Herr Popiesch, wie und wo haben Sie am Freitag das dritte Finalspiel um die DEL-Meisterschaft verfolgt?
Thomas Popiesch: Zu Hause am Fernsehen mit meiner Frau.
Wie emotional waren Sie beim Spiel dabei? Können Sie Ihre Gedanken beschreiben? Immerhin haben die Eisbären ihrem Team mit dem Gewinn der Meisterschaft den Einzug in die Champions League ermöglicht…
Na klar hat man mitgefiebert. Und man freut sich wahnsinnig, wenn für den Verein etwas Positives rausspringt, das ist ja völlig normal. Aber ich bin jetzt nicht von der Couch hochgesprungen.
Was bedeutet dieser Einzug in die Champions League für einen Klub wie Bremerhaven?
Wir sind natürlich unheimlich froh. Das ist ein Riesen-Meilenstein, nicht nur für Bremerhaven, sondern für alle Klubs, auch für große Vereine wie Red Bull oder Mannheim. Nach der Meisterschaft ist das der nächste große Höhepunkt.
Sind die Pinguins nach fünf Jahren DEL tatsächlich schon bereit dafür, auf internationaler Ebene mitzuspielen?
Ja, denn die Mannschaft hat über die ganze Saison hinweg hart dafür gearbeitet, in diese Position zu kommen. Ich bin stolz darauf, dass wir nun die Möglichkeit bekommen, nächstes Jahr Champions League zu spielen.
Die Champions-League-Gruppenphase soll voraussichtlich Ende August starten. Was bedeutet das für die Saisonplanung?
Man muss jetzt erst mal die Auslosung abwarten und gucken, gegen wen man spielt. Dann machen wir uns konkret Gedanken. Grundsätzlich denke ich, dass das eine gute Sache ist, wenn man in der Vorbereitung gleich auf hohem Niveau spielt, das hat man beim Magenta-Cup gesehen. Da ist die Mannschaft direkt gefordert.
Wird die Teilnahme an der Champions League für die Pinguins auch Auswirkungen auf die Kaderplanung haben? Müsste man im Idealfall auch die Größe des Kaders entsprechend anpassen?
Eigentlich müsste man das machen, aber wir haben da finanzielle Vorgaben, die wir nicht überschreiten können und auch nicht überschreiten werden. Wenn Sie unseren Geschäftsführer Hauke Hasselbring fragen, wird der ihnen deutlich sagen, dass die Champions League unterm Strich nur Geld kostet. Von daher werden wir den Kader für dieses Format nicht noch vergrößern.
Hatten Sie bereits Gelegenheit, die Saison sacken zu lassen und mal ein Fazit zu ziehen?
Grundsätzlich schon. Ich glaube, wir haben einen sehr guten Magenta-Cup gespielt. Und auch die reguläre Saison haben wir ohne große Auf und Abs auf einem sehr guten Niveau und sehr konstant durchgespielt. Dass dann schon im Play-off-Viertelfinale gegen Wolfsburg das Aus kam, war im ersten Moment enttäuschend. Aber das Erreichen der Champions League war jetzt noch mal ein sehr versöhnlicher Abschluss und rundet die gute Saison ab.
Wie haben Sie es eigentlich geschafft, in dieser Coronasaison derart fokussiert zu bleiben und all den Anforderungen zu trotzen?
Das war schon anstrengend. In einer normalen Saison hat man zwischendurch ja auch mal eine Pause im November und im Februar noch mal. Jetzt waren wir eigentlich seit Anfang November permanent zusammen, das waren schon andere Stressmomente, an die sich alle aber recht schnell gewöhnt haben. Die Sportler haben doch recht schnell Routine in die Abläufe bekommen.
Was war dabei die größte Herausforderung?
Die Erholungsphasen zur Regeneration waren nicht mehr so gegeben, da mussten wir so manches Mal improvisieren. Die Trainingssteuerung war nicht ganz so einfach, weil man in dem Bereich nur wenige oder gar keine Erfahrungswerte hatte.
