Normalerweise wird nach Blindgängern gesucht, wenn der Boden, indem welche sein könnten, Bauland werden soll – bei diesem Einsatz der Kampfmittelräumer nicht. Der ist geplant worden, ohne dass es irgendein Vorhaben irgendeines Projektentwicklers gibt. Und in diesem Fall auch nicht geben kann: Das Gebiet, das auf Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg sondiert werden soll, ist ein Teilgebiet des Blumenthaler Waldfriedhofs. Was nicht der einzige Grund ist, warum die Suche in diesem Fall anders ist als in anderen Fällen.
Kampfmittelräumungen und Bodenuntersuchungen kommen immer wieder vor, nur werden sie nicht immer Wochen im Voraus angekündigt so wie jetzt. Dass es gemacht wurde, hat mit dem Friedhofsgelände zu tun, das öffentlich ist. Und damit, dass vor den Experten für Blindgänger und deren Entschärfung noch andere Fachleute kommen. Nicht mit Sonden, sondern mit Sägen. Um den Boden untersuchen zu können, müssen Bäume weichen. Kerstin Doty kann nicht sagen, wie viele im Einzelnen. Aber wie viele in der Fläche. Nach Rechnung der Sprecherin des Umweltbetriebs wird ein Gelände von 14.000 Quadratmetern gerodet. Macht neun Prozent des Waldes, der noch auf 156.000 Quadratmeter kommt.
Der Termin für den Start der Fällarbeiten steht seit Längerem fest: Montag, 3. Februar. Doty geht davon aus, dass die Arbeiten aller Voraussicht nach bis Ende des nächsten Monats dauern werden. Was die Unternehmenssprecherin dagegen sicher weiß, ist: Das Team des Umweltbetriebs wird vorsichtiger vorgehen als bei anderen Einsätzen. Um Erschütterungen möglichst zu vermeiden, sollen ihr zufolge die Baumkronen und Stämme so bearbeitet werden, dass sie nicht auf den Boden fallen können. Alles wird stückweise abgesägt und von einem Baggerarm erst gesichert, dann unten abgelegt. Ihr zufolge ist die Vorgehensweise rein prophylaktisch. Eine akute Gefahr, meint sie, besteht nicht.
Es geht um einen Verdacht – keinen, der erst kürzlich aufgekommen ist, sondern der inzwischen seit Jahren besteht. Der Umweltbetrieb weiß seit Ende 2021 offiziell, dass sich Blindgänger in Bereichen des Waldfriedhofs befinden könnten. Der Kampfmittelräumdienst hat es ihm mitgeteilt. Dass nicht sofort, sondern drei Jahre später gehandelt wird, begründet Unternehmenssprecherin Doty mit der Einschätzung der Experten, dass im Blumenthaler Fall keine Gefahr im Verzug ist. Und damit, dass das Geld für die vierwöchigen Fällarbeiten nun in diesem Doppelhaushalt bereitgestellt wurde. Der städtische Eigenbetrieb hat für sie eine Summe von rund 150.000 Euro veranschlagt. Und für die Sondierung noch mal fast 800.000 Euro.
Grundlage des Verdachts sind – wie häufig bei Blindgängern – alte Luftaufnahmen. Die Alliierten haben sie zum Zeitpunkt des Bombenabwurfs gemacht. So beschreibt das Nastasja-Klara Nadolska. Und auch, dass die Kampfmittel-Fachleute bei ihrer Analyse vage geblieben sind. Nach den Worten der Polizeisprecherin gibt es deshalb keinen konkreten, sondern einen allgemeinen Verdacht. Im Zweiten Weltkrieg ist das Farger Tanklager wiederholt bombardiert worden. Zwischen dem früheren Verladebahnhof II und dem Blumenthaler Waldfriedhof sind es etwas mehr als ein Kilometer Luftlinie. Für die Sondierung des Geländes wurden bisher zwei Monate einkalkuliert. Im März soll es losgehen.
Dort, wo gefällt und später der Boden untersucht wird, sind Bauzäune vorgesehen. Die ersten stehen inzwischen. Der Haupteingang des Waldfriedhofes soll geöffnet bleiben. Immer vorausgesetzt, dass nichts gefunden wird. Wenn doch, werden laut Nadolska und Doty die üblichen Vorkehrungen getroffen. Wozu auch die Evakuierung von Häusern an den umliegenden Straßen gehören kann.