, im Vergleich zu April 2018 nicht verändert. Von den Befragten, die den Grünen und der SPD Sympathien entgegenbringen, zeigte sich knapp die Hälfte mit der Haushaltspolitik zufrieden.
Ein Kern der Oppositionsarbeit
Die rot-grüne Regierung mit der grünen Finanzsenatorin Karoline Linnert an der Ressortspitze hat vor zwölf Jahren ein schweres Erbe angetreten: Wie die Vorgängerregierungen sah sie sich zur Haushaltssanierung gezwungen, allerdings unter dem Druck der Schuldenbremse und der Beobachtung durch den Stabilitätsrat des Bundesfinanzministeriums. Die Vorbedingung der Haushaltspolitik fasst der Koalitionsvertrag so zusammen: „Unser Land Bremen befindet sich nach wie vor in einer extremen Haushaltsnotlage.“
Die Sparanstrengungen bekamen die Bremer zu spüren, beispielsweise die Folgen des Personalabbaus: Unter anderem in der Wohngeld-, der Elterngeldstelle, im Stadt- und im Standesamt türmten sich unbearbeitete Anträge. Die Ämter wurden daraufhin umstrukturiert, das Bürgertelefon eingerichtet, um Behördenanliegen besser zu steuern.

Für die Linken ist die rot-grüne Sparpolitik ein Kern ihrer Oppositionsarbeit: Sie fordern, die Schuldenbremse zu ignorieren und den Spardruck zu mindern. Die CDU, die in den Jahren der Großen Koalition (1995-2007) eine Strategie des Sparens und Investierens verfolgt hatte, bemängelt den Rückgang an Investitionen. Die Wirtschaft wurde verärgert, als der Senat 2017 die Gewerbesteuer anhob – vorübergehend, wie versprochen wurde. Dass es der rot-grünen Landesregierung gelingen könnte, den Auflagen der Schuldenbremse gerecht zu werden, wurde lange bezweifelt. Doch in dieser Wahlperiode zeichnet sich ab, dass die Konsolidierung zu gelingen scheint, begünstigt durch die gute Konjunkturlage und hohen Steuereinnahmen sowie die niedrigen Zinsen.
In die Amtszeit von Karoline Linnert und Carsten Sieling fällt die Einigung auf einen neuen Länderfinanzausgleich im Sommer 2017. Der Kompromiss kommt Bremen entgegen: Der horizontale Ausgleich zwischen den Bundesländern fällt weg, und damit werden Auseinandersetzungen zwischen Nehmer- und Geberländern vor dem Bundesverfassungsgericht der Vergangenheit angehören. Der Bund trägt alleine die finanziellen Lasten, die hilfsbedürftige Bundesländer wie Bremen weiterhin brauchen.
Ein Plus von rund 487 Millionen Euro wird Bremen im Etat verbuchen können. Aus der erhofften Altschuldenregelung wurde nichts. Bremen ist zwangsverpflichtet, mit einem Teil des sogenannten Belastungsausgleichs Schulden zu tilgen. Dem größeren finanziellen Spielraum stehen bereits eine Reihe von Plänen und Begehrlichkeiten gegenüber.
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