Zweimal war Onyx Power leer ausgegangen, beim dritten Mal wurde das Gebot angenommen: Das Unternehmen hat bei der Auktion des Bundes zum Kohleausstieg den Zuschlag fürs Kraftwerk Farge bekommen. Der Betreiber wird quasi eine Prämie dafür erhalten, dass er künftig nicht mehr auf fossile Brennstoffen setzt. Was das aus Sicht des Werksleiters für den Standort und die Beschäftigten bedeutet – und welche Hoffnungen sowie Befürchtungen der Beirat und die Gewerkschaft haben. Ein Überblick.
Der Werksleiter: Jörn Neumann hat es vor der dritten Bieterrunde gesagt und sagt es auch hinterher: Die Anlage soll nach dem Zuschlag der Bundesnetzagentur nicht etwa stillgelegt, sondern umgerüstet werden. Statt Steinkohle Kohle will Onyx Power künftig Holz der Klassen A2 und A3 in Farge verbrennen, sogenanntes Altholz, das unbehandelt ist. Im April hat der Betreiber ein Konzept bei der Genehmigungsbehörde eingereicht. Der Werksleiter rechnet mit einer Entscheidung des Ressorts spätestens Anfang 2023 und – wenn alles optimal für das Unternehmen läuft – mit dem Start der Holzverstromung am Farger Standort im darauffolgenden Jahr.
Nach den Auktionsbedingungen muss der Kohleausstieg in Kraftwerken, die jetzt einen Zuschlag bekommen haben, allerdings früher vollzogen sein: Die Frist endet im Oktober 2022. Es sein denn, der Bund verlängert sie. Sollte die Anlage vorübergehend vom Netz gehen müssen, rechnet Neumann damit, dass die Zeit mit dem Umbau überbrückt werden kann. Nach seiner Rechnung wird es einen zweistelligen Millionenbetrag kosten, die Technik von Kohle- auf Holzverbrennung umzustellen. Spekulationen, dass auch andere Stoffe – etwa Autoarmaturen – verfeuert werden könnten, tritt Neumann entgegen. Nach seinen Worten geht es um Holz und nichts anderes.
Der Gewerkschaftssekretär: Stefan Najda hat schon viele Verhandlungsrunden mit Entscheidern von Onyx Power mitgemacht. Der Verdi-Gewerkschaftssekretär war dabei, als mit der Geschäftsführung über einen Tarifvertrag verhandelt wurde, damit sich das Unternehmen überhaupt an den Bieterrunden des Bundes beteiligen konnte. Zuletzt saß er mit am Tisch, als es darum ging, diesen Vertrag zu verlängern. Im Frühjahr war das. Schon damals bezweifelte Najda, dass der Betreiber alle 100 Frauen und Männer, die am Farger Standort arbeiten, weiterbeschäftigen wird. Ihm zufolge wird weniger Personal gebraucht, wenn ein Kraftwerk auf Holzverbrennung umschwenkt.
Najda verwies seinerzeit auf vergleichbare Anlagen anderer Stromerzeuger, die umgerüstet wurden – und das Unternehmen darauf, dass man davon ausgeht, die Zahl der Mitarbeiter auch nach einer Umstellung des Kraftwerks zu halten. Davon sprach jedenfalls Jörn Neumann in einem Interview mit der NORDDEUTSCHEN im Mai. Inzwischen sagt der Werksleiter etwas anderes: Dass erst weitere Gespräche zum Umbau des Betriebs von Kohle- auf Altholzverbrennung abgewartet werden müssten, ehe belastbare Aussagen über die Größe der Belegschaft getroffen werden können.
Der Beiratssprecher: Für Hans-Gerd Thormeier ist die Nachricht vom Auktionszuschlag weder gut noch schlecht. Der Beiratssprecher und CDU-Stadtteilpolitiker sagt, dass entscheidend ist, was der Betreiber jetzt daraus macht. Im Idealfall, meint er, wird Onyx Power die Prämie dafür verwenden, um das umzusetzen, was das Unternehmen vor Längerem angekündigt hat – eben den Umstieg von Kohle- auf Holzverbrennung. Der schlimmste Fall wäre dagegen für ihn, wenn der Betreiber das Geld vom Bund bekommt und macht, was viele andere Unternehmen machen – das Kraftwerk abschalten.
Thormeier hofft, dass Onyx Power die Anlage nicht bloß von einer Verbrennung auf die andere umstellt, sondern langfristig zu einem Produzenten von grünem Wasserstoff wird – und damit den Standort und die Arbeitsplätze sichert. Für das Energieunternehmen ist nach eigener Darstellung die Holzverbrennung zwar keine Übergangslösung, trotzdem führt es inzwischen Sondierungsgespräche mit möglichen Wasserstofftechnik-Partnern, zum Beispiel den Stahlwerken. Um Antworten auf Fragen zu bekommen, kündigt Thormeier an, gleich nach der Sommerpause das Kraftwerk zum Thema des Beirates machen zu wollen.