Als die Spieler der SV Hemelingen schon eine Weile ausgelassen den Gewinn des Lotto-Pokals gegen den Bremer SV gefeiert hatten, schnappte sich ihr Trainer Günter Tuncel die Trophäe und lief in Richtung der Haupttribüne. Denn unter den 2087 Zuschauern in der Oberneulander Marko-Mock-Arena war auch der frühere Werder-Profi und heutige Freiburger Bundesligastar Eren Dinkci. Tuncel rief ihn auf den Rasen und zeigte dem bekannten Stürmer den Pokal. „Eren ist ein Hemelinger Junge“, erklärte Tuncel, „hier hat er als Kind mit dem Fußball begonnen. Deshalb haben wir ihn eingeladen. Und er ist gekommen, weil er an unseren Sieg geglaubt hat.“
Dinkci freute sich sehr „für die Jungs“, wie er die Hemelinger Mannschaft nennt, „es ist Wahnsinn, dass sie nach der Meisterschaft in der Bremen-Liga jetzt auch den Pokal gewonnen haben.“ Dann zeigte Dinkci seinen Schlüsselbund, an dem ein kleines, blaues Trikot der SV Hemelingen baumelt. „Das ist mein Glücksbringer, den habe ich immer dabei. Die SV Hemelingen war als Kind mein erster Verein. Ich freue mich sehr, dass sie jetzt diesen Erfolg haben.“

Hemelinger unter sich: Eren Dinkci und Günter Tuncel mit dem Lotto-Pokal.
Einer der entscheidenden Spieler für den Triumph im Pokalfinale war Angreifer Clinton Helmdach, der mit einem verdeckten Linksschuss das frühe 1:0 erzielte (10.). Es war nach einer starken Anfangsphase des favorisierten Bremer SV der erste Schuss der Hemelinger gewesen - und schon zappelte der Ball im Netz. "Nach dem Gewinn der Bremenliga jetzt auch den Pokal gewonnen zu haben, fühlt sich großartig an", freute sich Helmdach, "ich glaube, mit dieser Mannschaft können wir jetzt auch den Aufstieg in die Regionalliga schaffen." Das erste Spiel der Aufstiegsrunde steht schon am Mittwoch (19 Uhr) in Hamburg-Altona an. Trainer Günter Tuncel verordnete seinen Spielern aber erst einmal Feiern, "denn das sollen sie jetzt auch genießen. Am Montag ist wieder Training. Und dann können wir mit noch breiterer Brust in die Aufstiegsspiele gehen."
Diese breite Brust hatte seine Mannschaft schon während des Lotto-Pokal-Endspiels gezeigt. Anders als im Vorjahr, als dem Bremer SV ein souveräner 3:0-Finalsieg gelang, war diesmal kein Klassenunterschied zu sehen. Hemelingen hielt körperlich dagegen und rannte auch in Ballbesitz nicht blind an. Diese taktische Disziplin wurde verbunden mit einer großen Portion Leidenschaft, wenn es darum ging, in den Drangphasen des klassenhöheren Bremer SV jeden Angriff zu verteidigen. Tuncel attestierte seiner Mannschaft deshalb "den nächsten Schritt in der Entwicklung", insgesamt habe man diesmal das Drumherum des Pokalfinales besser ausblenden können.

Der verdiente Lohn: Hemelingens Siegtorschütze Clinton Helmdach wurde von WK-Chefreporter Jean-Julien Beer als bester Spieler des Finales ausgezeichnet.
Gemeinsam mit seinem Trainer-Bruder Feyhat Tuncel gelang im wahrsten Sinne ein Meisterstück: Ein paar Jahre nach dem Aufstieg der SVH in die Bremenliga folgten nun die Meisterschaft und sogar das Double. "Das hat keiner geschafft in der Vereinsgeschichte", meinte Günter Tuncel mit Tränen in den Augen, "seit der Gründung 1858 ist es das erste Mal, dass die SV Hemelingen das Double feiern kann. Dass das nun für immer mit uns allen hier identifiziert wird, das bereitet mir Gänsehaut. Da kommen Bilder hoch, wie wir hier mal angefangen haben. Jetzt so eine Mannschaft zu haben, das ist phänomenal." Ihr gemeinsames Werk liest sich so: Aufstieg in die Landesliga 2015, Sprung in die Bremenliga 2019. Dort wurde das Team 2023 und 2024 Vizemeister, ehe erstmals nach 76 Jahren der Meistertitel gelang.
Durch den Gewinn des Bremer Pokals spielt Hemelingen kommende Saison in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals, was der SV Hemelingen je nach Gegner eine Einnahme im sechsstelligen Bereich bescheren wird. Tuncel: "Uns war allen klar, dass die Teilnahme am DFB-Pokal aus wirtschaftlichen Gründen eine wichtige Grundlage wäre, um in der Regionalliga mitspielen zu können. Da werden einige Euros hängen bleiben - und dann ist es doch klar, dass es damit einfacher würde, wenn es für uns in die Regionalliga gehen sollte."
Auslosung am 15. Juni
Als mögliche Wunschgegner im DFB-Pokal fallen dem Siegtorschützen Clinton Helmdach gleich mehrere namhafte Vereine ein: "Dortmund, Bayern, auch Werder oder der Hamburger SV - so ein Los wäre schön." Auch Günter Tuncel wünscht sich einen Erstligisten, jedoch eher einen anderen als sein Torjäger. "Der SC Freiburg wäre toll, denn dann könnten wir gegen Eren Dinkci spielen", meint der Trainer, "das wäre für ganz Hemelingen eine besondere Sache." Aber auch Titelverteidiger VfB Stuttgart wäre Tuncel recht. "Da spielt Deniz Undav, der ja auch ein Junge hier aus der Region ist, aus Achim. Unsere Familien haben wegen der gemeinsame Herkunft einen guten Draht zueinander."
Auch Dinkci würde sich über das Los SV Hemelingen freuen: "Es wäre schön, noch mal ein Spiel zu Hause machen zu können. Ich verfolge die Mannschaft die ganze Zeit, übers Internet bekomme ich alles mit." Mitfeiern wollte er am Wochenende aber nicht: "Das ist der Erfolg der Jungs, die sollen das genießen." Für ihn selbst steht nach einer langen Bundesliga-Saison nun der Sommerurlaub an. Ob es danach zum Saisonstart beruflich nach Bremen geht, wird er am 15. Juni erfahren: Dann wird im Fußballmuseum in Dortmund die erste Runde des DFB-Pokals ausgelost.