Das Arbeitspensum ist nicht weniger worden: Seit sechs Monaten ist Ekkehard Lentz zwar Rentner, doch noch immer sitzt der 65-Jährige stundenlang am Computer. 30 Jahre arbeitete Ekkehard Lentz bei der Bremer Lebenshilfe, zuvor rund zehn Jahre als Pressesprecher für den Bremer Ableger der Deutschen Friedensunion und beim Sozialamt Bremen. Doch noch immer stecke er in zahlreichen Telefon- und Videokonferenzen, vor allem wegen seiner Pressearbeit für Tura Bremen und das Bremer Friedensforum. „Ich habe noch gut was zu tun, aber ich muss aufpassen, nicht zu lange am Computer zu hängen“, sagt Lentz.
Viel gearbeitet, das habe er nämlich schon immer. Bereits 1972, im Alter von 15 Jahren, war er erstmals politisch aktiv: Unter dem Slogan „Willy wählen“ unterstützte er den Wahlkampf von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD). Lange blieb er der SPD jedoch nicht verbunden: „Aus Enttäuschung. Im Wahlkampf wurden Versprechungen gemacht, die dann nicht eingehalten wurden.“ Vor allem dem Thema Krieg habe Lentz von Anfang an kritisch gegenüber gestanden. Seinen Wehrdienst habe er deshalb abgelehnt und sich der Friedensbewegung angeschlossen.
1979 übernahm er schließlich die Öffentlichkeitsarbeit für den Bremer Ableger der Deutschen Friedensunion (DFU), organisierte hier unter anderem zahlreiche Demonstrationen und Mahnwachen. Dazu war er Mitglied im Bundesvorstand und verantwortlicher Redakteur der bundesweiten Zeitschrift der DFU. „Bei der Gründung des Bremer Friedensforums 1983, das sich unter anderem für eine waffenfreie Welt und gegen Krieg sowie Rassismus einsetzt, war ich beteiligt“, sagt Lentz. Die beste Zeit habe er in den Achtzigern erlebt, als die Friedens- zur Massenbewegung wurde. „Mit welchen Leuten man da zusammengekommen ist, Politiker und Künstler, dazu die internationalen Reisen. Das sind echte Highlights“, schwärmt der 65-Jährige.
Nach der deutschen Wiedervereinigung löste sich der Bundesverband der DFU auf, Ekkehard Lentz arbeitete fortan mit geistig behinderten Menschen bei der Bremer Lebenshilfe. „Eine abwechslungsreiche Arbeit, die mich zwar gefordert, aber auch geerdet hat. Eine tolle Zeit.“ Doch nicht nur beruflich, auch privat begann für Lentz Anfang der Neunziger ein neuer Abschnitt: Die ehrenamtliche Tätigkeit für den Sportverein Tura Bremen.
Angefangen habe alles mit seinem Sohn Manuel, sagt Ekkehard Lentz. Der sei 1990 in die C-Jugend von Tura Bremen gewechselt, spielte dort auch in der B-Jugend. Recht erfolgreich, sagt Lentz, „aber im WESER-KURIER ist darüber nicht berichtet worden. Also habe ich angefangen, die Öffentlichkeitsarbeit für die Mannschaft zu übernehmen.“ Zwei Jahre später kam schließlich Tura-Präsident Peter Sakuth, von 1988 bis 1991 als Bremer Innensenator tätig, auf ihn zu. „Er hat mich gefragt, ob ich nicht als Pressesprecher für den Gesamtverein tätig sein möchte. Wir sind uns dann schnell einig geworden“, sagt Lentz.
Es folgten bewegte Jahre mit der ersten Vereinszeitung (1994), dem Bau des Vereinszentrums (1996) und der Leitung der vereinseigenen Fernsehsendung im Bürgerrundfunk. „Das war nicht nur eine Sport-, sondern auch eine Stadtteilsendung“, erinnert sich Ekkehard Lentz. Weil der Aufwand zu groß wurde, stellte man die Sendung ein. „Trotzdem haben wir alles gemacht, was medienwirksam machbar war.“ Frühzeitig habe er eine Homepage für den Verein erstellt, auch als Facebook in Deutschland aufkam, sei Tura Bremen dort sofort präsent gewesen. „Wir haben inzwischen auch einen Instagram-Account“, sagt Lentz stolz.
Die Öffentlichkeitsarbeit trage sicher einen Teil dazu bei, dass Tura Bremen einen hohen Stellenwert im Stadtteil genießt, glaubt der 65-Jährige. Vor allem sei aber das breite Sportangebot dafür verantwortlich: Ein Großteil der rund 2500 Mitglieder sind Kinder, zudem ist die Gesundheitsabteilung die Größte im Verein. „Der Gesundheitssport bringt dem Verein auch über die Stadtteilgrenzen hinaus neue Mitglieder“, weiß Ekkehard Lentz. Er selbst fungierte zwischen 2004 und 2009 als Vize-Präsident des Vereins, zog sich dann aus dem operativem Geschäft zurück. „Alles kann man eben doch nicht machen“, hat er gemerkt. Politik, Sport und Beruf hätten natürlich Auswirkungen auf den Privatbereich, doch darüber will Lentz nicht sprechen.
Dafür intensivierte der 65-Jährige in den vergangenen Jahren die Arbeit am Vermächtnis von Bernd „Bert“ Trautmann. Der im Jahr 1923 in Bremen geborene Fußballspieler galt zu seiner aktiven Zeit beim englischen Klub Manchester City als einer der besten Torhüter der Welt. Seine ersten Schritte im Fußball machte er allerdings bei Tura Bremen. „Im Vorfeld der Olympischen Spiele 1972 trat Bert Trautmann mit der Fußball-Nationalmannschaft von Burma zu einem Freundschaftsspiel bei Tura Bremen an. Danach war mein Interesse an ihm geweckt“, sagt Ekkehard Lentz.
Er habe sich eingelesen, in seiner Tätigkeit als Pressesprecher auch das Vereinsarchiv genutzt. Als Lentz wegen des Films über Trautmann, der 2019 in den Kinos lief, von den Machern kontaktiert und um Informationen gebeten wurde, kam ihm schließlich die Idee einer Ausstellung. Seit März 2019 hängen deshalb elf Tafeln im Eingangsbereich des Vereinszentrums, auf ihnen steht die Lebensgeschichte von Bert Trautmann, der 2013 im Alter von 89 Jahren verstarb. Auch der Bert-Trautmann-Platz, der direkt vor dem Vereinszentrum liegt, erinnert an dessen Vergangenheit bei Tura Bremen. Ekkehard Lentz ist es wichtig, die Erinnerung aufrechtzuerhalten.
Das sorge natürlich für viel Arbeit, selbst im Ruhestand. Wie lange er das selbst auferlegte Pensum noch aufrechterhalten will, könne er nicht sagen. „Aber ich würde sehr gerne noch ein bisschen reisen. Ich war früher häufig in der Sowjetunion, habe da aber nicht viel vom Land sehen können. Auch die USA würde ich gerne mal bereisen.“ Auch mehr Konzerte und Ausstellungen würde er gerne besuchen. „Aber Corona wirbelt alles durcheinander. Ich bin noch dabei, meinen neuen Tagesablauf zu finden“, sagt der Rentner. Momentan habe er deshalb zu viel Zeit zum arbeiten – und da könne er einfach nicht Nein sagen.