Die Fußballplätze verwaist, Sporthallen geschlossen – seit vier Monaten können Amateursportler ihrem Hobby nicht mehr nachgehen. Lediglich Individualsportarten dürfen ausgeübt werden, doch das ist auf Dauer keine Lösung. Zum einen, weil sich von Golf, Tennis oder dem klassischen Joggen nicht jeder angesprochen fühlt und auch die digitalen Angebote wie Fitness-Workouts keine echte Alternative sind, da vielen Mannschaftssportlern die Gemeinschaft fehlt. Zum anderen, weil viele Menschen, bevor sie eine andere Sportart anfangen, lieber gar nichts machen. Die Folge ist Bewegungsmangel. Deshalb braucht der Amateursport endlich eine Öffnungsperspektive.
Vor allem bei Kindern und Jugendlichen hat die sportliche Betätigung nachgelassen. Das zeigt eine Studie des Universitätsklinikums Münster aus dem November. Danach haben während des ersten Lockdowns Sport und Bewegung bei Heranwachsenden dramatisch abgenommen. Etwa 25 Prozent hätten sich während dieser Zeit fast gar nicht mehr sportlich betätigt. Es braucht deshalb den organisierten Sport, um Kinder und Jugendliche zur Bewegung zu animieren.
Das ganze Ausmaß und die langfristigen gesundheitlichen Folgen dieses Stillstands werden sich erst nach der Pandemie zeigen. Doch laut einer Studie der Universitätsklinik München wirkt sich der Bewegungsmangel schon jetzt negativ auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aus. Vor allem in sozial benachteiligten Familien würden die Kinder durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel zunehmend an Übergewicht leiden. Dass sich viele Kinder in Deutschland ungesund ernähren, ist nicht neu. Durch den organisierten Sport könnte das jedoch kompensiert werden. Zumal Untätigkeit auch psychische Folgen haben kann.
Den Heranwachsenden fehlt die Gemeinschaft, sie fühlen sich zunehmend einsam. Das wird in Gesprächen mit Eltern deutlich. Und was für die Jüngsten gilt, gilt ebenso für Erwachsene und Senioren. Studien belegen auch hier zunehmenden Bewegungsmangel. Nach vier Monaten vergrößert sich der Wunsch, seinem Lieblingssport nachgehen zu können.
Vereine verlieren Mitglieder
Bei einigen Menschen führt der Lockdown sogar dazu, dass sie ihrer Sportart und somit den Vereinen den Rücken kehren. Einer ersten Schätzung des Landessportbundes Bremen zufolge ist die Mitgliederzahl im Jahr 2020 um mehr als 5,5 Prozent gesunken. Die Mehrzahl der Vereine beklagt nach LSB-Angaben einen Mitgliederschwund – bei weiterhin laufenden Kosten. Die Politik muss zum Ausgleich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um die Vereinslandschaft in Bremen zu schützen. Laut einer Umfrage des Deutschen Olympischen Sportbundes geht die Hälfte der Verbände bei einer unveränderten Corona-Lage bis Jahresende davon aus, dass sie in eine „existenziell gefährdende Situation“ kommen können, sagt Präsident Alfons Hörmann.
Dabei hat der Outdoor-Amateursport bereits im Sommer bewiesen, dass er funktioniert. Eine Analyse der Universität des Saarlandes und der Universität Basel von 750 Profi- und Amateurfußballspielen mit mindestens einem Corona-verdächtigen Spieler ergab, dass es auf dem Spielfeld nur ein geringes Infektionsrisiko gebe. In den betreffenden Mannschaften wurden in den 14 Tagen nach dem Spiel keine weiteren Verdachtsfälle festgestellt. Doch Wettkämpfe wie Ligaspiele oder Turniere sollten nicht im Fokus der nächsten Lockerungen stehen. Es geht darum, Kindern und Erwachsenen wieder vernünftige Bewegung mit der gewohnten Sportart zu ermöglichen.
Während Amateursportler zum Nichtstun verurteilt sind, hofft der Profisport bereits darauf, bald wieder Zuschauer bei Großveranstaltungen zulassen zu können. Berufs- und Hobbysport sind nur bedingt vergleichbar, doch bevor im Profisport der fünfte Schritt gemacht wird, muss im Breitensport der erste Schritt getan werden. Es ist an der Zeit, vom Dauer-Lockdown abzurücken. Mit den bestehenden Hygienekonzepten muss eine vorsichtige Öffnung gewagt werden.