Die beiden jüngsten Ergebnisse von Werders U23 in der Bremen-Liga sind bemerkenswert. 13:0 gegen den Blumenthaler SV – ein sehr hoher Sieg, wie so oft für den spielstarken Tabellenführer, dessen Abstieg aus der Regionalliga eher ein Betriebsunfall war. Doch das nächste Ergebnis liest sich anders: 4:3 gegen die SV Hemelingen, zur Pause stand es sogar 3:3 – so viel Gegenwehr brachte der SVH eine Menge Komplimente ein. Hemelingens Trainer Günter Tuncel freut sich, wie gut seine Mannschaft gegen Werder zurechtkam. „Und das war kein Zufall“, betont er selbstbewusst, „die Spieler haben unseren Matchplan sehr gut umgesetzt. Für uns war es ein Ansporn, sich auf diesem Niveau messen zu können.“ Sein Bruder, Trainerkollege Feyhat Tuncel, empfand den starken Auftritt auch mit Blick auf das Pokalfinale Ende des Monats gegen den Regionalligisten Bremer SV für wichtig: „Unsere Spieler konnten schon einmal sehen, was da auf sie zukommt. Und sie haben gemerkt, dass sie da eine Chance haben können, wenn sie alles reinhauen.“
Trainer gehen in ihre 13. Saison
Wie schon im Vorjahr steht die SV Hemelingen auf Platz 2 der Bremen-Liga, sie sind quasi die besten vom Rest, denn Werders U23 ist einfach zu stark für diese Liga. In Hemelingen haben sie nun eine Entscheidung getroffen: Wenn Werder die Rückkehr in die Regionalliga gelingt, will die Mannschaft der beiden Tuncel-Brüder in der kommenden Saison den ersten Platz anpeilen und im Erfolgsfall dann auch den Sprung in die Regionalligavollziehen. Das ist ein Ergebnis der Gespräche zwischen dem Verein und den beiden Trainern, für die sich inzwischen auch andere Möglichkeiten aufgetan hätten. Doch die Tuncels werden in eine weitere Saison als Trainer gehen, es ist dann schon ihre 13. Saison in Hemelingen. Sie machen das nicht nur aus Verbundenheit zu ihrem Stadtteil, sondern auch, weil ihre Ambitionen und die des Vereins deckungsgleich sind. „Wir haben Hunger auf mehr“, sagt Günter Tuncel nach der erneuten Vizemeisterschaft und dem Erreichen des Lottopokal-Finales.
Ihr Weg führte sie aus dem Abstiegskampf in der Bezirksliga über zwei Aufstiege bis in die Spitzengruppe der Bremen-Liga, wo sie sich mit einer spielstarken Mannschaft etabliert haben, die auch aus früheren Kickern des Werder-Nachwuchsleistungszentrums besteht. „Inzwischen wollen viele Jungs bei uns spielen“, sagt Günter Tuncel, „weil sie hier Wertschätzung bekommen und sich in einem ambitionierten Umfeld entwickeln können.“
Weil ihre Bezirkssportanlage in Hemelingen für die Anforderungen des Regionalliga-Fußballs an einigen Stellen baulich verändert werden müsste, schauen sich die Vereinsverantwortlichen schon seit geraumer Zeit in Bremen um und haben erste Kontakte geknüpft, um gegebenenfalls auf eine andere Anlage auszuweichen, sollte das erforderlich sein. Am liebsten wollen sie aber in Hemelingen spielen.
Das Pokalfinale gegen den Bremer SV sehen sie als „wunderbare Möglichkeit, unseren Verein bundesweit zu präsentieren“, sagt Günter Tuncel mit Blick auf die TV-Übertragung beim Finaltag der Amateure am 25. Mai (Anpfiff: 11.45 Uhr)mit Livebildern in der ARD auf sportschau.de sowie im Livestream. Natürlich hoffen sie auf eine kleine Überraschung und den Einzug in die Hauptrunde des DFB-Pokals: „Das wäre Balsam für alle in Hemelingen, und es wäre wirtschaftlich ein wertvoller Schub für alle Pläne, die wir hier in den kommenden Jahren verwirklichen wollen.“
Klar ist: Der Bremer SV geht als Favorit ins Finale, das in Oberneuland gespielt wird, zumal die Formkurve der Mannschaft von Trainer Sebastian Kmiec zuletzt steil nach oben ging. Aber nach der knappen Niederlage gegen Werders U23 ist die Zuversicht bei der SV Hemelingen gewachsen. „In so einem Finale brauchst du immer ein bisschen Glück“, sagt Feyhat Tuncel, „wir wollen das Endspiel genießen und unser Bestes geben.“
Parallel laufen die Personalplanungen für die neue Saison. Einen Manager haben sie bei der SVH nicht, die Trainer haben sich über Jahre selbst ein gutes Netzwerk aufgebaut. Günter Tuncel: „Für viele ambitionierte Bremen-Liga-Spieler und auch andere ist Hemelingen heute viel interessanter als noch vor ein paar Jahren.“
Tuncel lobt den Charakter
Es entsteht etwas in ihrem Verein, deshalb bleiben auch Spieler, die bei so manchem Konkurrenten – auch in der Bremen-Liga – mehr Geld bekommen könnten. „Unsere beiden zweiten Plätze und die guten Ergebnisse machen unsere Spieler natürlich auch für andere Vereine interessant“, sagt Günter Tuncel, „viele haben sich trotzdem für eine Zukunft in Hemelingen entschieden. Das zeugt von Charakter, davor ziehe ich den Hut. Wir können hier gemeinsam noch eine Menge erreichen.“
Im Idealfall schon durch einen Sieg im Finale des Lottopokals. Spätestens aber in der kommenden Bremen-Liga-Saison, in der ein Aufstieg in die Regionalliga realistisch werden soll. Im allerbesten Fall gelingt ihnen beides.