Blockland. Frischer Rosenduft zieht übers Blockland. Wer aus der Stadt kommend über den Deich radelt, sieht hinter einer scharfen Kurve üppige Rosensträucher in voller Blüte stehen. Auf der gegenüberliegenden Seite versteckt Flieder ein windschiefes Haus. Das Fachwerk ist von 1849 und schmiegt sich auffällig eng an das vorbeirauschende Flüsschen. „So oft ich kann, sitze ich hier am Ufer mit Blick auf diese kleine Bucht“, sagt Aike Gagel – während er seine Mutter, Erika Gagel, behutsam zu ihrem Gartenstuhl führt. Schritt für Schritt begleitet der 37-Jährige die alte Dame durch das unebene Gras. Am Steg nebenan schaukeln Boote im Wasser.
Liebliche Uferlandschaften
Die Uferlandschaft „ist von einer Lieblichkeit, als hätte sie die Kinderbuchautorin Enid Blyton ausgedacht“, schrieb Philipp Bühler in einer Filmkritik in der Berliner Zeitung über diesen Ort. Im Jahr 2009 war das. Der prämierte Kinofilm "Summertime Blues" startete in den Kinos und ganz Deutschland lernte vom Kinosessel aus das Blockland kennen, genauer gesagt, den Garten der Gagels.
Fingerhut, Stockrosen, Baldrian, Minze, Thymian, Mohn und Kornblumen blühen hier geschützt im hohen Gras – Haus und Wümme liegen nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Selten sind Gärten im Blockland so wild und blumig wie hier. Ungewöhnliche Schmetterlinge, hungrige Erdwespen, seltene Vogelarten und unzählige Libellen landen hier.
"Als der Film gedreht wurde, habe ich schon in Göttingen studiert", berichtet Aike Gagel. „Aber ich fand das toll, dass meine Eltern das gemacht haben. Drehorte waren Bremen, Bremerhaven und Landschaften im Südosten Englands. Unser Garten spielte im Film in Kent, und unser Haus war ein schottisches Cottage.“ Der Film war eine Coming-of-Age-Geschichte. „Also auch etwas, was einen Zustand im Fluss skizziert“, erinnert sich der gebürtige Bremer, der inzwischen als Innovationsberater in Berlin arbeitet.

Aike Gagel sitzt mit seiner Mutter auf einer Bank im Garten im Blockland.
Der Garten habe sich über Generationen mit seiner Familie verbunden, berichtet der Gastgeber und erklärt, was er damit meint. Seine Mutter, Erika Gagel, lebt hier mit ihrem Mann. Die pensionierte Lehrerin ist demenzkrank, ihr Mann Wulf pflegt sie. Aike Gagel unterstützt seine Eltern, so gut er kann. "Ich liebe es hier. Ich habe in diesem Garten meine Kindheit verbracht - unzertrennlich mit dem Garten verbunden sind Kindergeburtstage im Kanu auf der Wümme, der Geschmack von Walderdbeeren und Lagerfeuer." Seine alte Kinderschaukel steht noch hinter einem hölzernen Schuppen. Daneben liegt ein in die Jahre gekommenes Kanu.
Der Garten sei in den vergangenen Jahren ein wenig verwildert, berichtet Gagel. „Meine Mutter hat hier früher alles gepflegt. Sie hat die Felsenbirne am Ufer geschnitten, die Heilkräuter wie Baldrian, Minze, Rosmarin und Thymian gepflanzt. Und üppige Stockrosen im Vorgarten gepflegt, sodass die Ausflügler regelmäßig vom Rad stiegen, um sie zu fotografieren. Doch seit ein paar Jahren kann sie diese Arbeit nicht mehr machen“, berichtet der diplomierte Volkswirt.
„Davor hat meine Großmutter, Heide Gagel, hier gewohnt. Sie hat bei den Bauern Milch geholt und mit allen geschnackt." Aike Gagel ist viel in der Welt herumgekommen, lebte eine Zeit lang in Barcelona, um sein Master of Business and Administration (MBA) zu machen, „doch mit dieser Landschaft hier verbinde ich mein Zuhause. Sie erdet und verbindet mich“, sagt er.
Irgendwann wolle er vielleicht wieder hierherziehen. „Ich würde diesen Ort gerne mit anderen teilen. Ich weiß nur noch nicht wie.“ Der Garten, der sich hier mit der Landschaft verbindet wie selten im Blockland, sei ein besonderer Ort. "Das Wasser reicht fast bis ans Haus. Vor ein paar Jahren hat der Deichverband hier eine Bucht angelegt, damit die Ufer nicht weiter abbrechen." Seine Großeltern züchteten Gemüse, seinen Eltern nutzten Haus und Garten lange als Wochenenddomizil. „Bis sie ganz ins Blockland zogen, um meine Oma zu unterstützen. Meine Mutter malte viel“, erinnert sich Gagel.
„Wenn ich aus Berlin-Kreuzberg zu Besuch komme, übt das hier eine sehr große Entspannung aus.“ Die Vögel, die Tide, das Fließen des Wassers habe etwas sehr Entspannendes. „Als meine Mutter den Garten noch gemacht hat, war das hier schon ein sehr naturnaher Garten. Ich wusste damals noch nicht, wie viel Arbeit das ist – es sah so leicht aus. Als ob es einfach immer blüht.“
Er schneide die Pflanzen jetzt nur noch zurück – wenn das Gras alles überwuchere, greife er zur Sense. „Alles was hier steht, hat meine Mutter angepflanzt. Sie wusste genau, was wo gut wächst.“ Clematis, Stockrosen, Fingerhüte – „das ist auch eine ganze schöne Erinnerung, inzwischen lässt das alles ein bisschen nach, aber es ist auch wie ein Abbild – ein Abbild von Vergänglichkeit – und vielleicht auch irgendwann von neuer Blüte.“