Günther Brandt: Es gibt zwei Hauptgründe: Wir brauchen mehr Bootslager und wir benötigen eine Halle für Gymnastik und Ruderergometer. Rudern ist besonders bei anspruchsvollen Breitensportlern sehr populär geworden und diese Sportler fordern anspruchsvolles Material in Form von Booten und für das Wintertraining Rudermaschinen. Wir haben mehrere Boote ausgelagert und die Ergometer stehen zurzeit in einem kleinen Raum, der dafür nicht besonders geeignet ist.
Wie groß ist das Projekt?Brandt: Die Bootshalle wird vergrößert und darüber entsteht ein 110 qm großer Mehrzweckraum für besagte Ruderergometer und Platz für gymnastische Aktivitäten. Und es gibt Nebeneffekte. Wir schaffen einen Jugendraum in angemessener Form, wir können zusätzliche WCs einbauen und durch eine bauliche Trennung zwischen Gastronomie und Sportbereich schaffen wir einen neuen, repräsentativen Eingang zum Sportbereich.
Wann gab es die ersten Pläne, ein solches „Brett zu bohren“?Brandt: Die Ideen gab es schon lange, aber wir hatten finanziell schwierige Zeiten zu durchlaufen und mussten einiges am Haus sanieren, insbesondere Terrasse und Sanitätsräume. Mitte 2018 haben wir im kleinen Kreis begonnen, Gedanken zu Papier zu bringen. Diese wurden dann auf unserem Stiftungsfest im November 2018 als Vision vorgestellt.
Standen die Mitglieder von Beginn an hinter dem Projekt?Sven Philippsen: Der Bedarf einer solchen Erweiterung war offenkundig, dennoch musste der Vorstand natürlich in Teilbereichen auch Überzeugungsarbeit leisten, da durch einen derartigen Erweiterungsbau auch Mittel gebunden wurden, die sonst für den Kauf von Booten zur Verfügung gestanden hätten. Mittlerweile lässt sich sagen, dass alle Mitglieder voll hinter diesem Projekt stehen.
Wann wurden die ersten konkreten Schritte unternommen?Brandt: Auf der JHV 2019 wurde der erste Mitgliederentscheid herbeigeführt. Später im Juni des Jahres wurde dann die formelle Entscheidung der Mitglieder zur Durchführung der Pläne getroffen, nachdem auch der Finanzierungsplan konsolidiert war.
Ein Ruderverein ist keine Turnhalle, aber Bau von Sportstätten ist ein politisches Thema. Wie hat sich das Sportamt zu den Plänen geäußert?Brandt: Äußerst positiv, nach dem ersten Mitgliederentscheid habe ich mehrere Gespräche mit dem Sportamt geführt die sehr ermutigend und konstruktiv verliefen. Am Ende durfte ich die Pläne der Sportdeputation vorstellen, die dann einstimmig für einen Zuschuss gestimmt hat.
Philippsen: Wir haben auf breiter Front Unterstützung erfahren, da wir auch in unserem Stadtteil eine wichtige Funktion für die Aufrechterhaltung und Förderung des Schulsports durch unsere Kooperation mit der Oberschule am Leibnizplatz erfüllen.
Welche Töpfe gibt es noch, aus denen Unterstützung kommt?Philippsen: Hier ist natürlich an erster Stelle die politische Seite zu nennen, insbesondere das Sportamt und die Sportdeputation, für deren Hilfe und Unterstützung wir sehr dankbar sind. Des Weiteren haben wir auch – und zum Teil recht erfolgreich – die Sparkasse Bremen und diverse Stiftungen mit Bremer Lokalkolorit um Hilfe gebeten. Aber natürlich geht so ein Projekt nicht ohne das Engagement der Mitglieder in finanzieller Hinsicht, aber auch durch Eigenleistung.
Welcher Aufwand entsteht im Ehrenamt, um alle Anträge zu stellen?Philippsen: Hier ist der Vorstand schon gefordert, sich zeitlich erheblich einzubringen. Das geht manchmal leider auch zu Lasten der eigenen Sportausübung. Aber wir verstehen uns im Vorstand als Team und wenn dann die Lasten auf mehrere Schultern verteilt werden, ist die Mehrarbeit schon machbar.
