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Abriss im Kämmerei-Quartier Wie Platz für den Bildungscampus in Blumenthal geschaffen wird

Immer wurde nur über den Bildungscampus gesprochen und nicht über ein Millionenprojekt, das vorher kommt, weil es Platz für ihn schafft. Der Abriss mehrerer Hallen im Kämmerei-Quartier hat begonnen.
10.01.2023, 17:17 Uhr
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Wie Platz für den Bildungscampus in Blumenthal geschaffen wird
Von Christian Weth

Alles muss weg. Die Halle rechts, die Halle links und die Halle dahinter. Projektleiter Daniel Schaefer nennt die Gebäude anders – Nummer 221, Nummer 230, Nummer 240. So steht es in seinen Unterlagen. Sie gehören zu einem Abrissplan, der schon länger diskutiert wird. Alle Hallen waren Lagerhallen. Und alle stehen dort, wo die Bildungsbehörde ihr momentan größtes Projekt umsetzen will: den Berufsschulcampus im Kämmerei-Quartier.

Auch die Hallen sind groß. Schaefer kommt zusammengerechnet auf eine Dachfläche von 16.000 Quadratmeter. Was mehr als anderthalb Hektar sind. Und den Abriss darum auch finanziell zu einem XXL-Projekt macht. 1,4 Millionen Euro hat die Wirtschaftsförderung einkalkuliert, um Platz für den Campus zu schaffen. Mindestens vier Schulen sind auf dem früheren Werksgelände der Woll-Kämmerei vorgesehen, vielleicht auch fünf. Das Bildungsressort prüft das noch.

Bei Schaefers Vorhaben gibt es dagegen nichts mehr zu prüfen. Es ist inzwischen  gestartet. Seit Ende November wird abgerissen. Erst haben die Männer ausschließlich drinnen gearbeitet, seit Kurzem arbeiten sie auch draußen. Der Projektleiter von der Wirtschaftsförderung will zeigen, was sie geschafft haben – und was sie noch schaffen müssen. Bis Mitte des Jahres. Dann sollen alle Hallen weg und die mehrere fußballfeldgroße Fläche frei sein. So der Plan.

Der Projektleiter geht voran. Entlang eines Bauzaunes, der die Hallen absperrt. Und vorbei an einem roten Klinkerbau, der zur ersten Campusschule werden soll und bei dem die Bildungsbehörde vorbereitet, was die Wirtschaftsförderung bei den leeren Hallen längst macht: die Schadstoffsanierung. Schaefer will hinter das künftige Schulgebäude. Dorthin, wo die Abrissarbeiter begonnen haben, Mauern und das Dach einer Halle zum Einsturz zu bringen. Zu Gebäude Nummer 221.

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Es ist die kleinste der drei Hallen. Und die strategisch am günstigsten gelegene: Vor ihr ist das Gelände, das zwei Jahre hintereinander Festivalgelände war. Jetzt wird es als Zwischenlager für die Baustoffe genutzt, die von den Arbeitern fürs Recyceln getrennt werden: hier der Stahl, dort das Aluminium und dazwischen der Betonschutt. Es sind Berge, die sich auf dem Grundstück auftürmen. Und niemanden im Weg sind. Darum ist Halle 221 die erste, die wegkommt.

Von ihr stehen mittlerweile nur noch Stützpfeiler und Seitenwände. Schaefer sagt, dass sich die Männer quasi von hinten nach vorne arbeiten. Von der Straße Zum Kammstuhl in Richtung Landrat-Christians-Straße. Nach Rechnung des Projektleiters sind momentan ein Dutzend Arbeiter auf der Baustelle. Und ein Bagger, der mal mit einer Betonschere, mal mit einem Stemmhammer ausgerüstet wird, um die Halle zu zerlegen. Später, meint Schaefer, werden mehr Maschinen kommen.

Dass jetzt ein einziger Bagger im Einsatz ist, hat mit der Schadstoffsanierung zu tun. Sie ist noch nicht abgeschlossen. Erst wenn alles raus ist, was auf die Sondermülldeponie gehört, wird laut Schaefer mehr schweres Gerät auf der Baustelle sein. Zwischen Bergen an Blechen und Steinen stopfen Männer in Schutz-Overalls dunkle Mineralwolle in weiße Kunststoffsäcke. In einer Halle, die hinter Nummer 221 steht, stapeln sich die Säcke fast bis zur Decke.

Schaefer rechnet damit, dass die Arbeiter am Ende rund 200 Tonnen an Dämm- und 300 Tonnen an Baustoffen mit Bitumen aus den Hallen herausgeholt haben werden. Die einen nennt er KMF, die anderen PAK. Das erste Kürzel steht für Künstliche Mineralfaser, das zweite für polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe. Beide sind gesundheitsschädlich und müssen deshalb aus den Gebäuden geschafft werden, bevor Bagger sie zum Einstürzen bringen.

Der Projektleiter nennt noch andere Mengen. Zum Beispiel 700 Tonnen Stahl, die anfallen werden und 7000 Tonnen Schutt. Der soll später in einer Brechanlage zerkleinert werden, um ihn besser abtransportieren zu können. Sozusagen als letzter Abriss-Akt. Der vorletzte wird das Einreißen einer Seitenwand der größten Halle sein. Sie misst 8000 Quadratmeter und steht dichter an einem intakten Gebäude als jede andere – hinter dem Arkadenbau, in dem das Ortsamt ist.

Und weil die Büros nur weniger Meter entfernt sind, ist der Abriss der letzten Fassade nach Schaefers Worten spezieller als der von anderen Wänden. Genauso wie der Tag, an dem sie fallen soll. An einem Sonnabend – wenn in den benachbarten Büros nicht gearbeitet wird.

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