Bremen. Viele Menschen denken beim Thema Bodybuilding in erster Linie an Männer und Frauen mit monströsen Muskelbergen. Dass Profi-Bodybuilding auch anders aussehen kann, zeigt Chris Dempfle. Der 32-jährige Bremer tritt erfolgreich in der neuen Klasse Men‘s Physique an. Hierbei liegt der Fokus auf der Ästhetik, nicht auf der puren Muskelmasse.
Chris Dempfle verkörpert nicht das klischeehafte Bild eines Bodybuilders – und dennoch ist er einer. Einer allerdings, der nicht vor lauter Muskelmasse aus allen Nähten platzt. Sein Körper gleicht eher dem von Adonis. Ähnlich wie beim griechischen Gott der Schönheit sitzt alles perfekt durchtrainiert am rechten Fleck. Erfolgreich ist der 32-Jährige in seiner Sportart obendrein. Ihm gelang Ende des vergangenen Jahres Einzigartiges: Binnen kürzester Zeit schaffte der Bodybuilder den Sprung vom Amateurbereich ins Profi-Geschäft der neu geschaffenen Klasse Men‘s Physique. „Von null auf 100 in nur fünf Wochen“, sagt der Bremer.
Im November trat Dempfle nämlich erst dem Deutschen Bodybuilding und Fitness-Verband (DBFV) bei. Es folgte der Titel bei den Norddeutschen Meisterschaften und zwei Wochen darauf Platz drei bei den Deutschen Titelkämpfen. Wiederum keine 14 Tage später stand er beim 1. Ben Weider Diamond Cup auf der Show-Bühne in Athen. Es war die erste sogenannte „Pro Qualifier“–Show des Weltverbandes IFBB in Europa – bis dato fanden die großen Veranstaltungen ausschließlich in den USA statt.
Chris Dempfle setzte sich gegen 15 Konkurrenten durch und sicherte sich den Gesamtsieg. Der Lohn: Er bekam die IFBB Pro Karte überreicht. Sie ist das Eintrittsticket zur amerikanischen Profi-Klasse (vergleichbar mit der Champions League im Fußball). Dempfle brach damit als dritter Europäer in die Phalanx der US-Amerikaner ein – vor ihm hatten nur ein Engländer sowie sein Bremer Trainingspartner Murat Demir den Profi-Status erhalten.
An dem verlängerten Wochenende in der griechischen Hauptstadt hat sich Chris Dempfle indes einiges zugemutet. „Das ist Extremsport, es beansprucht den Körper immens“, sagt er. Einige Tage vor dem Wettkampf begannen die letzten Schönheitsarbeiten. Zum Beispiel mit Bräunungscreme, um die Muskeln bei den Halogenstrahlern auf der Bühne sichtbar zu machen. Zudem reduzierte der Athlet den Körperfettanteil und Wasserhaushalt auf ein Minimum. Die Hautschicht müsse möglichst dünn sein. „So hart und trocken wie möglich“, sagt der gebürtige Allgäuer, der seit elf Jahren in Bremen lebt.
Beim Wettkampf selbst geht es darum, die Jury zu überzeugen: Wer seinen Körper bei den vier Grundposen am besten in Szene setzen kann, holt sich den Titel. Die Unterschiede zum klassischen Bodybuilding: In der neuartigen Kategorie Men‘s Physique, die es seit drei Jahren in den USA und seit vergangenem Jahr in Deutschland gibt, gehen die gestählten Athleten in knielangen Shorts auf die Bühne und bringen ihren Körper auf natürlichem Weg in Form. Ein ansprechendes, athletisches, symmetrisches und gesundes Aussehen sind die ästhetischen Bewertungskriterien. Deshalb bietet diese Klasse auch den Fitness- und Sportmodels eine Plattform.
Die Werbebranche sei für Chris Dempfle hingegen nur ein „guter Nebenverdienst“. Hauptberuflich ist er Personal Fitness Coach und kümmert sich um (angehende) Fitness-Models sowie leistungsorientierte Athleten. Es scheint die einzig logische Folge für jemanden zu sein, der sagt: „Sport ist mein Lebenselixier. Mein Herz hat immer für den Sport geschlagen. Trainieren mit Gewichten entstresst mental.“
Dabei sah sein Werdegang eigentlich was ganz anderes vor: Nach einem Kreuzbandriss entschied er sich gegen die Fußball- und für die Berufskarriere. Mit Mitte 20 schien der ehrgeizige Dempfle auf dem Weg zum Top-Manager. „Dann habe ich gesehen, welche Konsequenzen das im Privatleben haben kann“, sagt der selbstzitierte Familienmensch.
Mister Olympia das große Ziel
Die Branche wollte er sich und seiner Frau nicht zumuten. Dempfle sattelte um, wagte 2012 den Quereinstieg als selbstständiger Personal Fitness Coach. Bewusst hebe er sich vom boomenden Markt der Personal Trainer ab. Bloß Ernährungs- und Trainingspläne zu schreiben, sei ihm zu plump. „Ich will meine Erfahrung und mein Wissen weitergeben. Mein Körper ist mein Aushängeschild, um die Leute mitzureißen“, sagt der eloquente Top-Athlet, der seit 17 Jahren seinen Sport betreibt. Dass der Trend von Fitness-Models abbrechen wird, glaubt Dempfle nicht. „Die Leute identifizieren sich damit, weil es einfach ansprechender aussieht.“
Für 2014 hat sich Chris Dempfle derweil Großes vorgenommen: „Ich will Mister Olympia werden. Das ist ultimativ das Höchste.“ Über Profi-Wettkämpfe in den USA muss er sich für das im September in Las Vegas stattfindende Mega-Event allerdings erst noch qualifizieren.