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Mädchenfußball in Bremen "Nach und nach öffnen sich mehr Vereine"

Wie kommt der Mädchenfußball in Bremen voran? Verdecken die Zuwachsraten die Defizite? Was kann der Verband tun, um sie verschwinden zu lassen? Ein Interview mit Nantke Penner vom Bremer Fußball-Verband.
12.07.2025, 05:27 Uhr
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Von Stefan Freye

Nantke Penner, Sie sind gerade bei der Frauen-Europameisterschaft in der Schweiz. Wie nehmen Sie die Veranstaltung wahr?

Nantke Penner: Das ist schon mega, richtig gut organisiert und mit viel Marketing. Man trifft viele Fans und kommt ins Gespräch über eine sehr gute Europameisterschaft.

Gut lief es bislang auch für die Nationalmannschaft. Was trauen Sie ihr zu?

Ich habe das Spiel gegen Dänemark gesehen. Es war nervenaufreibend, denn die Nationalmannschaft hat sich immer wieder auskontern lassen. Ich hoffe, dass sie weit kommen. Allerdings gehe ich davon aus, dass Spanien am Ende den Titel holen wird.

Was den Mädchenfußball betrifft, hatte der DFB zuletzt nur positive Nachrichten: Die Steigerungsraten im zweistelligen Prozentbereich lassen von einem Boom sprechen. Wie sieht es in Bremen aus?

Bei uns steigen die Zahlen auch, und das schon seit längerer Zeit. Wir haben als kleinster Landesverband aber auch Nachteile.

Was meinen Sie?

Unsere Wachstumsmöglichkeiten sind nicht so groß, was die absoluten Zahlen betrifft. Da haben wir keine Chance gegen die anderen Landesverbände. Aber wir sind ebenfalls auf einem guten Weg, und ich bin nach der Entwicklung in den vergangenen Jahren positiv gestimmt.

Wie sah diese Entwicklung aus?

Wir erreichen mittlerweile auch andere Zielgruppen - unter anderem durch unsere Sommerferiencamps, die wir letztes Jahr durchgeführt haben. Ein gutes Beispiel dafür ist auch das UEFA-Playmakers-Programm, wodurch vor allem Mädchen zwischen fünf und acht Jahren auf spielerische Weise zum Fußball kommen. So entstanden ganze Mannschaften. Wir erreichen jetzt also nicht nur solche Mädchen, die durch ihr Umfeld sowieso im Fußball gelandet wären. Etwa, weil Freundinnen oder Familienmitglieder bereits Fußball spielen. Nach und nach öffnen sich auch mehr Vereine dem Mädchenfußball.

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In der vergangenen Saison hat es in 22 von insgesamt 87 Vereinen weibliche Mannschaften gegeben. Von denen hatten nicht wenige allerdings nur ein Mädchenteam.

Es sind jetzt noch ein paar dazugekommen. Aber es gibt Ballungsräume. In Bremen-Stadt und im Bremer Osten sieht es gut aus. Aber Bremen-Nord und auch der Westen sind schwierig. Und wenn sich im Moment etwas tut, dann betrifft das tatsächlich einzelne Mannschaften. Es wäre aber natürlich besser, wenn sich gleich Abteilungen entwickeln würden. Das ist nachhaltiger. Ich höre manchmal davon, dass in einer Mannschaft alle möglichen Altersgruppen versammelt sind. Am Ende spielen dann die Mädels der entsprechenden Altersgruppe in der Liga, und die anderen trainieren nur.

Zur B-Juniorinnen-Landesliga waren im vergangenen Sommer neun Teams gemeldet. Lediglich fünf blieben bis zum Schluss, der Rest wurde zurückgezogen. Was ist da passiert?

Das war schon extrem und hatte unterschiedliche Gründe. Grundsätzlich ist es aber so: Wenn du nur einen kleinen Kader hast, und im Winter gehen zwei, drei Mädels, gibt es ein Problem. So etwas passiert vor allem, wenn es nur eine Mannschaft im jeweiligen Verein gibt. Deshalb ist eine nachhaltige Entwicklung ja nur mit einer Abteilung möglich.

Was kann der Verband tun?

Wir machen verschiedene Sachen. Etwa Schnuppertrainings, wo junge Mädchen ungezwungen erste Erfahrungen sammeln können. Daneben bietet der Tag des Mädchenfußballs allen Vereinen die Chance, auf seiner Anlage etwas auszurichten. Wir unterstützen den Verein auf unterschiedliche Weise dabei. Wenn danach nur drei, vier Mädels kommen, ist das zwar weniger als bei den Jungs. Aber es ist erst mal super. Man muss da als Verein einfach dranbleiben.

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Zwei, drei Mädchen bringen dem Verein aber noch keine Mannschaft…

Das kommt darauf an. Wir haben im jüngeren Bereich ja auch Spielformen mit sehr wenigen Mädchen. Außerdem festigt es bestehende Teams, und wenn es den Mädchen gefällt, bringen sie in der Folge oft ihre Freundinnen mit.

Für eine Mannschaft benötigen die Vereine zudem entsprechende Trainer, und für eine Abteilung auch noch Menschen, die sich um deren Arbeit kümmern.

Das ist aber kein weibliches, sondern ein generelles Problem. Es gibt ja insgesamt immer weniger Ehrenamtliche.

Und dann gibt es offenbar noch das Problem, die kickenden Mädchen in den Frauenfußball zu überführen...

Ja, aber das ist auch bei den Jungs so, und es gilt nicht nur in Bremen. Insgesamt haben wir eine hohe Drop-Out-Quote. Es fällt bei den Jungs nur nicht so auf wegen der größeren Masse. Der einzige Unterschied: Viele Vereine bieten Mädchen-, aber keinen Frauenfußball an.

Im Erwachsenen-Bereich lässt sich also sicher nicht von einem Boom sprechen, oder?

Gefühlt stagniert es auf jeden Fall. Da habe ich den Eindruck, dass wir immer wieder Frauen nach Niedersachsen verlieren, weil Bremen mit seinen kleinen Spielklassen nicht so attraktiv ist.

Manche Landesverbände haben einen A-Juniorinnen-Spielbetrieb. Würde er in Bremen helfen?

Für die Entwicklung wäre das gut. Aber jetzt kommen die Mädchen aus der B-Jugend direkt in die Frauenmannschaften. Eine Spielklasse mit A-Juniorinnen würde den Frauenteams also weitere Spielerinnen kosten. Was uns hilft: Wir bieten seit anderthalb Jahren ein Ü32-Training an, das sehr gut angenommen wird. Damit stärken wir eine Zielgruppe, die auch den Vereinen in unterschiedlichen Funktionen helfen könnte. Idealerweise bieten sie das bald also ebenfalls an. Außerdem haben wir auch dort immer wieder Anfragen von Frauen in den Zwanzigern, die mit Fußball anfangen wollen, aber sich nicht direkt in die Vereine trauen. Momentan versuchen wir, diese Frauen an Vereine zu vermitteln. Aber dort gibt es definitiv noch einiges an Potenzial.

Kommen wir noch einmal zurück zur Europameisterschaft: Was versprechen Sie sich von dieser Veranstaltung für Bremen?

Natürlich mehr Sichtbarkeit des Frauenfußballs. Damit werden mehr Mädchen angesprochen, die dann in die Vereine wollen. Das setzt aber eben voraus, dass noch mehr Vereine ein Angebot schaffen.

Das Gespräch führte Stefan Freye

Zur Person

Nantke Penner (33)
ist Vorsitzende des Frauen- und Mädchenausschusses im Bremer Fußball-Verband
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