"Wir haben den Unterschied auf dem Wasser sofort gespürt", sagt Sven Paufler (27). Er und sein älterer Bruder Marcel (30) haben seit einigen Wochen einen neuen Kajak-Zweier. Und der ist nicht nur frei von Gebrauchsspuren, sondern vor allem erheblich leichter als das Boot, in dem das Duo fast neun Jahre gemeinsam trainiert und Wettkämpfe bestritten hatte. Ein leichterer Zweier dürfte für schnellere Zeiten stehen, sodass das Bruderpaar diesmal mit noch ein wenig größerer Spannung zur WM antritt, als das in den Vorjahren der Fall war.
"Auch wenn das Boot nun keine völlig neue Technik darstellt", sagt Marcel Paufler, "im Rennen versprechen wir uns schon einiges von ihm. Wir sind gespannt, wie es am Sonntag für uns läuft." Der größte Unterschied zwischen alt und neu besteht im Gewicht: Während der langjährig erprobte Zweier knapp 15 Kilogramm wog, bringt der Neubau nur noch gut zwölf Kilogramm auf die Waage. Zwölf Kilo ist das Mindestgewicht von Zweiern bei einer WM, und das überschreitet die jüngste Errungenschaft des Duos vom Störtebeker Bremer Paddelsportverein eben nur noch knapp.
Fakt ist laut Marcel Paufler: "Das Boot liegt agiler im Wasser und ist schneller auf Höchstgeschwindigkeit." Das sei für Sportler wie sie, die nicht als sprintstark gelten, sondern eher mit ihrer Ausdauer überzeugen, von großem Vorteil. An die leicht veränderte Form des Bootes müssen sich die zwei auch noch gewöhnen. Und an einen Umstand, der das Navigieren des Bootes betrifft. "Ein leichteres Boot ist anfälliger für äußere Einflüsse", sagt Sven Paufler. Wind und Wellen, im Rennen auch verursacht von der Konkurrenz, bringen den neuen Zweier leichter aus der stabilen Lage als das schwerere Vorgänger-Modell.
Im vergangenen Jahr belegten Marcel und Sven Paufler Platz elf bei der WM. Sie werden jetzt wohl nicht gleich nach einer Medaille greifen. Doch bei einer Streckenlänge von knapp 30 Kilometern und mehr als zweistündiger Fahrzeit könnte das leichtere Boot möglicherweise einige Minuten Zeiteinsparung bringen. So gesehen erscheint das Ziel des Bremer Duos, eine einstellige Platzierung zu erreichen, bestimmt nicht abwegig. Klar ist aber auch: Die Pauflers bestreiten im ungarischen Györ mit dem etwa 5000 Euro teuren Zweier ihre Wettkampfpremiere und haben, abgesehen von vielen Trainingskilometern auf der Kleinen Wümme und dem Unisee, keine Rennerfahrung. Zumindest ein gutes Gefühl haben sie jedoch, beteuern beide.
Emotionale Bootstaufe
Nach neun gemeinsamen Jahren im ersten Boot könne es sein, dass das zweite zugleich das letzte ihrer gemeinsamen Sportkarriere sei, sagt Marcel Paufler. Noch denken beide zwar nicht ans Aufhören, aber bliebe es beim Rhythmus, alle neun Jahre ein neues Boot zu bekommen, wäre der ältere Bruder beim nächsten Mal fast 40 – und für weitere internationale Rennen auf Topniveau wohl zu alt.
Emotional war die Übernahme des neuen Zweiers auch aus einem anderen Grund: Der Sponsor Peter Rasch von der Firma Consensus hatte die erfolgreichen Brüder gefragt, ob sie das Boot nicht taufen lassen wollten. "Die Idee hat uns sofort gefallen", sagt Sven Paufler. Bootstaufen seien im Vergleich zu heute früher viel verbreiteter gewesen. Die Anfrage in der St. Remberti-Gemeinde in Schwachhausen kam bei Isabel Klaus gut an, sodass die Pastorin Mitte August zur Tat schritt. "Die Taufe gibt uns ein gutes Gefühl", sagt Marcel Paufler, "sie war das I-Tüpfelchen unserer Vorbereitung."
Familienausflug nach Ungarn
Am Dienstag dieser Woche hat sich Familie Paufler auf den Weg nach Ungarn gemacht: Mutter, Vater und die beiden Söhne. Auf dem Autodach hatten sie drei Boote: den neuen Zweier für den Kanumarathon; einen Einer, mit dem Marcel Paufler an diesem Donnerstag ins WM-Short-Race, also auf die Kurzstrecke, gehen wird; und einen weiteren Einer, mit dem sich Sven Paufler einfahren wird für den Höhepunkt der Weltmeisterschaft aus Bremer Sicht, die Langstrecke im Zweier.
Nicht nur wegen ihres neuen Bootes sind die Pauflers zuversichtlich fürs Rennen. Auch die WM-Vorbereitung verlief sehr gut. Nachdem die Rückenverletzung des jüngeren Bruders aus dem Frühjahr endlich auskuriert war, konnte das Duo intensiv trainieren. Das bedeutete für die Amateure, die ihr Geld als Angestellter in einer Steuerkanzlei (Sven) und im Öffentlichen Dienst im Aus- und Fortbildungszentrum Bremen (Marcel) verdienen, an 13 von 14 Tagen gemeinsames Training auf dem Wasser und zusätzlich noch einige individuelle Einheiten mit Laufen und Kraftübungen. Alle zwei Wochen gönnten sich die Pauflers nur einen Ruhetag, um bei der WM bestens vorbereitet antreten zu können. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass sie im Zweier die beste Platzierung ihrer Karriere einfahren werden.