Dieser Blick ist neu: von der Landrat-Christians-Straße direkt ins Blumenthaler Kämmerei-Quartier. Keine Blechwand mehr, die die Sicht versperrt, und keine Halle mehr. Alle sind weg, die wegsollten. Nummer 221, Nummer 230 und Nummer 240. So werden sie in einem Plan genannt, nach dem die Stadt vorgeht, um Platz für den Schulcampus zu schaffen. Seit Monaten wird abgerissen. Und es sieht danach aus, als werden die Arbeiter früher fertig als geplant.
Im Januar, als die erste Wand fiel, hatte Daniel Schaefer noch mit einem Abschlusstermin im Sommer gerechnet. Inzwischen nennt der Projektleiter der Wirtschaftsförderung einen neuen: Mai. Bis dahin will er auch alle Fundamente und Pflastersteine aus der Erde haben und damit das 1,4 Millionen Euro teure Abrissvorhaben endgültig beenden. Seit dieser Woche ist nach seinen Worten ein Etappenziel erreicht – von den Hallen ist alles weg, was über dem Boden war. Oder fast alles. Eine Mauer, die hinter dem Arkadengebäude an der Landrat-Christians-Straße verläuft, steht noch zur Hälfte. Schäfer sagt, dass sie nächste Woche wegkommt.
Dass die Wand noch da ist, hat einen simplen Grund. Der Projektleiter spricht davon, dass sie das Gebäude, in dem auch das Ortsamt ist, vor Staub schützen soll, der von der Baustelle herüberweht – und die Abrissarbeiter und -maschinen vor dem Wind, wenn er aus der anderen Richtung bläst. Vier Bagger sind heute im Einsatz. Der kleinste ist ein 25-Tonner, der größte fast doppelt so schwer. Sie machen im Großen, was die Männer vor Monaten im Kleinen per Hand gemacht haben: alles sortieren, was von den Hallen übrig ist. Hier die Dämmwolle, dort der Stahl. Und dazwischen Steine und Betonbrocken, die in den Brecher kommen.
Seit November wird abgerissen. Erst haben die Männer wochenlang alles rausgeholt, was drinnen war, dann von draußen alles in Trümmer gelegt. Sie arbeiteten sich quasi von hinten nach vorne durch die Gebäude: von der Straße Zum Kammstuhl bis zur Landrat-Christians-Straße. Erst wurde die Halle mit der Nummer 221 zum Einsturz gebracht, dann Nummer 230 und 240. Die Reihenfolge hat auch mit dem Schwierigkeitsgrad der Abrissarbeiten zu tun. Erst die Gebäude ohne Nachbarbauten, dann die mit. Bei der letzten Hallen gab es einen angrenzenden Fahrstuhlschacht, der stehen bleiben sollte. Schaefer sagt, dass er noch da ist.
Die meisten Hallenelemente sind es nicht mehr. Immer wieder kommen Lastwagen und holen ab, was die Arbeiter fürs Recyceln getrennt haben. Schaefer kommt auf 700 Tonnen Stahl, die angefallen sind, und 7000 Tonnen Bauschutt. Die Fläche, die freigelegt wurde, misst nach seiner Rechnung rund anderthalb Hektar. Sie wird nur noch von Bauten begrenzt, die später zu Schulen werden sollen. Zum Beispiel das frühere Sortiergebäude der Woll-Kämmerei. Der Klinkerbau ist inzwischen von allen Seiten eingerüstet. Demnächst soll auf allen Etagen beginnen, was in sämtlichen Hallen als Erstes erledigt wurde: die Schadstoffsanierung.

Daniel Schaefer
Der Projektleiter hat es ausgerechnet. Bei den mehrere fußballfeldergroßen Lagergebäuden sind am Ende rund 200 Tonnen an Dämm- und etwa 300 Tonnen an Baustoffen angefallen, die auf die Sondermülldeponie mussten. Die einen nennt er KMF, die anderen PAK. Das erste Kürzel steht für Künstliche Mineralfaser, das zweite für polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe. Beide sind gesundheitsschädlich. Am Bauzaun hängen nicht nur Schilder, die deutlich machen, dass das Betreten der Baustelle verboten ist. Sondern auch mehrere Banner mit Warnsymbolen und Hinweisen, warum es diese Warnsymbole gibt.
Schaefer geht davon aus, dass die Schadstoffsanierer im Sortiergebäude mehr Material finden werden, das früher verbaut und heute verboten ist. Er sagt, dass der Industriebau älter ist als die Hallen waren – und damit automatisch die Liste an gesundheitsgefährdenden Stoffen länger wird. Auch die Arbeiten im Kämmerei-Gebäude werden von der Wirtschaftsförderung koordiniert. Auch sie sind ein Großvorhaben. Es wird Schaefers nächsten Projekt sein. In einigen Wochen soll er es übernehmen.