Die Mitglieder sollen mit anpacken. Wie sieht der Einsatz der Mitglieder aus?Brandt: Ich habe einen Bauausschuss aus Vereinsmitgliedern gegründet mit zwei Bauingenieuren und zwei Architekten. Alle wesentlichen Grundsatzentscheidungen zur Bauausführung haben wir in dem Gremium getroffen. Die Beauftragung eines Ingenieurbüros war nicht notwendig, die Kompetenz haben wir im Verein. Lediglich die Erstellung des Bauantrags der Statik und das Brandschutzgutachten haben wir vergeben. Weiterhin erledigen wir einfache Arbeiten in Eigenleistung. Diverse Abbrucharbeiten, Malertätigkeit, das Bauen der Bootslager sind Dinge, die Manpower und Zeit benötigen, aber weniger spezielle Fachkenntnisse erfordern.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie. Gibt es Verzögerungen?Brandt: Bei der Baufirma für den Rohbau gab es anfangs ein paar Personalengpässe aber einen wesentlichen Einfluss haben wir bislang noch nicht bemerkt.
Für wann ist der Abschluss der Arbeiten und Einweihung geplant?Brandt: Unsere Finanzmittel sind über drei Jahre gestreckt, in diesem Jahr sollen Dach und Fassade fertig werden, Anfang 2021 die Innenarbeiten und Einweihung ist dann im Frühjahr 2021.
Versprechen Sie sich durch den Bau Auswirkungen auf die Vereinsentwicklung?Philippsen: Wir stehen als Sportverein in ständiger und steigender Konkurrenz mit Fitnesscentern und sonstigen nicht vereinsgebundenen Freizeitangeboten, daher müssen wir unser Angebot an die Jugend und an die jungen Erwachsenen ständig erweitern, um uns in diesem Umfeld profilieren zu können. Gerade unsere Mehrzweckhalle mit den Ruderergometern an der großen Fensterfront zur Weser hin wird sicherlich sehr positiv aufgenommen werden. Wir bieten dadurch das ganze Jahr hindurch ein attraktives Sportangebot und erhoffen uns auch eine positive Mitgliederentwicklung mit einer jeweiligen längeren Verweildauer.
Brandt: Rudern ist eine Randsportart, aber ambitionierte Breitensportler mittleren Alters wollen auch an Regatten teilnehmen, die so genannten Masterruderer, und die erwarten neben gutem Bootsmaterial auch Trainingsräume für den Winter und ein angemessenes Ambiente. Ein Schuppen mit ein paar Booten ist heute nicht mehr zeitgemäß.
Das Gespräch führte Sören Dannhauer
Günther Brandt (76)
ist seit 60 Jahren im Verein. Als der Verein 2010 in finanzielle Schieflage geraten war, sanierte der ehemalige Programmleiter für Raumfahrtprojekte als Präsident die Finanzen.
Größte Baumaßnahme seit 70 Jahren
Der Bremer Ruderverein von 1882 hat knapp 450 Mitglieder. Das Spektrum der Aktivitäten reicht vom Kinder- und Jugendrudern mit einer engen Kooperation mit der Oberschule am Leibnizplatz, Bremens Schwerpunktschule Rudern, über den Junioren- und Senioren-Leistungssport bis hin zum Masterrudern, Langstreckenrudern und dem Breitensport allgemein. Das Bootshaus in der Werderstraße ist das dritte Bootshaus seit der Vereinsgründung 1882. Im Zweiten Weltkrieg wurde es weitgehend zerstört und im Anschluss in Eigenleistung wieder in Stand gesetzt. Werner Kleemeyer, das dienstälteste Mitglied des Rudervereins, arbeitete bereits 1946 beim Wiederaufbau mit. Der jetzige Umbau ist die größte Baumaßnahme am Bootshaus seit über 70 Jahren. Neben viel Eigenleistung wird das Projekt über eine öffentliche Bezuschussung, Spenden und eine Umlage der Vereinsmitglieder finanziert.
Weitere Informationen
Sven Philippsen (65)
gewann als Jugendlicher eine Deutsche Meisterschaft als Steuermann. Im Beruf Logistiker, übernimmt er als Zeichnungsberechtigter Vorstand Verantwortung für Themen wie Steuern, Versicherung und Mitgliederverwaltung.