Nachdem der Saisonstart zunächst zweimal verschoben worden war, gab es ja nun eine verkürzte Serie mit verändertem Modus. War es richtig, den Spielplan zugunsten von Magenta-Sport als TV-Partner derart eng zu gestalten, dass quasi täglich gespielt und live übertragen wurde?
Das war zu hundert Prozent richtig. Es war einfach nur ein anderer, oft wechselnder Rhythmus. Trotzdem denke ich, dass es den Jungs Spaß gemacht hat.
Die Liga hat bereits angekündigt, dass man in der nächsten Saison wieder zum gewohnten Rhythmus mit Schwerpunkt auf Freitags- und Sonntagsspiele zurückkehren möchte. Ist das in Ihrem Sinne?
Für die Spieler ist es eigentlich egal, an welchen Tagen sie spielen. Aber wenn wir spielen, wollen wir auch die Zuschauer im Stadion haben. Das ist der Hauptpunkt. Und für die Fans ist es viel angenehmer, wenn freitags und sonntags gespielt wird und nicht unter der Woche. Das hat man ja in den Vorjahren schon gesehen.
Wie erlebt man überhaupt so ein Eishockeyspiel ohne Zuschauer?
Die Atmosphäre ist kühl, man hört jeden Zuruf. Daran möchte man sich nicht gewöhnen.
Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass zur neuen Saison tatsächlich auch wieder Zuschauer in die Eisarena kommen dürfen?
Die Hoffnung ist immer da, im letzten Jahr schon. Aber vielleicht müssen wir uns damit vertraut machen, dass wir auch im September noch nicht mit der gewohnten Zuschauerkapazität starten. Aber eine gewisse Auslastung mit entsprechendem Hygienekonzept sollte möglich sein. So ein Konzept liegt ja vor. Und ich bin sehr optimistisch, dass wir im Stadion dann auch bald wieder Emotionen und Leidenschaft erleben werden.
Die Mannschaft hat sich nach dem Aus in den Play-offs in den Urlaub verabschiedet. Wie ist es bei Ihnen? Machen Sie absehbar auch Urlaub?
Es gibt schon Tage, an denen man weniger Arbeit hat, wo man es besser einteilen kann. Aber es ist noch viel zu tun. Auswertung der alten Saison, Vorbereitung der neuen Saison. Videosichtung, Scouting. Der Blick in andere Ligen. Bis zur Weltmeisterschaft geht es noch um Eishockey, man muss ja auf dem Laufenden bleiben und den Überblick behalten.
Weil es auch darum geht, die Abgänge zu ersetzen und wieder einen guten Kader für die neue Saison zusammenzustellen?
Ja, da gibt es noch ein paar Puzzleteile, die fehlen. Wo wir noch ein Auge drauf haben. Man guckt ja nicht nur für dieses Jahr, sondern auch perspektivisch für die nächsten Jahre. Man hört ja grundsätzlich nicht auf.
Herr Popiesch, Ihre Arbeit wird in Bremerhaven sehr geschätzt, aber auch überregional anerkannt. Sie sind nach 2018 jetzt zum zweiten Mal zum Trainer des Jahres in der DEL gewählt worden. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Ich freue mich darüber, das macht mich sehr stolz. Aber ich sehe das auch als Auszeichnung für den kompletten Verein. Da muss man alle mit einbeziehen. Physios. Assistenzcoach. Die Betreuer, den ganzen Staff drum herum. Die Mannschaft selbst, unseren Kapitän Michael Moore. Alle haben einen Riesen-Job gemacht. Das Klima muss auch stimmen, damit alle jeden Tag gerne ins Eisstadion kommen. Und nur weil wir insgesamt eine gute Arbeit gemacht haben, war es möglich, diese Auszeichnung zu bekommen.
Klingt fast so, als wären die Pinguins von der Liga als Mannschaft des Jahres geehrt worden…
Von der Bedeutung her trifft es das eher. Ja, das wäre besser.