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Die Meinung der Fußball-Basis Was sich Bremer vom DFB wünschen

Die Stimmen der Bremer Fußball-Basis zum 125. Geburtstag des DFB: Wünsche nach mehr Unterstützung, Wertschätzung des Ehrenamts und Förderung des Frauenfußballs.
28.01.2025, 10:09 Uhr
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Von Jean-Julien Beer Stefan Freye

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat gerade in Leipzig seinen 125. Geburtstag gefeiert – in der Stadt, wo der heute größte nationale Sportfachverband der Welt am 28. Januar 1900 gegründet wurde. Heute zählt der DFB mehr als acht Millionen Mitglieder, verteilt auf fünf Regional- und 21 Landesverbände. Das Aushängeschild ist die Nationalmannschaft mit ihren vier WM-Titeln 1954, 1974, 1990 und 2014. Die Basis aber sind die mehr als 24.000 Amateurvereine – auch in Bremen. Zum Geburtstag gibt es hier Stimmen von der Basis:

"Nationalspieler sollten Fußballplätze spenden"

Peter Moussalli, Präsident Blumenthaler SV: "Der DFB ist der größte und vielleicht auch wohlhabendste Sportfachverband der Welt, wir als Blumenthaler SV sind spezialisiert auf unsere gute Jugendarbeit. Ich würde mir wünschen, dass der DFB die kleineren Vereine bei der Jugendarbeit besser unterstützt, damit nicht alle Talente in den Nachwuchs-Leistungszentren der Bundesligisten ausgebildet werden, wo sie am Ende ziemlich gleichförmig rauskommen. Da fehlt mir oft der Schuss Individualität, und den kann es in ambitionierten kleineren Vereinen wie dem Blumenthaler SV durchaus geben. Doch die Zuschüsse für höherklassigen Jugendfußball sind zurückgegangen. Wenn die Vereine an der Basis anders aufgestellt sind, bessere Trainer und bessere Rahmenbedingungen haben, dann kommen oben an der Spitze dieser DFB-Pyramide auch bessere Spieler an. Natürlich ist die Nationalmannschaft das Aushängeschild, auch ich war beim Halbfinale der EM in Dortmund im Stadion und habe die Daumen gedrückt. Und wenn das Nationalteam erfolgreich ist, spürt die Basis das durch mehr Zulauf in den Jugendmannschaften. Dann wollen die Kinder ihren Idolen nacheifern. Eine Idee für die Zukunft wäre: Jeder Nationalspieler spendet nach einem EM- oder WM-Gewinn von seiner Prämie einen Bolzplatz in der Region, wo er als Kind seinen ersten Verein hatte. Das würde der Basis enorm helfen - und es würde die großen Nationalspieler auf direkte Weise mit den Kindern und Jugendlichen verbinden. Ein Problem sehe ich darin, dass man heute jeden Tag im Fernsehen Fußball schauen kann. Das kostet uns an der Basis bei den Heimspielen viele Zuschauer. Diese Entwicklung geht leider zulasten des Amateurfußballs."

"Fußball ist mehr als nur reines Geschäft"

Cengiz Cakir, Abteilungsleiter und Sportlicher Leiter des ATSV Sebaldsbrück: „Ich liebe Fußball, seitdem ich ein Kind bin, und hatte immer auch Vorbilder im DFB-Trikot wie Kalle Rummenigge oder Uwe Reinders. Wir haben hier Disziplin und Kampfgeist, das ist das A und O. Im Moment schwächelt der deutsche Fußball vielleicht etwas. Aber er bleibt eine Macht. Ich finde auch, dass der Fußball in Deutschland noch ehrlicher ist als in anderen Ländern. Letztlich ist er aber auch hier ein reines Geschäft geworden, und das schadet dem Fußball natürlich. Da würde ich mir vom DFB schon mehr Einsatz für den Sport wünschen. Etwa, wenn die FIFA die Weltmeisterschaft nach Saudi-Arabien vergibt. Das hätten die Fußballer hier verdient.“

"Eine Kluft zwischen Profis und Basis"

Sebastian Kmiec, Trainer des Regionalligisten Bremer SV: „Ich denke, auf sportlicher Ebene kann man im letzten Jahrhundert beim DFB von einer Erfolgsgeschichte sprechen, die von vielen großen Persönlichkeiten geprägt worden ist. Ohne das Handeln der jetzigen Entscheidungsträger werten zu wollen, ist es mit Sicherheit aktuell ein herausfordernder Job, den Spagat zwischen sportlichen sowie wirtschaftlichen Interessen auf der einen und moralischen Werten auf der anderen Seite hinzubekommen. Das haben beispielsweise der Deal mit dem Ausrüster Nike und auch die Vergabe der Weltmeisterschaften gezeigt. Diese Gratwanderung birgt grundsätzlich Konfliktpotenzial in unserer Gesellschaft und bedarf nachvollziehbarer und ehrlicher Kommunikation. Auf nationaler Ebene denke ich, ist die immer größer werdende Kluft zwischen Profis und Basis ein Problem, das gute Lösungen braucht.“

"Mehr Wertschätzung fürs Ehrenamt"

