Herr Facklam, bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Datenmissbrauchs im Amateurfußball fällt auch der Name Brinkumer SV. Wann haben Sie davon erfahren, dass unter anderem gegen einen Mitarbeiter des Vereins ermittelt wird?
Benjamin Facklam: Zum ersten Mal davon gehört habe ich in den Sommerferien 2023. Ich wusste zwar von dem Protest, den unser Verein in der Saison davor eingelegt hatte, weil in der Bremen-Liga nicht spielberechtigte ausländische Fußballer eingesetzt wurden. Aber davon, dass der Fall Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auslösen würde und dass da etwas falsch gelaufen sein könnte, davon wusste ich nichts. Zu dem Zeitpunkt waren ich und meine jetzigen Vorstandskollegen noch mehr oder weniger Jugendtrainer im Verein, deshalb wurden wir auch nicht von den betroffenen Personen informiert. Den Protest fand ich übrigens grundsätzlich nicht gut. Das hätte man sicher auch anders regeln können.
Wenn so ein heikler Fall in die Öffentlichkeit gelangt: Wie kann man als Verein angemessen darauf reagieren?
Indem man deutlich macht, dass wir die Strukturen im Verein seither deutlich verändert haben. Seit April 2024 gibt es einen komplett neuen Vorstand beim Brinkumer SV. Der Mitarbeiter, gegen den ermittelt wird, hat keine Führungsaufgabe mehr im Verein, ist aber in anderer Form weiter bei uns tätig. Denn für die betroffene Person gilt natürlich die Unschuldsvermutung. Wir werden niemals jemanden vorverurteilen. Unser Vorstand musste schon seit Jahren neu gewählt werden, das hatte sich leider hingezogen, weil nach dem Kauf des Kunstrasenplatzes noch steuerliche Fragen offen waren. Der Vorstand wurde also nicht nur wegen der Ermittlungen neu gewählt. Aber wir haben die Chance genutzt, weil wir etwas verändern wollen. Wir haben hier in Brinkum eine tolle Anlage, ein großes Einzugsgebiet und eine gute Jugendarbeit. Der Verein ist viel mehr als die erste Herrenmannschaft.
Wie meinen Sie das?
Die erste Herrenmannschaft steht oft im Mittelpunkt, aber wir haben auch einen stark wachsenden Jugendbereich mit vielen Kindern, Jugendlichen und engagierten Ehrenamtlichen. Wir wollen für eine gute Jugendförderung und ein faires Miteinander stehen. Wir bauen gerade unser erstes eigenes Mehrzweckgebäude an unserem Standort, um noch mehr für die Leute im Verein tun zu können. Wir haben 280 Mitglieder und in allen Altersklassen mehr als 140 aktive Fußballer. Die erste Mannschaft ist nur ein Teil davon.
Wie sehr beschäftigen die Ermittlungen die Mitglieder im Verein?
Das ist eine schwierige Frage. Vom vorherigen Vorstand wurde dazu im Verein nichts thematisiert. Trotzdem bekommen das natürlich viele Leute mit. Die Ehrenamtlichen und die Trainer im Verein beschäftigt das natürlich schon. Aber ich sehe in unserem Jugendbereich, dass es dort kein großes Thema ist.
Ihr Abteilungsleiter Jogi Bender sagte, er glaube nicht, dass der Brinkumer Vereinsmitarbeiter in seinem Beruf bei der Ausländerbehörde an einem Datenmissbrauch beteiligt war. Schließen Sie sich an?
Ja, absolut. Wir alle haben kein Wissen über den Vorfall. Deshalb ist es wichtig, dass hier die Unschuldsvermutung nicht nur gilt, sondern von uns im Alltag auch gelebt wird. Alles andere wäre nicht korrekt.
Der Brinkumer SV hat im Fußball der Region mit dem Ruf zu kämpfen, dass ausländische Gegenspieler in der Vergangenheit Probleme bekommen konnten, wenn sie zu gut waren. Wie kann man diesen Ruf korrigieren?
Uns ist es ganz wichtig, deutlich zu machen, dass wir ein weltoffener und multikultureller Verein sind. Von den Kindern bis zu den Herren spielen bei uns Menschen aus verschiedensten Kulturen. Uns alle verbindet die Freude am Fußball. Das gilt auch für die Herrenmannschaft in der Bremen-Liga. Unser Cheftrainer Iman Bi Ria hat, wie viele unserer Spieler, einen Migrationshintergrund. Er ist selbst Polizist, deshalb bekam er zuletzt viele Nachrichten, weil manche Leute dachten, er sei in den Fall verwickelt, weil ja auch gegen einen Polizisten ermittelt wird. Dabei war unser Trainer in dem Zeitraum, um den sich die Ermittlungen drehen, noch gar nicht bei uns im Verein. Er hat also überhaupt nichts damit zu tun. Übrigens denke ich nicht, dass es dokumentierte Fälle aus der Vergangenheit gibt, in denen sich der Brinkumer SV über Proteste Punkte am Grünen Tisch erstritten hat, wenn ein ausländischer Spieler beim Gegner nicht spielberechtigt war. Es ist nicht fair, wenn wegen noch offener Ermittlungen gegen eine Person dieser ganze Verein mit all seinen Helfern, Mitarbeitern und Sportlern in ein falsches Licht gerückt wird. Bei uns ist jeder herzlich willkommen, deshalb bieten wir nicht nur leistungsorientierten Fußball an, sondern auch Breitensport.
Wäre es besser, innerhalb der Bremen-Liga mehr miteinander zu reden als übereinander?
Ja, das wäre sehr sinnvoll. Nun ist es aber auch so, dass es Vereine gibt, die uns in den sozialen Medien oft erwähnen und die versuchen, immer wieder gegen uns zu schießen. Diese Vereine haben nie den Kontakt zu uns gesucht und kennen unseren neuen Vorstand gar nicht. Ich finde: Wenn jemand – warum auch immer – ein Problem haben sollte mit einer oder zwei Personen im Verein, dann sollte man deshalb nicht pauschal schlecht über den ganzen Verein sprechen. Bei uns sind viele Leute mit Herzblut engagiert, die mit all diesen Sachen überhaupt nichts zu tun haben. Denen gegenüber ist das total unfair.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern lange, schon mehr als ein Jahr. Aus Ihrer Sicht zu lange?
Für den Verein sicherlich, aber im realen Leben ist das eine normale Zeitspanne. Natürlich wären wir froh, wenn irgendwann Klarheit herrscht und wir auch im Fußball der Bremen-Liga wieder alle normal zum Tagesgeschäft übergehen können.