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Kritik an Nordbremer Kita "So kann es nicht mehr weitergehen"

Mütter und Väter kritisieren, wie mit ihnen und Kindern in der Kita Haus Blomendal umgegangen wird. Im Interview sagt Elternsprecherin Catherine Dandal, welche Vorfälle es gab – und welche Reaktion des Trägers.
24.07.2023, 09:10 Uhr
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Von Christian Weth

Frau Dandal, Eltern, die ihre Kinder in der Kita Haus Blomendal betreuen lassen, haben einen anonymen Brandbrief an die Bildungsbehörde und den Landesverband Evangelischer Tageseinrichtungen geschrieben. Wie viele Mütter und Väter, würden Sie sagen, stehen hinter diesem Schreiben?

Catherine Dandal: Ich gehe davon aus, dass ungefähr 80 Prozent der Eltern den Inhalt des Briefes teilen, also mehr als 100 Mütter und Väter.

Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung bei einem Schreiben, das anonym ist?

Ich komme auf diese Zahl, weil bereits Anfang des Jahres immer wieder Eltern an mich herangetreten sind und mir von Vorfällen berichtet haben, die jetzt im Brandbrief geschildert werden. Die Mütter und Väter baten mich damals, das Gespräch mit Vertretern der Kirche und des Landesverbandes Evangelischer Tageseinrichtungen zu suchen, damit sie Abhilfe schaffen. Aus meiner Sicht ist allerdings bisher so gut wie nichts passiert.

Warum haben sich die Eltern Ihrer Meinung nach denn erneut an die Verbandsvertreter gewandt, wenn es zuvor schon Gespräche mit ihnen gab, auf die es kaum Reaktionen gab?

Ich denke, dass sie sich noch einmal an den Landesverband gewandt haben, eben weil sie bisher nichts von ihm gehört haben, wie er auf die Vorkommnisse reagieren will. Mit dem Schreiben haben sie sozusagen noch mal nachgehakt.

Sie haben von dem Brandbrief nach eigenem Bekunden nichts gewusst. Wieso eigentlich nicht, schließlich sind Sie doch die Gesamtelternsprecherin der Kita?

Ich glaube, dass die Eltern gemerkt haben, dass es mir nach den Gesprächen mit den verschiedenen Vertretern nicht gut ging und sie mich schonen wollten.

Was meinen Sie mit ,nicht gut ging'?

Die Gespräche mit den Vertretern waren keine einfachen Gespräche. Sie sind mir so nah gegangen, dass ich mich erst einmal zurückgezogen habe. Auch deshalb, weil es nach den Gesprächen anfing, dass mein Sohn von den Erzieherinnen häufiger als Problemfall betrachtet und ich von ihnen angerufen wurde, ihn abzuholen.

Warum haben Sie sich denn jetzt dazu entschieden, die Vorfälle, die von den Eltern beklagt werden, öffentlich zu machen?

Weil ich gemerkt habe, dass es so nicht weitergehen kann. Mein Sohn hatte zum Schluss regelrecht Angst davor, in die Kita zu gehen. Ich habe daraufhin den Vorstand des Gesamtelternbeirates eingeschaltet und mich über ihn quasi abgesichert, um an die Öffentlichkeit gehen zu können.

In dem Brandbrief wird beklagt, wie mit Eltern, Kindern und Erzieherinnen umgegangen wird. Was haben die Mütter und Väter denn Ihnen berichtet und welchen Umgang haben Sie selbst erlebt?

Ich habe es selbst immer wieder erlebt, dass sich Erzieherinnen nicht getraut haben, frei zu sprechen. Dass sie aufpassten, was sie wem wie sagen. Und dass manche, die dann doch offen redeten, über Entscheidungen klagten und andere darüber, überfordert zu sein und kündigten. Von Eltern, die mal Kritik geübt haben, weiß ich, dass ihnen erklärt wurde, jederzeit die Einrichtung wechseln zu können, wenn ihnen etwas nicht passt. Und dass sie Angst davor haben, den Betreuungsplatz zu verlieren, seit einem Elternpaar, das sich beschwert hat, gekündigt wurde.

Und was beklagen Sie im Umgang mit den Kindern?

Dass sogenanntes Fehlverhalten nur selten pädagogisch aufgearbeitet wird. Immer wieder haben Eltern davon berichtet, dass ihre Kinder aus dem Gruppenraum geschickt wurden und sie allein vor der Tür sitzen mussten, die manchmal sogar geschlossen wurde. Andere bekamen kein Mittagessen, obwohl die Eltern für das Mittagessen bezahlen. Die Kinder gingen leer aus, weil sie sich am Vormittag gegen das Essen entschieden haben und sich später nicht noch einmal umentscheiden durften.

Die Eltern schreiben in dem Brandbrief von einer getrübten, angespannten und ängstlichen Stimmung in der Einrichtung. Was sagt denn der Gesamtelternbeirat dazu?

Der Gesamtelternbeirat ist dabei, die Vorfälle, die ihm bisher gemeldet wurden, aufzuarbeiten. Eine Reaktion seinerseits steht noch aus, auch auf das jetzige Schreiben der Eltern.

Die Eltern haben ihre Anonymität in dem Brandbrief damit begründet, dass sie befürchten, den Kitaplatz zu verlieren, wenn sie ihren Namen nennen. Glauben Sie wirklich, dass eine Kita so vielen Müttern und Vätern auf einmal kündigt, wenn alle ihren Namen nennen, die ihnen zufolge hinter dem Schreiben stehen?

Das denke ich nicht. Damit würde sowohl der Landesverband als auch die Einrichtung selbst noch mehr Aufmerksamkeit erzeugen, was beide Seiten im Grunde nicht wollen. Ich kann mir aber vorstellen, dass eine Namensnennung dann andere Folgen haben könnte.

Und welche?

Zum Beispiel, dass der ohnehin zurückhaltende Austausch zwischen Erzieherinnen und Eltern noch mehr zurückgeht. Und damit die Unzufriedenheit der Mütter und Väter weiter zunimmt.

Welche Reaktion hat es eigentlich von der Bildungsbehörde auf den Brandbrief gegeben?

Vom Ressort habe ich bisher noch nichts gehört.

Und von den Vertretern des Landesverbandes Evangelischer Tageseinrichtungen, die ja angekündigt haben, den Vorwürfen in den Sommerferien nachzugehen?

Ich weiß bisher nur, dass das Verfahren beim Mittagessen geändert werden soll: Wer erst sagt, keines zu wollen und sich dann umentscheidet, bekommt Mittagessen.

Dann gibt es also jetzt einen Kritikpunkt weniger?

Das kann ich noch nicht sagen. Schließlich weiß ich nicht, ob die Ankündigung am Ende auch umgesetzt wird.

Wie geht es nun weiter?

Ich werde darauf achten, ob der Verband auf alle Vorwürfe der Eltern reagiert oder nicht.

Und wenn nicht?

Dann werde ich mich solange dafür einsetzen, dass er das macht, wie ich Gesamtelternsprecherin bin.

Und wie lange wird das sein?

Im August, spätestens im September wird jemand anderes gewählt. Mein Sohn wechselt vom Kindergarten in die Schule.

Das Interview führte Christian Weth.

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Zur Person

Catherine Dandal (40)

ist seit zwei Jahren die Gesamtelternsprecherin der Kindertagesstätte Haus Blomendal. In der Einrichtung werden 80 Kinder betreut. Dandal vertritt die Belange der Mütter und Väter. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder und wohnt in Blumenthal.

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