„Angesichts des Klimawandels sind bereits Planungen bis zum Jahre 2100 im Gange“, sagt Michael Schirmer, Deichhauptmann beim Bremischen Deichverband am rechten Weserufer, „und dabei gehen wir von einer zusätzlichen Erhöhung der Hochwasserschutzanlagen um 50 Zentimeter aus. Dies ist zwar die Antwort auf ein worst-case-Szenario, doch wenn wir darauf reagieren, sind wir in Bremen auf jeden Fall auf der sicheren Seite.“ Derzeit werden die Berechnungen für eine neue Phase des Hochwasserschutzes von der Forschungsstelle Küste auf Norderney gemacht.
Doch bis diese neuen Planungen umgesetzt werden, muss erst einmal der Generalplan Küstenschutz realisiert werden, der bereits eine Reaktion auf den Klimawandel ist: Sturmfluten werden häufiger und auch höher auflaufen als vorher. Den Hochwasserschutzanlagen an den Ufern von Weser, Lesum, Ochtum und Wümme kommt deshalb große Bedeutung zu – Deichen und Spundwänden, aber in geringerem Maße auch Mauern, Kajen und mobilen Wänden. Im Rahmen des Generalplans Küstenschutz werden vorhandene Hochwasserschutzanlagen überprüft, verbessert oder erhöht. Im Bereich von Bremen-Nord ist der Bremische Deichverband am rechten Weserufer für den Hochwasserschutz zuständig.
Einmal jährlich führt der Deichverband eine Schau der Hochwasserschutzanlagen durch. In diesem Jahr arbeitet sich die Gruppe unter Rolf Dülge, dem technischen Leiter, von Grohn über Vegesack nordwärts bis zur Landesgrenze zu Niedersachsen vor.
Bereits im Jahre 2009 wurde mit den ersten Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich Rekum begonnen. Inzwischen sind die Arbeiten schon weit gediehen, wobei in der Regel an mehreren Stellen zugleich gearbeitet wird: „Im Bereich Farge und Rekum sind wir bereits fertig“, sagt Rolf Dülge, „in Blumenthal sind die Erhöhungen noch in Arbeit, in Grohn und Vegesack allerdings erst in der Planung.“ Der Aufwand für die Erhöhung der Hochwasserschutzanlagen ist groß – so musste im Bereich der Bremer Wollkämmerei bis zur Bahrsplate zum Beispiel eine Kampfmittelsondierung durchgeführt werden, bevor mit den Maßnahmen begonnen wurde. Ein besonders aufwändiges Unterfangen war der Hochwasserschutz am Kraftwerk Farge, wo die Spundwand überwiegend von 6,75 Meter auf 7,80 Meter, teilweise sogar auf 8,10 Meter erhöht wurde, was im Laufe der letzten anderthalb Jahre geschehen sei, so Dülge. Auf einigen Abschnitten konnten die Eisenplatten auf die schon bestehende Spundwand aufgesetzt werden, auf einer Strecke von 350 Metern musste sie komplett neu gezogen werden. Und bevor die Arbeiten beginnen konnten, mussten teilweise Rohrleitungen sondiert und dann verlegt werden.
„Komplikationen traten auf, weil der Bau der Spundwände ja im laufenden Betrieb des Kraftwerks vorgenommen werden musste“, sagt Stephan Levin vom Deichverband, „viele Baufahrzeuge waren unterwegs, und schließlich gab es auch noch Probleme mit dem Korrosionsschutz, der als Beschichtung auf die Spundwände aufgetragen wurde: Die Farbe musste teilweise wieder abgesprengt werden – weshalb die Spundwände am Kraftwerk erst mit Verspätung fertig wurden.“ Nach dem Kraftwerk Farge besichtigen die Mitarbeiter des Deichverbands den letzten Abschnitt, der von der Straße Unterm Berg bis zur Landesgrenze verläuft und ausschließlich aus Deich besteht. „Wo die Baumaßnahmen für die Deicherhöhung in Schutzgebieten stattfindet, muss es Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz geben“, sagt Deichhauptmann Michael Schirmer. So soll südlich des U-Boot Bunkers Valentin nahe an der Weser eine Bucht entstehen, die sich zu einem Tidebiotop entwickeln soll.
Auf den fertig gestellten Deichabschnitten, die sich längst mit einer dichten Grasnarbe begrünt haben, wurde vom Deichverband eine artenreiche Mischung aus Gräsern und Kräutern ausgesät. Dort wird eine extensive Mahd betrieben, um die Artenvielfalt der Pflanzen und Blütenbesucher unter den Insekten zu fördern. Doch im Deich sind immer wieder zahlreiche Löcher und Gänge auffällig, die großen Schaden anrichten können: Die großen Löcher haben Hunde gebuddelt, die vielen kleinen stammen von Wühlmäusen, die im Deich ihre Bauten angelegt und sich in manchen Jahren enorm vermehrt haben. „Um die Mäuse zu bekämpfen, setzen wir kein Gift ein“, sagt Joachim Seitz vom Deichverband, „doch wir haben auf den Deichen Sitzwarten für Greifvögel installiert.“ Von den Stangen mit einem Querholz können Mäusebussarde oder Turmfalken aus kurzer Entfernung Jagd auf die Mäuse machen – in der Hoffnung, die Populationen der kleinen Säuger möglichst klein zu halten.