Ein paar Stunden vor der Sitzung des Hauptausschusses des Landessportbundes Bremen (LSB) war dem Sprecher des Gremiums noch ein Unbehagen anzumerken. "Ich bin gespannt, was heute passiert", hatte Christian Stubbe am Donnerstag gesagt. Am Freitagmorgen wirkte er sehr erleichtert, nachdem am Abend zuvor der nicht unbedingt erwartete, aber von ihm durchaus befürchtete Knall ausgeblieben war.
Eine anonyme Mail, abgeschickt von einer offensichtlich nur für diesen Zweck eingerichteten Adresse mit dem Namen LSB-Betriebsklima, war vorab einigen Mitgliedern des 31-köpfigen Hauptausschusses und auch Medien zugestellt worden. Unter anderem informierte die Mail darüber, dass Geschäftsführerin Karoline Müller am Dienstag im Rahmen einer Betriebsversammlung die Generalvollmacht entzogen worden war. Das bestätigte die LSB-Präsidentin Eva Quante-Brandt am Freitag dem WESER-KURIER: "Dieser Schritt war für uns alternativlos. Für den angestrebten Wandel des LSB müssen wir die Geschäftsführung neu besetzen."
Außerordentlicher Sporttag am 29. Juni
So wird der hauptamtliche Bereich des LSB nach außen zunächst nur vom Stellvertretenden Geschäftsführer Thomas Kaessler vertreten, der noch vom alten, bis Ende November 2022 amtierenden Präsidium zum Jahresbeginn 2023 eingestellt worden war. Nach derzeitiger Satzung des LSB trägt das ehrenamtlich tätige Präsidium die Personalverantwortung für den hauptberuflichen Bereich des Verbands – eine Aufgabe, die nach einer neu erarbeiteten Satzung künftig die Geschäftsführung des LSB übernehmen soll.
Der Entwurf dieser Satzung ist am Donnerstag mit 17 Ja- und einer Nein-Stimme bei drei Enthaltungen vom Hauptausschuss gebilligt worden. Außerdem legte der Hauptausschuss den Termin der außerordentlichen Mitgliederversammlung des LSB fest: Am Donnerstag, 29. Juni, sollen die Delegierten der Vereine und Fachverbände über die neue Satzung entscheiden. Damit sie in Kraft treten kann, müssen drei Viertel der Delegierten für sie stimmen.
Seit 2019 hatte das damalige Präsidium mit Andreas Vroom an der Spitze an einer Struktur- und Satzungsreform des LSB gearbeitet. Weil sie auch wegen Widerständen aus dem hauptberuflichen Bereich nicht so zügig wie erhofft umgesetzt werden konnte, trat das vierköpfige Präsidium mit Ausnahme von Vizepräsidentin Helke Behrendt 2022 zur Wiederwahl nicht mehr an. Die Versammlung wählte Eva Quante-Brandt zur neuen Präsidentin und gab dem geschäftsführenden Präsidium den Auftrag, eine neue Satzung zu erarbeiten.
Das tat das Präsidium nach eigenem Bekunden mit Hochdruck. "Es sind in den letzten Monaten viel Herzblut und Energie in die Arbeit hineingeflossen", sagte die Präsidentin. Von der Idee, neben der Satzung auch die Struktur des Verbands zu ändern, ist vorerst jedoch nicht mehr die Rede. Sehr wahrscheinlich wäre diese große Lösung nicht in der Kürze der Zeit umzusetzen gewesen. "Ich bin froh, dass der Hauptausschuss dem Vorschlag des Präsidiums gefolgt ist", sagte Eva Quante-Brandt, "jetzt können wir in dem bisherigen Tempo weiterarbeiten." Christian Stubbe sagte, dass "wir uns im LSB endlich wieder um unsere Aufgaben kümmern müssen und uns nicht ständig mit uns selbst befassen dürfen".
Widerstand von LSB-Mitarbeitern
Einige der hauptberuflichen LSB-Mitarbeiter fühlten sich, wie schon in der Amtszeit von Andreas Vroom, auf dem Weg zu Veränderungen offenbar nicht ausreichend mitgenommen. Stubbe und Quante-Brandt betonten jedoch, dass den maßgeblichen LSB-Gremien, den Mitarbeitern und auch dem Betriebsrat schon vor Wochen die Inhalte der neuen Satzung vorgestellt worden seien. Noch am vergangenen Dienstag habe es während der Mitarbeiterversammlung die Möglichkeit des Austausches gegeben, sagte die Präsidentin. Umso unpassender und "als nicht stilvoll" habe sie die anonyme Mail am Mittwoch empfunden, in deren Verteiler unter anderem auch sie und Christian Stubbe nicht gestanden hätten.
Für Eva Quante-Brandt war die Abstimmung am Donnerstag ein Meilenstein auf dem Weg zur Satzungsänderung. "Es war ein großer Schritt in die Richtung", sagte sie. Sie sei überzeugt, am 29. Juni die erforderliche Mehrheit der Delegierten zu bekommen, "weil wir die richtigen Argumente haben". Nachdem es am Donnerstag im Hauptausschuss nicht um Punkt und Komma im Satzungsentwurf gegangen sei – Stubbe: "Das ist nicht unsere Aufgabe" –, werde das Präsidium jetzt einen detaillierten Entwurf erarbeiten, in dem den Vereinen und Verbänden rechtzeitig vor der außerordentlichen Versammlung in einer Gegenüberstellung die alten und neuen Satzungspassagen präsentiert werden.
Der Hauptausschuss des LSB ist das höchste Organ des Verbands zwischen den Landessporttagen, die alle zwei Jahre stattfinden. Ausschusssprecher Christian Stubbe hatte im Vorjahr nach dem Rücktritt des alten Präsidiums die Kandidaten fürs jetzt amtierende Präsidium gefunden und vor der Sitzung am Donnerstag seinen Rücktritt nicht ausgeschlossen. Am Freitag war für ihn dann alles gut – und auch für Eva Quante-Brandt. "Es hat letztlich alles gepasst", sagte sie.