Die Tätigkeit von Robert Nijdam als Cheftrainer der Zweitliga-Handballerinnen des SV Werder Bremen wird nach der laufenden Saison enden. So steht es wörtlich auf der Vereinshomepage des SV Werder. Kurz und bündig macht der Klub mit diesem einen Satz auf diese wichtige Personalie aufmerksam und schreibt dazu noch, wann der Niederländer zum SV Werder gekommen ist, welche Platzierungen das Team seit Dezember 2019 unter Nijdams Regie erreicht hat und welchen Rang Werder in der laufenden Saison gerade belegt. Ansonsten? Kein Wort. Keine Passage, in der – wie sonst häufig üblich – auf Einvernehmlichkeit verwiesen wird. Keine Erklärung, warum der eigentlich noch bis Sommer 2024 laufende Vertrag mit Robert Nijdam vorzeitig aufgelöst werden soll. Das wirft natürlich Fragen auf.
"Wir geben dazu keine Stellungnahme ab", sagt Werders Handballchef Martin Lange auf Nachfrage des WESER-KURIER. Darauf hätten sich beide Seiten verständigt. Werder und Nijdam, der seit Dienstag auf einer Trainerfortbildung in den Niederlanden weilt und erst zum Abschlusstraining an diesem Donnerstag zurückerwartet wird, schweigen also zu den Gründen der Trennung. "Ich habe es zur Kenntnis genommen", erklärt Nijdam. "Mehr möchte ich dazu noch nicht sagen."
Derweil wird die Zusammenarbeit bis zum Ende dieser Saison fortgesetzt. Nijdam arbeite professionell weiter, heißt es dazu aus dem Umfeld des Vereins, erst im Sommer werden sich die Wege trennen. Vorzeitig wohlgemerkt und eben nicht im Einvernehmen. Aus Sicht von Nijdam sei es eine brutal harte Entscheidung, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Nach Informationen des WESER-KURIER beraten deshalb bereits die Rechtsanwälte beider Parteien über diese offenbar vonseiten des SV Werder forcierte Vertragsauflösung mit dem 51-jährigen Niederländer.
„Robert Nijdam ist ein Glücksfall für den SV Werder.“ Das hat Martin Lange im April 2021 gesagt, als der frühere belgische Nationaltrainer seinen Vertrag an der Weser vorzeitig bis zum Sommer 2024 verlängert hatte. Nijdam passe mit seinem außergewöhnlichen Sachverstand, seiner Philosophie, seiner Erfahrung, seinem Ehrgeiz, seinen Wertevorstellungen und seiner Empathie sportlich und menschlich hervorragend zum SV Werder. "Wir sind sehr glücklich, dass wir den Weg in den kommenden Jahren mit ihm weitergehen können", so Lange seinerzeit über Nijdam, der vor seinem Engagement in Bremen die Erstligafrauen von Bayer Leverkusen trainiert hat. Keine zwei Jahre später wird dieser von Lange erwähnte Weg also für beendet erklärt.
Nach Recherchen dieser Zeitung hat Martin Lange selbst die Mannschaft an diesem Montag vor dem Training über die Beendigung der Zusammenarbeit mit Cheftrainer Nijdam informiert. Auch hier soll es keine Erläuterung zu den Hintergründen gegeben haben. Im Mannschaftskreis, so heißt es, habe es bei der Bekanntgabe der Entscheidung indes nicht nur überraschte, sondern auch erfreute Gesichter gegeben. Von atmosphärischen Störungen ist die Rede. Von Spielerinnen, die ihren im Sommer auslaufenden Vertrag nur dann verlängern würden, wenn der Cheftrainer in der neuen Saison eben nicht mehr Robert Nijdam heißt.
Auch dazu möchte sich Martin Lange nicht äußern. Klar ist nur: Bisher hat der Handballchef die Vertragsgespräche mit den Spielerinnen stets zusammen mit Nijdam geführt. Das wird er nun allein machen, machen müssen – oder gegebenenfalls auch schon mit dem Nijdam-Nachfolger. Die Suche nach einem neuen Cheftrainer, der auch weiterhin in Vollzeit beim SV Werder angestellt sein soll, hat spätestens zum Wochenstart begonnen. "Ja, die Suche läuft", bestätigt Martin Lange. Und ja: In Sachen Kaderplanung sei er zuversichtlich, schon bald weitere Vertragsverlängerungen bekannt geben zu können.
Eine erste Erfolgsmeldung hatte es diesbezüglich vor rund vier Wochen gegeben, als Rechtsaußen Elaine Rode ihren Vertrag gleich um zwei Jahre bis Sommer 2025 verlängert hat. Die im Sommer 2021 aus Zwickau nach Bremen gekommene Linkshänderin ist damit im aktuellen Kader die neunte Spielerin, die über die Saison hinaus an den SV Werder gebunden ist. Dies betrifft auch Vanessa Plümer, Meike Becker, Mathilda Häberle, Anna Lena Bergmann, Jenice Funke, Wioleta Pajak, Chiara Thorn und Angelina Saur (alle Vertrag bis 30. Juni 2024). Offen ist beim aktuellen Tabellenzehnten derweil noch die Zukunft von sieben Spielerinnen: Bei Naomi Conze, Lena Thomas, Alina Otto, Denise Engelke, Alina Defayay und den Torfrauen Karen Tapkenhinrichs und Hanna Hinrichs laufen die Verträge am 30. Juni 2023 aus.
Ein Datum, das jetzt für Robert Nijdam das Ende seiner Bremer Zeit markiert. Seit 20 Jahren ist der mit einer EHF Mastercoach-Lizenz ausgestattete Niederländer bereits als Trainer aktiv. Der frühere Rechtsaußen hat dabei in der Schweiz gearbeitet, in den Niederlanden, in Deutschland, Belgien und auch Afrika. Wie und wo es für ihn weitergeht? Robert Nijdam hat darauf noch keine Antwort. Die Ereignisse dieser Tage sind für ihn noch zu frisch.