Nadir Dumlupinar, Sportlicher Leiter KSV Vatan Sport: „Vatan Sport Bremen gratuliert dem DFB zu diesem außergewöhnlichen Jubiläum. 125 Jahre - das ist eine lange und oft sehr erfolgreiche Geschichte. Wir als Vatan Sport sind stolz, ein kleiner Teil dieses großen Verbandes sein zu dürfen. Wir verstehen uns als Verein der Basis, wir sind ein multikultureller Sportverein für alle Altersklassen. Ohne Ehrenamtler würde das nicht funktionieren, deshalb wäre mehr Wertschätzung und Unterstützung für das Ehrenamt einer der Punkte, die wir uns für die Zukunft vom DFB wünschen. Die Förderung des Amateurfußballs kann ohne finanzielle Unterstützung nicht funktionieren, deshalb ist es wichtig, dass innerhalb des DFB nicht nur die Nationalmannschaft und die größeren Ligen Aufmerksamkeit bekommen, sondern dass immer auch an die Leute an der Basis gedacht wird. Die Amateurvereine sind das Fundament des DFB. Das Thema Integration ist immer wichtiger geworden, gerade die kleinen Sportvereine können hier eine wertvolle Arbeit für die Menschen vor Ort und für die Gesellschaft leisten. In sozial schwächeren Regionen oder Stadtteilen stößt diese Arbeit aber schnell an Grenzen, wenn es an der nötigen Ausstattung fehlt, weil die finanzielle Unterstützung nicht ausreicht. Viele Vereine an der Basis wären dankbar, wenn ihnen bei dieser wichtigen Aufgabe noch mehr geholfen werden könnte.“

"Den Frauenfußball mehr fördern"

Ylenia Sachau, Fußballerin beim ATS Buntentor: „Ich hatte mit Meggie Schröder und Manjou Wilde zwei Freundinnen, die früher bei Auswahlmaßnahmen des DFB waren. Da hat man schon gesehen, dass es dort deutlich professioneller ablief, als wir es in Bremen gewohnt waren. Aber das ist wohl kein Vergleich zu heute, weil der DFB diese Sachen stetig entwickelt. Mir fehlt allerdings die Wertschätzung der Basis, denn im unteren Bereich könnte man den Frauenfußball mehr fördern. Ich weiß zum Beispiel, dass wir als kleiner Verein 1000 Anforderungen erfüllen müssen, wenn wir ein DFB-Pokalspiel haben. Da fragt dann auch keiner, wie wir das hinbekommen und ob wir überhaupt die Möglichkeiten dazu haben.“

"Baut mehr Bolzplätze für die Kinder"

Sergio Ndombaxe, Jugendleiter SC Vahr-Blockdiek: „Vom DFB wünsche ich mir für die Zukunft vor allem zwei Dinge. Zum einen wäre es wichtig, dass mehr finanzielle Unterstützung bei den kleinen Amateurvereinen an der Basis ankommt. Gerade in Bezirken, wo die Eltern der Jugendspieler nicht viel Geld haben oder alleinerziehend sind, ist es im Alltag schwer, alles am Laufen zu halten und allen Spielern die Freude am Fußball zu ermöglichen. Jeder Euro wäre hier hilfreich. Und dann geht es mir als Jugendtrainer um die Bolzplätze. Das Spielen auf Bolzplätzen ist der heutigen Generation total verloren gegangen. Wie war das denn bei uns früher? Wenn wir aus der Schule kamen, sind wir raus auf den Bolzplatz, haben stundenlang Fußball gespielt und sind erst dann in den Verein gegangen. Die Kinder bei uns in der Vahr sind von ihrer Mentalität her Bolzplatzsspieler, und wenn du sie dann in einer Mannschaft einsetzt, dann siehst du das auch sofort im Spiel. Sie bringen eine Mentalität und eine Raffinesse mit, die dem deutschen Fußball viel geben kann. Deshalb wäre es mein Wunsch, wenn der DFB seinen 125. Geburtstag zum Anlass nehmen würde, wieder mehr Bolzplätze zu bauen, wo die Kinder frei und nach Herzenslust spielen können. Das wäre gut für die Kinder und gleichzeitig auch gut für den Profifußball, am Ende vielleicht sogar für die Nationalmannschaft: Denn auf den Bolzplätzen, da entstehen die besonderen Talente.“

"Ersatz für die U17-Bundesliga"

Nantke Penner, Vorsitzende des Frauen- und Mädchenausschusses im Bremer Fußball-Verband: „Der DFB hat jetzt begonnen, den Frauen- und Mädchenfußball auch in der Breite zu fördern. Etwa durch ein Strategie-Programm mit Workshops und einem Etat für jeden Landesverband. Weniger zufrieden bin ich allerdings mit der Abschaffung der U17-Bundesligen im letzten Sommer. Der Großteil der Mädchen spielt seitdem gegen männliche U15-Mannschaften. Dort gibt es körperliche Herausforderungen, aber die Wertigkeit ist eine andere als zuvor. Also bedarf es dringend eines adäquaten Ersatzes in diesem Bereich.“

"Weitere Professionalisierung bei den Schiedsrichtern"

Malte Dittrich, Stellvertretender Vorsitzender im Schiedsrichterausschuss des Bremer Fußball-Verbandes: „Der DFB hat sicher eine Erfolgsstory geschrieben und es dabei geschafft, den Fußball auf vielen Ebenen zu fördern. Daneben gibt es mit der Nationalmannschaft ein tolles Aushängeschild. Was die Schiedsrichter betrifft, werden die deutschen Kollegen in den letzten Jahrzehnten weltweit sehr anerkannt. Seit den Siebzigerjahren hatten wir so viele Persönlichkeiten, die das Land gut repräsentiert haben. Da hat es der DFB über viele Jahre offenbar sehr gut verstanden, durch gute Präsidenten die richtigen Persönlichkeiten für das Schiedsrichterwesen zu finden. In den letzten Jahren treibt der Verband darüber hinaus eine Professionalisierung voran, die die Arbeit der Schiedsrichter noch weiter in die richtige Richtung entwickeln wird.“

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