Das Bahnhofsumfeld in Vegesack soll sich verändern. Neben dem Hochwasserschutz, dem Bahnhofsgebäude und der Schönebecker Aue steht dabei auch der Bahnhofsplatz im Fokus. Über die Frage, wie der künftig genutzt werden könnte, haben sich auch Jugendliche aus dem Stadtteil Gedanken gemacht.
"Wir befinden uns in einem langen Prozess mit vielen Beteiligten", sagte Marc Brandwein, Stadtplaner beim Bauamt Bremen-Nord, während der Sitzung des Vegesacker Beirates am Montagabend. Entsprechend könne er dem Gremium lediglich einen Zwischenstand vorstellen und noch keine fertige Planung. "Ich vergleiche das Projekt immer mit einem Zauberwürfel. Man fängt an einer Seite an zu drehen und denkt, es gelöst zu haben, dabei ist auf der anderen Seite alles verdreht", skizzierte er. Aktuell sei das Bauamt dabei, die Bedingungen für die Rahmenplanung abzustecken. "Wir versuchen, die Stärken und Schwächen des Ortes zusammenzubringen und die Rahmenbedingungen mit allen Akteuren, von Deutscher Bahn und BSAG über den Hochwasserschutz bis hin zu den beteiligten Behörden zu klären", sagte der Stadtplaner.
Der Bahnhofsplatz sei von einer verkehrsgerechten Stadtplanung geprägt. Das zeige sich daran, dass der Bereich zu einem Nadelöhr zwischen Grohn und Vegesack sowie zur Fähre geworden ist. Entsprechend klein sei die Fläche, die ausschließlich für Fußgänger gedacht sei. Das führe dazu, dass die Potenziale des Stadtteils, etwa der Hafen, die Schönebecker Aue, die Innenstadt und auch das neue Quartier, nicht richtig erlebbar seien. "Diese Potenziale haben eines gemeinsam, sie lassen sich fußläufig erreichen. Doch das ist momentan nicht richtig möglich, weil um den Bahnhofsplatz herum sehr viel Verkehr herrscht", erläuterte Brandwein. "Die Verbindungen, die der Platz als Vermittler haben sollte, sind nicht gut ausgearbeitet."
Deshalb gibt es verschiedene Vorüberlegungen, die etwa die Schönebecker Aue betreffen. Nach ersten Abstimmungen mit verschiedenen Akteuren wurde bereits ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Altlasten in dem Bereich analysiert hat. "Das Gutachten liegt nun vor. Demnach gibt es dort Altlasten in einem gewissen Grad", informierte der Stadtplaner. Die Analyse sei nun an das zuständige Planungsbüro A24 gegangen, dass die Ergebnisse nun in der weiteren Planung berücksichtigen werde.
Weitere Überlegungen betreffen den Park-and-Ride-Parkplatz, der an den Bahnhof Schönebeck verlegt werden könnte. "Damit würde der motorisierte Verkehr am Bahnhof Vegesack etwas entlastet werden", sagte der Behördenvertreter. Das würde die Möglichkeit eröffnen, die Fläche als Naturraum zu nutzen. Außerdem gebe es Gespräche mit der Deutschen Bahn zur Gleisbrache, die im Moment noch zu einer Engstelle auf dem Platz führen würde. "Bisher sind die Gespräche ergebnisoffen geblieben", so Brandwein.
Sollte sowohl der Park-and-Ride-Platz verlegt als auch ein Teil der Gleise entfernt werden, gebe es verschiedene Optionen, wie die Aue renaturiert werden könnte. "Eine Variante sieht eine komplett neue Kante mit Treppenanlagen vor, die zu den Sportplätzen führt", erläuterte er. "Dadurch ließe sich die Schönebecker Aue direkt vor dem Bahnhof erleben."
