Akram el Janati versteht es, eine scharfe Klinge zu führen oder Wunden zu versorgen. Dieser Mann hat gewissermaßen ein feines Händchen. Akram el Janati ist Unfallchirurg, seit 2019 ist er am Klinikum Mitte in Bremen tätig. Seine Hände, sagt er, sind sein Kapital. Und eben das war seinerzeit auch der Grund, warum er sein liebstes Hobby aufgegeben hat, als er 2016 aus beruflichen Gründen sein Heimatland Marokko verließ und nach Deutschland kam, um als Arzt im Kreiskrankenhaus Osterholz-Scharmbeck zu arbeiten. Aus Angst vor Verletzungen ließ er seine Ausrüstung bei seinen Eltern zurück, „ich habe damals meine Karriere für beendet erklärt“, sagt el Janati. Seine sportliche Karriere als Quarterback.
Akram el Janati hat American Football gespielt – und das überaus erfolgreich. Er war in der ersten spanischen Liga für die Zaragoza Hurricanes aktiv. Er war Nationalspieler seines Landes und gewann mit Marokko 2014 im Finale gegen Ägypten die Afrikameisterschaft. Damit einher ging seinerzeit auch die Qualifikation für die Weltmeisterschaft, die ursprünglich in Stockholm/Schweden stattfinden sollte, dann aber aus organisatorischen Gründen nach Canton/Ohio in die USA verlegt werden musste. „Uns haben damals leider die Sponsoren und damit die finanziellen Möglichkeiten gefehlt, um dann an der WM teilnehmen zu können“, sagt el Janati, der von 2013 bis zu seiner Abreise nach Deutschland 2016 auch als Vizepräsident im marokkanischen Verband tätig war.
Akram el Janati war immer schon bereit, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Als Chirurg im OP-Saal, aber auch beim American Football. Der Quarterback ist der Spielmacher in dieser Sportart. Er trägt die Verantwortung für die Offensive und sagt die Spielzüge an. Der Quarterback muss das Spiel lesen können, er muss die defensive Taktik des Gegners blitzschnell analysieren und seine Angriffszüge danach ausrichten. Und er muss Pässe spielen können. Kurze Pässe, lange Pässe. Möglichst punktgenau in den Lauf und in die Arme des Receivers, also des Passempfängers. Auch hier gilt: Der Quarterback benötigt ein feines Händchen.
Der junge Medizinstudent Akram el Janati brachte dieses Händchen mit, als er in Spanien erstmals mit American Football in Berührung kam. Er hatte Talent und Ehrgeiz, und er schaffte es umgehend bis in die Erste Liga – zunächst auf der sehr vielseitigen Position des Tight Ends, dann als Quarterback. Nach Abschluss seines Studiums kehrte el Janati schließlich nach Marokko zurück und war im Nordwesten Afrikas als treibende Kraft maßgeblich am Aufschwung der Sportart beteiligt.
American Football populärer zu machen, das war sein Ansinnen. Die Nationalspieler waren zu 90 Prozent im Ausland aktiv, spielten in Frankreich, in der Schweiz, in Deutschland. Es galt also, Strukturen zu schaffen. Mannschaften und Ligen aufzubauen und Spieler auszubilden. El Janati engagierte sich auf Verbandsebene, aber auch als Headcoach der Dragons in der marokkanischen Hafenstadt Tanger, wo er als Mittzwanziger mit Abstand der älteste Spieler war. Aufbauarbeit, die sich gelohnt habe, „es hat gut gepasst, es hat sich einiges entwickelt“, sagt el Janati.
Inzwischen lebt Assistenzarzt Akram el Janati mit seiner Frau in der Bremer Überseestadt und ist Vater einer kleinen Tochter. 31 ist der ehemalige Nationalspieler jetzt, und seit fast fünf Jahren schon hat er kein American Football mehr gespielt. Vier Jahre lang ging das gut, sehr gut sogar. Jahre, in denen er für sich und seine Familie ein neues Leben, ein neues Zuhause aufgebaut hat. Doch nun hat es el Janati wieder gepackt, „ich kann mich nicht mehr halten“, sagt er. Seine Leidenschaft zum American Football hat gesiegt über die Sorge, sich dabei verletzen zu können. Der Entschluss steht fest: El Janati kehrt zurück.
Akram el Janati hat sein Comeback dabei über mehrere Monate hinweg vorbereitet. Er hat Gas gegeben, hat viel trainiert und an seiner Fitness gearbeitet. 15 Kilogramm habe er abgenommen und Muskeln aufgebaut, sagt Akram el Janati. Und er hat sich auch einen Klub für sein Comeback ausgeguckt: die Bremen Firebirds sollen es sein. „Ein Klub mit einer langen Tradition, einer guten Mentalität, einem guten Team und guten Rahmenbedingungen“, sagt Akram el Janati. Die Kontaktaufnahme verlief unproblematisch, das Probetraining – Corona-konform in einer Minigruppe mit nur drei Personen und großem Abstand zu den Beobachtern – vielversprechend. „Akram ist ein super netter Typ und fachlich richtig gut“, sagt Oliver Minschke, der Headcoch der Firebirds. „Seine Vita liest sich gut. Klar hat er länger nichts gemacht, aber ich bin froh, dass er da ist.“
Das Probetraining, sagt Akram el Janati mit einem Lächeln, „hat sich sehr gut angefühlt“. Der Marokkaner freut sich auf seine Rückkehr und hofft, dass bald wieder in Mannschaftsstärke trainiert und auch wieder gespielt werden darf. Seine Rolle hat er dabei klar definiert. „Ich bin nicht der Star im Team“, sagt er. Er habe alles erreicht, was er erreichen wollte. Und nun möchte er einfach nur noch spielen, Spaß haben und der Mannschaft helfen. „Der Erfolg“, sagt Akram el Janati, „ist immer von der ganzen Mannschaft abhängig, nicht von einem einzigen Spieler. Ohne eine gute O-Line oder gute Widereceiver kann auch der beste Quarterback seinen Job nicht machen.“ Apropos Job: „Die Patienten haben natürlich Vorfahrt“, sagt der im Schichtdienst tätige Assistenzarzt. Aber wenn es möglich sei, würde er auch durchaus mal Dienste tauschen, um am Training oder an Spielen teilnehmen zu können. Die Botschaft ist klar: Akram el Janati, der frühere Nationalspieler aus Marokko, ist Feuer und Flamme für die Firebirds.