Die Operation Klassenerhalt beginnt für den Bremer SV quasi ohne den Chefarzt: Trainer Torsten Gütschow ist aus privaten Gründen bis Sonntag verhindert, hat aber mit seinen Kollegen einen Plan ausgetüftelt für die ersten Trainingstage. An diesem Donnerstag kommen die Spieler des Regionalligisten erstmals zusammen nach der Weihnachtspause, ab Montag ist auch Gütschow wieder dabei – mit zwei klaren Vorhaben, um das große Ziel Klassenerhalt zu erreichen: Die Spieler sollen körperlich und im Kopf auf Vordermann gebracht werden.
Nach dem Aufstieg und der neuen Zusammenstellung des Kaders haben man immer versucht, „Druck von der Mannschaft zu nehmen“, betont Gütschow, der als langjähriger Profi höchsten Druck gewohnt war. „Aber jetzt kommt etwas Druck dazu“, kündigt er für die restliche Saison an, „jetzt geht es um den Klassenerhalt – da dürfen wir nicht mehr so viele leichte Fehler im Spiel machen.“ Fehler wie die Schuljungen, hatte der Sportliche Leiter Ralf Voigt das genannt, der auch forderte, man müsse in jedem Spiel zu 100 Prozent Gas geben. Gütschow stimmt zu: „Wir haben schon mit den Spielern gesprochen, dass sie das verinnerlichen müssen.“
Der Hintergrund: Ein paar jüngere Spieler hätten vielleicht gedacht, man könne die Liga mit schönem Fußball halten. Doch da musste der Aufsteiger Lehrgeld zahlen, als trotz gutem Fußball einige Spiele verloren gingen. „Das hat mich am meisten gestört“, sagt Gütschow, „das waren oft keine verdienten Niederlagen.“ Danach habe man diese Spiele analysiert und besprochen, mit dem gemeinsamen Ziel, sich fortan „für solche Spiele auch mit Punkten zu belohnen“, sagt der Trainer. Sonst droht am Saisonende das böse Erwachen, wenn es knapp nicht für den Klassenerhalt reichen sollte – obwohl man so oft fas Gefühl hatte, in dieser Liga gut mithalten zu können.
Im ersten Schritt will Gütschow nun das machen, was er schon bei seiner Präsentation im Sommer in den Vordergrund stellte: Die Mannschaft richtig fit machen. „Und zwar alle Spieler“, betont der Trainer, „das bekommen wir hin, damit wir 90 Minuten gehen können.“ Im Sommer war das schwieriger, weil einige Spieler erst spät dazu kamen und nicht alle das gleiche Fitness-Level hatten. Dadurch fehlte in einigen Spielen die Stabilität. In der Wintervorbereitung soll das mit der kompletten Gruppe besser laufen.
Die Lage ist, für einen Aufsteiger wenig überraschend, heikel. In der Tabelle steht der Bremer SV auf einem Abstiegsplatz, er rangiert auf Platz 17 in der mit 19 Teams besetzten Regionalliga Nord. Vier Wochen Vorbereitung bleiben bis zum wichtigen Heimspiel gegen den nur einen Punkt besser platzierten TSV Havelse am 5. Februar (14 Uhr, Panzenberg). Bisher holte der BSV aus 21 Spielen 21 Punkte. „Die Ausgangsposition in diesem Winter ist so, wie wir es uns vorgestellt hatten, da waren wir immer realistisch“, meint Gütschow, „es war klar, dass wir in der Tabelle unten dabei sind und um den Klassenerhalt kämpfen müssen. Jetzt sind alle Spieler an Bord, die verletzten Jungs kommen zurück – dann ist unser Kader stark genug, dass wir die Klasse halten können. In der Mannschaft steckt die nötige Qualität.“
Deshalb hält er Verstärkungen nicht zwingend für notwendig: „Wenn alle fit sind, haben wir in jedem Mannschaftsteil eine gute Qualität. Natürlich sind wir hellwach, wenn wir jemanden bekommen könnten, der noch besser wäre. Dann schlagen wir zu. Aber wir werden nicht einfach losrennen, um Spieler zu holen – dafür ist unser Kader zu gut.“
Drei Testspiele sind für diese Wintervorbereitung geplant: am Sonntag, 15. Januar, bei RW Ahlen (14 Uhr), am Sonnabend, 21. Januar, auf der Sportanlage am Hohweg gegen Arsten (14 Uhr) sowie am Sonntag, 29. Januar, beim VfL Oldenburg (15 Uhr). Auch der ursprüngliche Stammtorhüter Malte Seemann soll wieder eine Rolle spielen, betont Gütschow: „Malte habe ich fest auf dem Zettel, er hat sehr gute Leistungen in dieser Liga gezeigt.“ Doch dann kamen Verletzungen, eine Corona-Infektion und noch ein beruflicher Termin dazwischen, was ihn einige Spiele kostete. Weil der zweite Torhüter des BSV, Damian Schobert, gute Leistungen zeigte, war es nicht einfach für das Trainerteam, im Tor erneut zu wechseln. Gütschow: „Ich halte sehr viel von Malte und hoffe, dass er jetzt wieder richtig angreifen kann. Das würde mich riesig freuen.“
Nicht mehr dabei ist der Aufstiegskapitän Alexander Arnhold, der den Verein zum Jahreswechsel verließ, nachdem er aus vielen Gründen nicht den Anschluss in der neuen Liga gefunden hatte: Verletzungen, Hochzeit, eine langwierige Corona-Infektion. Zudem spielten sich andere Kollegen im Mittelfeld in den Vordergrund, Justin Sauermilch und Bjarne Kasper nennt der Trainer, dazu Mats Kaiser. Gütschow: „Da hatten wir einen guten Konkurrenzkampf, dadurch war es dann schwierig für Alex. Ich verstehe, dass er gerne mehr gespielt hätte. Er ist ein toller Sportsmann und ein toller Mensch, der in der Vergangenheit Überragendes für den Bremer SV geleistet hat. Ich drücke ihm die Daumen für seinen weiteren Weg.“
Jetzt aber geht es nicht mehr um frühere Verdienste. Sondern ums Hier und Jetzt – um die Operation Klassenerhalt.