Weitere Vorüberlegungen betreffen den Zugang zum Hafen. Dazu habe es bereits Absprachen unter anderem mit dem Deichverband gegeben. "Aktuell gibt es dort Planungen zur Anpassung der Hochwasserschutzanlage", so der Stadtplaner. Hierbei ginge es um die Frage, wie der Hochwasserschutz erlebbar gemacht und die Wegebeziehung zum Bahnhof verbessert werden könne. Dem Planungsbüro schwebe dafür ein Deichfenster vor, das einen direkten Blick vom Bahnhof in Richtung Hafen ermöglichen würde. "Außerdem hat es Abstimmungen mit der Verkehrsbehörde zur Verringerung der Barrierewirkung der Friedrich-Klippert-Straße gegeben." Eine Verkehrsstudie liege bereits vor und müsse nun ausgewertet werden.
Besonders wichtig seien jedoch die künftigen Haltepositionen der Busse am Vegesacker Bahnhof. "Auch da gibt es mehrere Varianten, die A24 gemeinsam mit einem externen Verkehrsplanungsbüro erstellt hat", so Brandwein. Hierzu habe es bereits Abstimmungen mit der Verkehrsbehörde sowie einen Workshop gegeben, an dem neben der BSAG auch das Bauamt Bremen-Nord, das Mobilitätsressort sowie Vertreter aus dem Stadtteil teilgenommen hätten. "Eine abgestimmte Variante zur Neuordnung der Haltepositionen wurde jetzt mit der Verkehrsbehörde und dem Bauamt Bremen-Nord erstellt und muss nun von A24 qualifiziert werden", sagte er.
Um die Umgestaltung des Bahnhofsplatzes voranzutreiben, seien weitere Absprachen mit den beteiligten Akteuren nötig. "Coronabedingt gab es bisher noch keine Beteiligung der Öffentlichkeit. Die streben wir allerdings zeitnah an, sobald wir einen Stand haben, mit dem so etwas möglich ist", so der Stadtplaner.
Die Zukunft des Bahnhofsplatzes beschäftigt nicht nur Behörden und Planer, sondern auch die Jugendlichen im Stadtteil. Über die digitale Lernplattform "its learning" wurden Schülerinnen und Schüler ab der siebten Klasse des Gymnasiums Vegesack, der Gerhard-Rohlfs-Oberschule sowie der Oberschule an der Lerchenstraße befragt, wie der Platz künftig genutzt werden könnte. "Wir hatten eine sehr gute Beteiligung. Insgesamt 73 Schülerinnen und Schüler haben konstruktive Vorschläge eingereicht.", sagte Sandra Grohnert, in der Senatskanzlei zuständig für das Thema Jugendbeteiligung. "Gut ist das aus meiner Sicht deshalb, weil wir die Umfrage zwei Tage vor den Ferien eingestellt haben. Das heißt, die jungen Leute haben zufällig in den Kursus geklickt und sich in den Ferien daran beteiligt."
Damit sich die Jugendlichen wohler fühlen, müsste der Platz grüner, bunter und heller werden, so das Ergebnis der Befragung. "Weitere Themen sind Sauberkeit und Sitzmöglichkeiten", so Grohnert. Außerdem wünschen sich die Schülerinnen und Schüler Beschäftigungsangebote. "Vielen ging es um das Thema Information, um eine Art Quiz, dass sich auf die verschiedene Haltestellen erstreckt und während der Wartezeit genutzt werden kann", sagte sie. Wichtig seien den jungen Menschen auch digitale Informationstafeln, die über verschiedene Vegesacker Themen Auskunft geben.
Zudem wurden die Schülerinnen und Schüler befragt, welche temporären Aktivitäten sie sich auf dem Platz vorstellen könnten. "Viele Vorschläge betreffen den Bereich Sport und Bewegung, zum Beispiel Torwandschießen oder kleine Parcours", erzählt Sandra Grohnert. Darüber hinaus stellen sich die Jugendlichen Open-Air-Veranstaltungen und Workshops vor.
Manche dieser Vorschläge lassen sich kurzfristig realisieren und sollen deshalb noch in diesem Jahr umgesetzt werden. Dafür stünde Geld aus dem Globalmittel-Topf des Beirates zur Verfügung.