Blumenthal. Die neue Hochwasserschutzlinie beim Woll-Kämmerei-Gelände ist zwar vergleichsweise kurz, dennoch gehört sie für den Bremischen Deichverband zu den aufwendigsten Baustellen. Und damit zu den teuersten: 19 Millionen Euro für eine Spundwand von 1500 Metern. Mehrere Jahre hat der Blumenthaler Beirat auf das Großprojekt gewartet, jetzt soll es losgehen. In diesem Monat starten die Vor-, im April die Hauptarbeiten. Bis 2023 werden sie dauern. So der Plan.
Nicole Raming und Wilfried Döscher haben ihn am Montag den Beiratsfraktionen vorgestellt. Die Bauingenieurin und der Chef des Deichverbands finden, dass der Hochwasserschutz auf dem Kämmerei-Gelände spezieller ist als das, was sie sonst geplant und gebaut haben. Auch deshalb, meinen beide, ist das Vorhaben teurer geworden als andere. Nach Döschers Rechnung kommt der Verband auf 100 Kilometer Deich und Spundwände, die bremenweit erhöht werden.
Dass die 1500 Meter in Blumenthal speziell sind, ist nach Ramings Ansicht unübersehbar. Die Spundwand bekommt, was der Deichverband ihr zufolge eigentlich zu vermeiden versucht: eine Öffnung. Am Ende der sogenannten historischen Achse, die jetzt eine Straße mit dem Namen An der Woll-Kämmerei ist, soll ein Deichschart dafür sorgen, dass Fußgänger und Radfahrer bis ans Wasser können – zumindest solange keine Sturmflut droht und das Tor geschlossen werden muss.
Besonders ist der Blumenthaler Hochwasserschutz aus Sicht des Deichverbands auch deshalb, weil die neue Spundwand nicht einfach auf die alte aufgesetzt wird. Das wäre das Einfachste gewesen, nur war es nicht das, was die Politik wollte: eben einen freien Blick und Zugang zur Weser. Damit es ihn gibt, wird der Nachfolger der Flutbarriere jetzt hinter dem Vorgänger gebaut. Und zwar so weit, dass zwischen Deichschart und Wasser ein Platz und neben dem Platz eine Promenade entsteht.
Raming spricht von einer acht Meter breiten Flaniermeile, die bedingt auch Fahrradstrecke werden soll. Und die das Gelände mit dem benachbarten Einkaufscenter künftig verbindet. Bis zur Bahrsplate soll sie führen. Rechnet man deren Uferzone und die des Supermarkt-Grundstücks dazu, wird die Blumenthaler Promenade mindestens genauso lang wie die Maritime Meile in Vegesack. Sie kommt – vom Schulschiff bis zum Schlepper „Regina“ – auf 1852 Meter.
So wie in Vegesack soll auch in Blumenthal die alte Spundwand mit dem Pflaster der Promenade eine Ebene bilden. Und so wie dort auch hier ein Geländer die Wasserkante absichern. Nur Bäume wie im Nachbarstadtteil sieht der Entwurf von Raming und Döscher nicht vor. Die Bauingenieurin sagt, dass die Promenade immer noch ein technischer Bau ist, der zum Hochwasserschutz gehört – und dass Baumwurzeln, ja sogar Pflanzkübel diesen Schutz beeinträchtigen können.
Die Fraktionen wollen trotzdem, dass der Deichverband noch mal prüft, ob es nicht doch etwas grüner geht. Denn wer, fragen sie, will schon gern auf einer kargen Geraden spazieren gehen? Und wer mit dem Rad auf einer Strecke mit dem Rad unterwegs sein, die nach Angaben des Verbands nur bedingt als Fahrradstrecke taugen soll? Deshalb soll er auch das überdenken: Wenn die Strecke zum Weser-Radwanderweg gehören soll, dann muss sie auch uneingeschränkt nutzbar sein.
Nach dem Zeitplan des Verbands ist noch Zeit für Veränderungen, wenn auch nicht mehr viel. Raming sagt, dass es erst Probebohrungen gab, um mögliche Kampfmittel aufzuspüren, dann Probeschachtungen, um Hindernisse zu beseitigen, die den Bau der Spundwand lahmgelegt hätten. Jetzt gibt es keine Proben mehr. Jetzt wird es ernst. In diesem Monat soll das Kanalnetz so verändert werden, dass ab Frühjahr die Spundbohlen gerammt werden können.
Nach der Faustformel der Ingenieurin müssen sie dabei mindestens doppelt so tief in die Erde getrieben werden wie die Spundwand nachher aus dem Boden ragt: 2,50 Meter. Das sind 75 Zentimeter mehr als der alte Hochwasserschutz hatte. Und um sicherzugehen, kalkulieren die Arbeiter bei der neuen Flutbarriere die nächste Erhöhung gleich mit ein. Die Spundwand wird so verstärkt, dass weitere 75 Zentimeter später draufgesetzt werden können. Diesmal ohne zu proben und ohne zu rammen.